Wettlauf von Hase und Igel
Kartellamt gibt Onlinehändlern Vorlage für Klagen gegen Markenhersteller.
-- Behörde rügt Beschränkung des Vertriebs im Netz.
-- Coty und Deuter haben schon vor Gericht verloren.
Eine Grundsatzentscheidung des Bundeskartellamts gegen Asics könnte eine Klagewelle auslösen. Betroffen sind Markenhersteller, die den Vertrieb ihrer Produkte im Internet beschränken. "Jeder Händler sollte sich nach dieser Entscheidung aktiv gegen jedwede Form von Vertriebsbeschränkungen, wie Marktplatzverbote, zur Wehr setzen", sagt Oliver Proth-mann, Präsident des Bundesverbands Onlinehandel. Die Chancen stünden gut, dass die Gerichte dem Kartellamt folgen und zugunsten der Onlinehändler entscheiden.
Das Bundeskartellamt hatte Asics vorgeworfen, kleinere und mittlere Vertragshändler beim Onlinevertrieb rechtswidrig eingeschränkt zu haben. So untersagte der Marktführer bei Laufschuhen seinen Händlern unter anderem, über Online-Marktplätze wie Ebay oder Amazon zu verkaufen. Nach Auffassung des Bundeskartellamts dienten die Verbote vorrangig der Kontrolle des Preiswettbewerbs.
Doch es ist wie beim Wettlauf zwischen Hase und Igel. Zwar hat Asics die beanstandeten Beschränkungen bereits aufgehoben, doch schon neue in Kraft gesetzt. So dürfen jetzt nur bestimmte Händler, die Asics aussucht, über Amazon die Produkte des Unternehmens vertreiben. Ähnliche Beschränkungen gibt es auch bei anderen Mode-, Parfüm- und Luxusunternehmen wie Burberry, Cartier oder Joop.
Asics begründet die Beschränkungen damit, dass es Ziel sei, für die Asics-Kunden ein optimales Shoppingerlebnis auch beim Online-Einkauf sicherzustellen - und sieht sich im Einklang mit dem Wettbewerbsrecht.
Ein Sprecher des Kartellamts dagegen sagt: "Es ist eine Gratwanderung zwischen erlaubten Qualitätskriterien und verbotenen Beschränkungen." Auch das Kartellamt sieht seine Entscheidung im Fall Asics als Leitlinie für weitere Gerichtsverfahren.
Einige Markenhersteller mussten in jüngster Zeit schon Niederlagen in Verfahren gegen Onlinehändler einstecken. So verlor der Rucksackhersteller Deuter im Streit über seine Vertriebsbeschränkungen vor dem Landgericht Frankfurt genauso wie der Parfümhersteller Coty. Auch dem Elektronikkonzern Casio wurde vom Oberlandesgericht Schleswig untersagt, den Verkauf seiner Produkte über Amazon oder Ebay zu verbieten.
"Die bisherigen Urteile zeigen, dass sich Onlinehändler nicht mit den Vertriebsbeschränkungen ihrer Markenhersteller oder Zulieferer abfinden sollten, sondern über weitere rechtliche Schritte nachdenken sollten", sagt Annegret Mayer, Leiterin der Rechtsabteilung des Händlerbundes, der rund 40 000 kleinere Onlinehändler vertritt.
"Wenn Hersteller ihren Vertragshändlern verbieten, Preisvergleichsmaschinen und Verkaufsportale zu nutzen oder die Verwendung der jeweiligen Markenzeichen für eigene Suchmaschinenwerbung ausgeschlossen wird, kann der Verbraucher gerade die kleineren Händler im Internet de facto nicht mehr finden", kritisiert Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Die Behörde habe zahlreiche Beschwerden von Händlern über die Internet-Vertriebsbedingungen von Markenherstellern bekommen.
Das Kartellamt will mit seiner Entscheidung zu Asics einen Diskussionsprozess zur kartellrechtlichen Beurteilung von Internetvertriebsbeschränkungen anstoßen - auch auf europäischer Ebene. So hat die EU-Kommission vor kurzem mit einer Sektoruntersuchung zum E-Commerce begonnen. Mit einem ausführlichen Fragebogen, der in Deutschland an über 500 Händler geschickt wurde, fragt die EU nach Beispielen aus der Praxis.
"Mit dieser Sektoruntersuchung möchte ich ermitteln, wie weit diese Hindernisse verbreitet sind und welche Auswirkungen sie auf den Wettbewerb und auf die Verbraucher haben", sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Wenn gegen Wettbewerbsregeln verstoßen wird, werde sie die im EU-Kartellrecht vorgesehenen Maßnahmen ergreifen.
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