Nachfolge bei Familienunternehmen – Problem oder alles easy?
Unternehmensnachfolge bei Familienunternehmen – „das gibt immer nur Probleme“ – oder gibt’s da ein Erfolgsrezept?

70% der Familienunternehmen scheitern bei der Übergabe von der ersten an die zweite Generation! Woran kann das liegen und gibt es Alternativen? Freuen Sie sich auf spannende Geschichten aus dem Alltag eines Unternehmerlotsen:

Nachfolge bei Familienunternehmen – Problem oder alles easy?

Wie drängend ist die Frage denn überhaupt?

Nun, ganz schön drängend! Sie kennen die Alterspyramide in Deutschland? Yes, here we are!

Von den über 3,3 Mio. Familienunternehmen in Deutschland sind überhaupt nur 770 T übernahmewürdig! Was heißt denn schon wieder übernahmewürdig? Das heißt, dass überhaupt nur ca. 1⁄4 aller Familienunternehmen das Potential haben, übergeben/verkauft zu werden, weil sie mehr verdienen als das Unternehmergehalt!

Davon sind 190 T-Unternehmer:innen in einem Alter, in dem sie übergeben sollten!

Bild: IfM Bonn

Was kann denn bei einer Unternehmensnachfolge schon schief gehen?

Nun, erstmal müssen die Unternehmer überhaupt bereit sein, sich mal mit dem Thema zu befassen.

Einer meiner Kunden ist fast 80 Jahre alt. Er arbeitet sieben Tage die Woche nicht am, sondern viel mehr im Unternehmen. Hat keine E-Mail-Adresse und keinen Computer. Vermögen ist genug da, er könnte finanziell jederzeit aufhören.
Warum er das nicht tut? Er würde in ein Loch fallen, weil er so gut wie keine Hobbys hat. Die Firma ist sein Leben. Er weiß schon, dass er sich vom Alter her damit befassen muss. Aber das Loslassen fällt ihm doch ganz schön schwer!

Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es?

Zunächst muss man als Berater mit dem Unternehmer unbedingt „Tacheles“ reden: Entweder er übergibt die Firma oder der Letzte schließt ab, wenn ihm was passiert!
Des Weiteren sollte man diesen Unternehmern, die ja eine Firma lange erfolgreich geführt haben, Alternativen aufzeigen. Ein guter Unternehmer kann mit seiner Erfahrung und seinem Wissen noch viele Jungunternehmer inspirieren und mit seinem Erfahrungsschatz sehr inspirierend und wertvoll sein!

Wir versuchen nun, die Nachfolge mit einem technischen Geschäftsführer aus der Familie und einem Controller/kaufmännischen Leiter hinzubekommen.

Welche Fehler kann es geben, wenn der Unternehmer/die Unternehmerin an die Kinder übergeben will?

Nun, jede Menge:

• Der Unternehmer/die Unternehmerin übergibt zwar formell oder holt das Kind in die Geschäftsführung, arbeitet aber so weiter als ob es keinen Nachfolger gibt (siehe oben, Thema „Loslassen“). Bei einem Kundenunternehmen waren Sohn und Tochter schon zwei Jahre in der Firma, aber die Tochter hatte z. B. noch nicht mal die Kontenvollmachten, obwohl sie praktisch die kaufmännische Leiterin war!

• Das Kind taugt nicht zum Unternehmer oder wird nicht dahin entwickelt: Generell bilden unsere Schulen und Hochschulen Menschen nicht zu guten Unternehmern aus. Sie werden zu guten Ingenieuren, Betriebswirten, Handwerkern etc. ausgebildet – aber eben nicht zu Unternehmern.
Unternehmer zu sein ist auch ein Mindset. Ein Kind, das lange im Schatten des übermächtigen Vaters/der übermächtigen Mutter stand, wird sich vom Mindset her einfach schwertun.

• Das Kind übernimmt das Unternehmen (endlich) – und versucht dann alles anders zu machen als Vater oder Mutter – und scheitert damit. Bei einer Bäckerei wollte der Sohn zum Beispiel radikal alle Brote auf Sauerteig umstellen, was ich ihm verboten habe. Er stellte sukzessive um und das klappte dann auch sehr gut!

• Der Inhaber will einen zu hohen Preis für sein Unternehmen haben, den dann die Kinder als Nachfolger nicht aus den Gewinnen erwirtschaften können und im schlimmsten Fall ihr Darlehen nicht zurückzahlen können.

• Die Mitarbeiter sehen immer noch den Gründer als Chef an, bzw. tun sich schwer, sich auf neue Methoden und Führungsstile einzustellen, weil sie schon so lange im Unternehmen sind („das haben wir doch immer schon so gemacht?“)

Gibt es Alternativen zur Übergabe an die Kinder? Ja natürlich, die gibt es!

1. Möglichkeit: Ein oder mehrere Mitarbeiter der Firma können und wollen die Firma übernehmen. Die Probleme können allerdings die gleichen sein wie oben beschrieben.

2. Was bleibt denn da noch? Nun, ein Unternehmensverkauf!

- Es gibt strategische Investoren, d.h. Unternehmen aus der Branche, d.h. ein Familienunternehmen kann ein anderes übernehmen. So geschehen bei einem Kundenunternehmen, das in Augsburg stadtbekannt ist. Der Inhaber war 82, aber ein echter Unternehmer (er führte das Unternehmen an 2 Tagen in der Woche bei mehreren Millionen Umsatz im Jahr und 25 Mitarbeitern). Es wurde von einem größeren Familienunternehmen übernommen, das gezielt solche Betriebe kauft – und niemand hat bisher einen negativen Unterschied bemerkt!

- Es gibt Gründer (MBI im Fachjargon oder Management Buy-In), die ein Unternehmen kaufen wollen. Diese sind oftmals in Managementpositionen in Konzernen tätig und wollen nun den Schritt in die Selbständigkeit gehen. Einige von ihnen scheitern allerdings an der Finanzierung (unsere erste Frage geht deswegen immer nach der Höhe der Sicherheiten für den Förderkredit) oder daran, dass sie nicht gewohnt sind, die Ärmel hochzukrempeln und auch mal kleine Sachen selbst zu machen anstatt zu delegieren.

- Und es gibt Finanzinvestoren! Was, das sind doch diese Heuschrecken, die die Betriebe aussaugen und dann nach 3 Jahren ausspucken? Nun, das dachte ich auch vor meiner Selbständigkeit. Ich arbeitete in den 2000ern in einem erfolgreichen Unternehmen in der Heizungsbranche, dessen Mutterkonzern um ein Haar pleite gegangen wäre, weil die Eigentümer – Private Equity – anstatt Eigenkapital hochverzinsliche Darlehen gegeben hatten!

Es gibt jedoch viele „kleine“ Investoren, z. B. Vater und Sohn, die Kapital gesammelt haben und genügend Erfahrung haben, ein Unternehmen zu übernehmen und zu entwickeln. Ich habe gerade ein sehr erfolgreiches Familienunternehmen (Marktführer in Deutschland in seiner Nische) an einen solchen Investor verkauft.

Die Zusammenarbeit war sehr respektvoll, offen und hat in einem erfolgreichen Verkauf geendet.

Wann sollte man sich als Inhaber mit dem Thema Nachfolge beschäftigen?

Nun, in der Regel mal ab Mitte 50. Viele Unternehmen (siehe oben) sind nicht übergabe- oder verkaufsfähig. Diese müssen erst dahin entwickelt werden: Digitalisierung, Führung, Risikomanagement, Controlling, Marketing, gute Mitarbeiter finden und entwickeln …

Also: Packen Sie es rechtzeitig an! Wir und viele Kollegen können Sie in allen Phasen und mit vielfältigen Lösungen begleiten, ob bei der Entwicklung und der Finanzierung des Nachwuchses oder des Mitarbeiters, bei der Firmenentwicklung für eine erfolgreiche Nachfolge, bei der Findung von Alternativen, wenn nicht verkauft werden kann – und beim Finden von Perspektiven für den Unternehmensinhaber für die Zeit nach der Firmenübergabe!

Gastautor

Andreas Becker
Andreas Becker
Inhaber, Unternehmensberater und Business Coach
Unternehmerlotsen Bayern

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