Unternehmensnachfolge: Wann informiere ich die Mitarbeitenden?

Die Nachfolge in einem Unternehmen ist ein sensibles Thema. Dieser Beitrag informiert über Bedingungen, Optionen, Chancen und Risiken.

Unternehmensnachfolge: Wann informiere ich die Mitarbeitenden?

„Wie sage ich es meinem Kind?“ Die Nachfolge in einem Unternehmen ist ein sensibles Thema. Unternehmerinnen und Unternehmer sind über viele Jahre Leitfigur. Sie sind erster Ansprechpartner für die Mitarbeitenden, geben Orientierung, bilden aus, loben, binden in die Entscheidungsfindung ein und tadeln gelegentlich. Sie fühlen und leben die Verantwortung tagtäglich. So werden gemeinsam Ziele erreicht, von denen alle profitieren und über die Jahre entsteht ein Vertrauensverhältnis. Mit der Nachfolgefrage wird dieses Fundament berührt und erfährt absehbar eine tiefgreifende Veränderung. Spätestens wenn die Zeit reif ist, stellen sich für die Mitarbeitenden existenzielle Fragen. Ist mein Arbeitsplatz auch in Zukunft noch sicher? Wer folgt der Chefin/dem Chef nach und welchen Platz werde ich künftig haben? Dies wirkt auf die Mitarbeiterbindung umso mehr, je jünger, qualifizierter und fähiger Mitarbeitende sind. Hierunter befinden sich in Zeiten des Fachkräftemangels insbesondere Schlüsselpersonen. Wie bei allen Fragen in der Vergangenheit ist auch jetzt verantwortungsvoll damit umzugehen und auf den individuellen Einzelfall abzustellen.

Familieninterne Nachfolge

Die vielfach präferierte Nachfolge findet für viele Unternehmerinnen und Unternehmer innerhalb der Familie statt. Idealerweise werden die Kinder oder Neffen und Nichten vor einem Wechsel ins Unternehmen extern ausgebildet. Beim Eintritt haben dann alle Mitarbeitende eine Ahnung, was sich anbahnt. Erfolgt die Übergabe sukzessiv durch die Übernahme zunehmend verantwortungsvollerer Aufgaben und erfährt der potenziell Nachfolgende bei den Mitarbeitern, den Kunden und Lieferanten Akzeptanz, ist die Frage, wer folgt nach, für alle beantwortet. Die eigentliche Kommunikation ist dann mehr oder weniger ein formaler Akt. Erfolgt die Kommunikation vorher, erschwert es eher den Weg in die neue Rolle, je früher, umso mehr.

Übergabe an Mitarbeitende

Bei einer geplanten Übergabe an Mitarbeitende verhält es sich ähnlich. Durch die Förderung geeigneter Mitarbeitende und deren steigenden Verantwortung und Präsenz kristallisieren sich diese als mögliche Nachfolger heraus. Damit kann eine Kommunikation analog einer familieninternen Übergabe ganz am Ende erfolgen. Scheitert die Übernahme vorher an der Finanzierung, wurde zumindest eine Führungspersönlichkeit mit Stellvertreterfunktion aufgebaut, was für eine externe Nachfolge einen erheblichen Vorteil darstellt. Mein Kollege Andreas Kopf hat zu dieser Frage im vergangenen Jahr einen viel beachteten Beitrag hier auf der DUB verfasst.

Externe Nachfolge

Schwieriger wird die Frage der Kommunikation, wenn sich in der Familie und im Unternehmen niemand findet. In dieser Situation befinden sich mehr als die Hälfte der zur Nachfolge anstehenden Unternehmen. Jeder der Mitarbeitenden weiß das oder ahnt es zumindest. Das baut für Unternehmerinnen und Unternehmern mit voranschreitender Zeit zunehmend den Druck auf, die für alle im Raum stehende Frage zu beantworten. Es stellt sich somit die Frage, ob die Mitarbeitenden vor einem Verkauf informiert werden sollten oder besser im direkten Anschluss.

Vor rund zwei Jahren berichtete ein 70-jähriger Unternehmer, dass schon einmal ein Nachfolger gefunden wurde, der nach vierwöchiger „Probezeit“ von den Mitarbeitenden abgelehnt wurde. Der Verkauf des Unternehmens kam daraufhin und auch bis heute nicht zustande. Sicherlich ein Extremfall für eine misslungene frühe Kommunikation.

Es gibt einige generelle Überlegungen, die bei dieser Entscheidung hilfreich sein können.

Die Vorteile einer frühen Kommunikation liegen auf der Hand. Der Druck weicht bei Unternehmerinnen und Unternehmern und man/frau wähnt sich auf der moralisch richtigen Seite. Das jahrelange Vertrauen nicht durch einseitiges Handeln „hinterrücks missbraucht“ zu haben, gibt ein gutes Gefühl. Doch ist es auch verantwortungsvoll?

Nun „ist die Katze aus dem Sack“, die Mitarbeitenden wissen Bescheid. Dies kann sich positiv auf die Mitarbeiterbindung auswirken, da die Nachfolgefrage (endlich?) angegangen wird. Umgekehrt wird aber die vorherige Unsicherheit durch eine neue abgelöst. Wird auch der/die Neue das Unternehmen in eine gute Zukunft führen und meine erworbenen Verdienste wertschätzen? Gehen mit einer Übernahme Rationalisierungsmaßnahmen einher, die meinen Arbeitsplatz gefährden? Wie sind die Auswirkungen auf das heute gute Betriebsklima? Diese Fragen schwächen wiederum die Mitarbeiterbindung, denn die in der Person der Unternehmerin bzw. des Unternehmers liegenden Bindungskräfte fallen künftig weg. Je nachdem, wie die Mitarbeitenden ihre und die künftige Situation beurteilen, sind sie nun offener für sich ergebende Chancen am Arbeitsmarkt oder suchen diese aktiv. In Zeiten des Fachkräftemangels fällt dies leichter.

Die noch größeren Risiken als der Fluktuation drohen nun aus Indiskretionen, je größer der Kreis der Informierten ist. Kunden und Lieferanten können ebenfalls verunsichert werden und Wettbewerber sind eingeladen, Marktanteile und Ressourcen zu übernehmen. Das Unternehmen ist dadurch in seiner Existenz akut gefährdet und damit auch alle Arbeitsplätze, selbstredend natürlich auch der Unternehmenswert.

Lösung

EUROCONSIL präferiert daher, wo möglich, eine Kommunikation nachdem „die Tinte trocken ist“. Je kleiner ein Unternehmen ist, desto leichter lässt sich das einrichten.

In größeren mittelständischen Unternehmen geht das allerdings häufig nicht. Hier ist für die Vorbereitung der Due Diligence ein größerer Kreis an Personen, zumeist Führungskräfte, zu involvieren. Es empfiehlt sich daher, diese zur Vertraulichkeit zu verpflichten und sich deren Loyalität ggf. zusätzlich mit einer „Haltprämie“ bis zu einem Übergang zu versichern.

Ist der Verkauf bzw. die Übergabe an Familienmitglieder oder Mitarbeiter zustande gekommen, kann auf einer Mitarbeiterversammlung die Veränderung vorgestellt werden. Der neue Eigentümer bzw. die neue Eigentümerin hat hier die Chance, die Motive der Übernahme, die künftige Strategie und den Übergang zu erläutern. Ist dies schlüssig und springt der Funke über, wirkt das beruhigend. Helfen kann ebenfalls, wenn der/die Übergebende den Übergang noch eine Zeit lang aktiv begleitet. Dies liegt nicht selten auch im Interesse des Übernehmenden. Um auch arbeitsrechtliche Klippen zu umschiffen, empfiehlt es sich in jedem Fall, versierten juristischen Rat einzuholen, der allerdings sowie über den gesamten Prozess mit an Bord sein sollte.

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Gastautor

Guido Quicker

Guido Quicker
Selbstständiger Partner
EUROCONSIL ∙ Unternehmensnachfolge ∙ M&A

 

 

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