Unternehmensübernahme in Deutschland

Welche Herausforderungen begegnen uns aktuell im Nachfolgeprozess mittelständischer Unternehmen in Deutschland? Wie sieht die Nachfolgesituation insbesondere bei Unternehmerinnen aus? Brigitte Zypries, ehem. Bundeswirtschaftsministerin und Herausgeberin des DUP UNTERNEHMER Magazins, appelliert an die Eigentümer:innen der Unternehmen.

Unternehmensübernahme in Deutschland

In Deutschland gab es im Jahr 2021 rund 6,1 Millionen Betriebe und Selbstständige im Mittelstand, die einen Umsatz von rund 5,6 Billionen Euro erwirtschaften. Schon diese Zahlen erhellen, dass Deutschland mittelständische Unternehmen braucht, die von fähigen Unternehmerinnen und Unternehmern geleitet werden.

Der Generationswechsel, den wir derzeit überall beobachten, trifft nicht nur die Fachkräfte, sondern auch die Unternehmen. Der Mangel ist bereits jetzt überall spürbar. Und wenn erst die Babyboomer-Generation aus dem Erwerbsleben ausscheidet, wird die Situation noch schwieriger werden.

Diese Situation wirkt sich auch auf die Zukunft der Unternehmen in Deutschland aus. Immer mehr Unternehmer:innen fehlen die Nachfolger:innen. Waren 2019 bei den Industrie-und Handelskammern noch 4302 Personen registriert, die sich für eine Unternehmensnachfolge interessierten, waren es 2021 nur noch 2159. Die Zukunft vieler Unternehmen ist also ungewiss. Dies liegt aber nicht nur daran, dass Die Nachfolger:innen fehlen, sondern auch daran, dass sich die jetzigen Eigentümer:innen nicht hinreichend um eine Nachfolgeregelung kümmern. Wie eine kürzlich vorgelegte Studie der Hochschule Mainz zeigt, haben acht von zehn Betrieben das Thema Nachfolge nicht auf dem Schirm. Befragt wurden Unternehmer:innen, die 55 Jahre und älter sind.

Je kleiner ein Unternehmen ist, desto weniger gibt es konkrete Pläne einer Nachfolgeregelung. Und je mehr die Inhaber noch selbst operativ tätig sind, desto weniger finden sie die Zeit dafür, sich um eine Nachfolge zu kümmern, belegt die Untersuchung. Eine weitere Erkenntnis: Betriebe, die bereits über mehrere Generationen hinweg existieren, sind besser auf die Nachfolge vorbereitet.

Signifikant sind auch die Unterschiede zwischen den Branchen. Im produzierenden Gewerbe hat ein Drittel der Befragten (33 Prozent) konkrete Nachfolgepläne, im Handel sind es dagegen nur 15 Prozent und bei den Dienstleistungen 19 Prozent.

Ich rate, sich dem Thema Nachfolge rechtzeitig zu stellen. Man sollte sich Gedanken über den Fortbestand des eigenen Unternehmens machen, solange man gesund und handlungsfähig ist. Und man muss auch bedenken- so ein Betriebsübergang geht nicht von heute auf morgen, er braucht Zeit. Zunächst muss die richtige Person gefunden werden. Hier geht ein Appell an die Frauen, die sich selbstständig machen wollen: Sie müssen nicht unbedingt gründen, die Übernahme eines Betriebes bringt Frau oft schneller an ihr Ziel. Den Appell richte ich auch gerne an die Eigentümer:innen der Betriebe: Schauen sie gezielt nach Frauen, die sich für ihr Unternehmen eigen könnten. Frauen führen - so belegen es Studien- stärker kooperativ und teamorientiert. Vielleicht wäre das für ihre Branche ein Gewinn?

Sodann müssen die Modalitäten geregelt werden: bleibt der Alt-Eigentümer:in noch eine Weile im Betrieb und hilft beim Übergang, wie wird der oder die „Neue“ mit den wichtigsten Kunden bekannt gemacht, soll die Zahlung auf einmal erfolgen oder in Raten (ggfls. zur Ergänzung der Rente). Erst wenn alle Themen im beiderseitigen Einvernehmen geklärt wurden, kann der Notartermin angesetzt werden.

Mit dem Übergang des Unternehmens können sie sicher sein: sie haben nicht nur ihrem persönlichen Werk ein Weiterbestehen ermöglicht, sondern auch den Standort Deutschland gestärkt. Denn Deutschland braucht auch in der Zukunft einen lebendigen Mittelstand, der weiter das Rückgrat unserer Industrie ist.

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Gastautorin

Brigitte Zypries
Brigitte Zypries
ehem. Bundeswirtschaftsministerin
Herausgeberin des DUP UNTERNEHMER Magazins

 

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