Management-Buy-In und Management-Buy-Out bei Familienunternehmen – Vor- und Nachteile gegenüber dem Unternehmensverkauf

Die Übergabe des Unternehmens an einen oder mehrere Nachfolger ist häufig der komplexeste und emotional schwierigste Prozess im Lebenszyklus des Unternehmens und im Leben des Unternehmers. Neben der familieninternen Weitergabe und dem Verkauf des Lebenswerks an strategische Wettbewerber oder Finanzinvestoren kommen auch ein Management-Buy-In oder ein Management-Buy-Out in Betracht.

Management-Buy-In und Management-Buy-Out bei Familienunternehmen – Vor- und Nachteile gegenüber dem Unternehmensverkauf

Aktuell suchen in Deutschland knapp 40.000 Unternehmen jährlich einen Nachfolger beziehungsweise eine Nachfolgelösung. Bis 2026 stehen also über 150.000 Unternehmensübergaben an. Durch die Babyboomer steigt diese Zahl kontinuierlich an und hat sich gegenüber dem Zeitraum 2018 bis 2022 mehr als 20 Prozent erhöht. Es versteht sich von selbst, dass nicht jeder Unternehmer den Nachfolger in der eigenen Familie findet. Im Durchschnitt ist dies die Hälfte, die anderen 50 Prozent der übergabereifen Unternehmen werden einer externen Lösung zugeführt, sprich: verkauft. Hiervon entfallen wiederum etwas weniger als die Hälfte auf so genannte Management-Buy-Outs (MBO), also eine Übergabe an Mitarbeiter und/oder das Management. Beim Management-Buy-In (MBI) beteiligen sich externe Manager, häufig gemeinsam mit (Finanz-)Investoren, am Unternehmen.

Die Vorteile des MBO liegen auf der Hand: das bestehende Management bzw. die Führungskräfte kennen den Wert, die Abläufe, Kunden und die Optimierungspotentiale. Die Mitarbeiter sind mit der Geschäftsführung vertraut und die neuen Gesellschafter können den Betrieb ohne Friktionen nahtlos übernehmen und weiterentwickeln. Es besteht ein Vertrauensverhältnis und der Unternehmer kann, wenn gewünscht, ohne aufwendigen Verkaufsprozess auskommen. Gleichzeitig verhindert er, dass Konkurrenten eine Due Diligence nur zu dem Zweck nutzen, an vertrauliche Informationen und Geschäftsgeheimnisse (z.B. Kundendaten und Konditionen) zu gelangen oder um wertvolle Mitarbeiter kennenzulernen und anschließend abzuwerben.

Gerade MBOs erfordern aber für eine zielgerichtete und erfolgreiche Umsetzung eine langfristige Vorbereitung des Familienunternehmers. Zusätzlich zum Aufbau der erwerbenden Managementebene müssen die Beziehungen zu Lieferanten, Kunden und sonstigen Stakeholdern auf Manager übertragen werden, die sich einen „Einstieg“ in das Familienunternehmen grundsätzlich vorstellen können. Dies ist für „echte“ Unternehmer häufig schwierig und gleichzeitig ist nicht jeder motivierte und gute Manager zur Übernahme des unternehmerischen Risikos bereit. Ein MBO kann wirtschaftlich nur dann zur Zufriedenheit aller Beteiligten durchgeführt werden, wenn das operative Geschäft nicht mehr vom aktuellen Inhaber abhängig ist. Potentielle Co-Investoren werden zudem einen gewissen Track Rekord in dem Sinne erwarten, dass sich der Familienunternehmer schon eine gewisse Zeit aus dem Tagesgeschäft herausgezogen hat und sich das Unternehmen gleichwohl positiv entwickelt. Abhängigkeiten vom aktuellen Inhaber, sei es in Bezug auf Kunden, Know-how oder Kreativität, sind aus der Sicht potentieller Kapitalgeber ein Risiko und schmälern den Wert des Unternehmens (sog. Enterprise Value) oder stehen einem MBO vollständig im Weg.

Aus Sicht der Familie kann der Erwerb durch das Management auch Nachteile mit sich bringen. Die Kenntnis von möglichen zukünftigen Problemen oder sonstigen Details der Unternehmensentwicklung, die in einer Due Diligence nicht offenzulegen wären, sind dem Management in der Regel gleichwohl bekannt und können somit den Unternehmenswert über Gebühr drücken. Darüber hinaus kann sich, anders als oben angenommen, der Verkaufsprozess wegen der Unerfahrenheit der Erwerber in die Länge ziehen.

Häufig verfügt das Management aber vor allem nicht über die finanziellen Mittel, um den Kaufpreis auf „einen Schlag“ zu bezahlen oder alle Anteile am Unternehmen zu übernehmen. Wenn der Verkäufer dann den Kaufpreis stundet (sog. Vendor Note) oder die Anteile nur ratierlich zu einem noch zu bestimmenden, variablen Kaufpreis veräußert, passiert das, was der Unternehmer eigentlich vermeiden wollte: er trägt weiterhin ein finanzielles Risiko und bleibt damit mittelbar in der operativen Verantwortung.

Wenn die Übernahme des Familienunternehmens durch das bestehende Management dessen finanzielle Möglichkeiten überschreitet, wird sich dieses einen Investor suchen (häufig Private Equity), der sich neben dem Management am Zielunternehmen oder einem Akquisitionsvehikel beteiligt. Vom Prozedere her gibt es dann zwischen MBO und MBI nur noch marginale Unterschiede. Aufgrund des Hebels des Eigenkapitals durch die Aufnahme von Fremdkapital spricht man auch von Leveraged Buy-Out (LBO) oder Leveraged Buy-In (LBI).

Die Beteiligung des Managements erfolgt dabei in aller Regel über eine neue gegründete GmbH (NewCo), deren Geschäftsanteile von den Managern und dem Finanzinvestor gehalten werden. Typischerweise nimmt die NewCo auch die Fremdfinanzierung zur Begleichung des Kaufpreises auf. Theoretisch können sich auch der ursprüngliche Inhaber oder dessen Erben an der NewCo beteiligen (Rückbeteiligung, Roll-Over), was das Vertrauen der Geschäftspartner in das Unternehmen konserviert und die Finanzierung für das Management erleichtert.

An der NewCo sind dann verschiedene Gesellschafter mit jedenfalls zum Teil divergierenden Interessen beteiligt. So streben Manager und (Finanz-)Investor zwar beide eine positive Entwicklung des Unternehmens an, haben aber aus ökonomischer Sicht häufig unterschiedliche Auffassungen über den Weg zum Ziel, die Renditeerwartung und die Dividendenpolitik. Es stellt sich je nach zeitlichem Investitionshorizont auch die Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen zukünftig ein (Weiter-)Verkauf des Unternehmens erfolgen kann oder soll (sog. Exit). Für den Fall eines Exits sind insbesondere etwaige Mitverkaufsrechte- und Pflichten der Gesellschafter der NewCo sowie die Verteilung des Exit-Erlöses („Wasserfall“/„Liquidationspräferenzen“) zu vereinbaren. Es bedarf zudem auch Regelungen zu einem möglichen Anteilsübergang auf den Investor und umgekehrt auf das Management, („Call-Option“) und der Bewertung der Beteiligung an der NewCo, wenn der Manager aus der Geschäftsführung ausscheidet (Good- und Bad-Leaver Gestaltungen). Die Finanzinvestoren sehen regelmäßig im Verbleib der bestehenden Geschäftsführung im Zielunternehmen einen besonderen Wert, so dass diese über die Leaver-Regelungen und Verfügungsbeschränkungen (jedenfalls innerhalb einer Mindestfrist, „Lock-Up-Periode“), tatsächlich, zumindest aber wertmäßig (Bad-Leaver) an das Unternehmen gebunden sein sollen. Dies bedeutet, dass ein Ausscheiden des Managements aus der operativen Geschäftsführung vor dieser Frist (was faktisch nicht verhindert werden kann) finanziell bestraft wird. All diese Themen werden in einer Gesellschaftervereinbarung (Shareholders Agreement) festgeschrieben, die neben dem eigentlichen Gesellschaftsvertrag der NewCo steht.

Neben der Gesellschaftervereinbarung von den Parteien zu verhandeln, sind die Satzung, Geschäftsführerdienstverträge, Geschäftsordnung für die Geschäftsführung, Gesellschafterdarlehen (wenn die NewCo den Kaufpreis über Darlehen ihrer Gesellschafter finanziert) und, abhängig vom Einzelfall, weitere Begleitdokumente. Zu Beginn jeder Abstimmung zwischen den künftigen Partnern, muss mit spezialisierten Steuerberatern abgestimmt werden, ob die gewählte steuerliche Struktur im Interesse des jeweiligen Mandanten und am besten aller Beteiligten ist. Die Struktur und das Verhältnis von Eigenkapital (einschließlich nachrangiger Gesellschafterdarlehen), Fremdkapital, Rückbeteiligung des Gesellschafters und/oder Vendor Loan hängt dabei von der Stabilität der Erträge, dem Marktumfeld (Verkäufer/Käufer-Markt) und der Zinslandschaft ab.

Beim MBO sieht sich die Geschäftsführung mehreren Interessenkonflikten ausgesetzt. Die Manager haben selbstverständlich ein Interesse an einem möglichst niedrigen Kaufpreis, auch um die Verschuldung der NewCo/des Unternehmens gering zu halten und wirtschaftlich handlungsfähig zu bleiben. Zusätzlich sind die Manager Wissensträger für Garantien des Verkäufers zu Gunsten des (Finanz-)Co-Investors und schulden diesem,aus eigenem Interesse, bestmögliche Aufklärung über den Kaufgegenstand. Gleichzeitig sind sie als Geschäftsführung bzw. Management „noch“ dem Unternehmen verpflichtet und „dienen“ bis zum Vollzug der Transaktion noch weiter dem bisherigen Inhaber. Die Geschäftsführung ist in diesem Prozess „Diener zweier Herren“, was insbesondere bei der Verhandlung des Unternehmenskaufvertrages häufig zu Stolpersteinen im Zusammenhang mit der immens wichtigen Wissenszurechnung führt. Es stellt sich dabei die Frage, wem das Wissen der Geschäftsführung bzw. des Managements zugerechnet wird: dem Familienunternehmen als Verkäufer (dann Haftung für Garantieverstöße) oder dem Finanzinvestor als (Co-)Käufer (dann Haftungsausschluss wegen Kenntnis vom Garantieverstoß).

Grundsätzlich ist es möglich, dass sich der Käufer das Wissen der Geschäftsführer der Zielgesellschaft über falsche Informationen unter dem Aspekt der Wissenszurechnung analog § 166 Abs. 1 BGB wegen vorzeitig übergegangener Loyalität zurechnen lassen muss (OLG Düsseldorf I-6 U 20/15). Hier kommt es jedoch immer auf die konkreten Regelungen des Unternehmenskaufvertrages, die Interessen und den Sachverhalt im Einzelfall an. Im zitierten Urteil des OLG Düsseldorfs konnten die Investoren (also die als Käufer auftretende NewCo) doch Ansprüche geltend machen, weil die Kaufvertragsparteien nach der Auslegung des Gerichts die Wissenszurechnung zu Lasten des Verkäufers nur den Garantienkatalog, nicht aber für die vorsätzliche Verletzung von vorvertraglichen Aufklärungspflichten (c.i.c.) ausgeschlossen hatten – der Teufel steckt hier also im Detail. Grundsätzlich ist die Wissenszurechnung des Managements aber zur Disposition der Vertragsparteien gestellt, sie können also regeln, welcher Partei das Wissen des Managements zugerechnet werden soll. Entscheiden sich der Inhaber des Familienunternehmens und das aktuelle Management einen MBO unter Mithilfe eines Finanzinvestors durchzuführen, sollten sich die Beteiligten frühzeitig – am besten bereits bei der Verhandlung des Letter of Intent (LoI) – darüber verständigen, wie sie grundsätzlich mit der „Doppelrolle“ des bestehenden Managements umgehen wollen. Helfen kann in dieser Situation der so genannte „Management Letter“ mit dem die Geschäftsführung die Richtigkeit der abgegebenen Garantien gegenüber dem Finanzinvestor noch einmal ausdrücklich bestätigt und gegebenenfalls garantiert. Wegen der häufig fehlenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Managements steht hier am Ende natürlich die psychologische Komponente dieser Erklärung im Vordergrund.

Operativ ist die Übernahme des Familienunternehmens durch das Management, wenn Nachfolger in der eigenen Familie fehlen, häufig für alle Beteiligten und das Unternehmen die beste Lösung. Da aber ab einer gewissen Größenordnung die Beteiligung eines Finanzinvestors notwendig ist, sind die Gestaltungen und rechtlichen Fragestellungen bei einem MBO häufig komplexer als bei einem „simplen“ Verkauf des Lebenswerks an einen strategischen Investor. Diese zusätzlichen Themen lassen sich jedoch mit ausreichender Vorbereitung und kompetenter Beratung zur Zufriedenheit aller Beteiligten lösen.

Gastautoren

Andreas Grandt
Andreas Grandt
Rechtsanwalt, Steuerberater
Partner
BRL

Ilja Schneider
Ilja Schneider
Rechtsanwalt
Partner
BRL

 

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