Trends in der Nachfolgeberatung aus Sicht von Rechtsanwälten und Steuerberatern

Es dürfte längst kein Geheimnis mehr sein, dass bei der Unternehmensnachfolge die familieninterne Nachfolge, der Übergang von den Eltern auf die Kinder, nicht der einzige Weg ist. Bei der Nachfolge in das Privatvermögen hingegen würden die meisten wohl intuitiv den Erhalt des Vermögens in der Familie als unabdingbar ansehen, wenigstens wenn gemeinnützige Aspekte nicht im Vordergrund stehen.

Die familienexterne Unternehmensnachfolge, häufig auf den sog. „Exit“ verkürzt, ist vermutlich zunächst nur eine Folge anderer Trends und Entwicklungen in der Nachfolgeberatung, die sich zu einem eigenständigen Trend entwickelt hat. Dabei ist zu beobachten, dass der „Exit“ „salonfähig“ geworden ist und wie selbstverständlich als Handlungsoption Berücksichtigung findet. Was steht hinter diesem Trend, was führt dazu, das tradierte Modell der dynastischen Nachfolge, am liebsten von einem 100% Gesellschafter zu einem neuen 100% Gesellschafter, in Frage zu stellen? Und welche weiteren Trends zeigt der Markt?

Trends in der Nachfolgeberatung aus Sicht von Rechtsanwälten und SteuerberaternBild: pixabay/aymane jdidi

Ganzheitlicher Ansatz und Individualisierung

Ein bedeutender Trend in der Nachfolgeberatung ist der Übergang zu einem ganzheitlichen Ansatz, der die individuellen Bedürfnisse, Ziele und Umstände der Mandanten berücksichtigt. Jeder Nachfolgefall ist einzigartig. Es gilt, maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln, die rechtliche, steuerliche und finanzielle Aspekte integrieren und gleichzeitig die persönlichen Wünsche der Mandanten berücksichtigen. Fällt der die Nachfolge oktroyierende Unternehmensinhaber weg, treten die individuellen Interessen, die persönlichen Lebenspläne, -ziele und -wünsche in den Vordergrund. Dies führt nicht selten zu dem Ergebnis, dass kein Nachfolger mehr zu identifizieren ist. Auch der „umgekehrte Fall“ kann eintreten: es stehen mehr als einer zur Verfügung und die Auswahl fällt schwer. Und ebenso oft stehen zwar interessierte Nachfolger bereit; sie wollen aber das unternehmerische Risiko nicht in dem Maße tragen, wie es die Eltern tragen mussten.

In Familienunternehmen und vermögenden Familien können komplexe Familienstrukturen und unterschiedliche Interessen die Nachfolgeplanung zusätzlich erschweren. In einer globalisierten Welt sind viele Mandanten international tätig oder halten Vermögenswerte in verschiedenen Ländern. Es seien also nur die Stichworte „Patch-Work-Familie“, „Internationalität und Wegzug“ genannt, um die Komplexität zu illustrieren. Hierbei kommt den Rechtsanwälten und Steuerberatern eine entscheidende Rolle zu, indem sie Konflikte identifizieren, Familienverträge erstellen und Mediationen durchführen, um eine reibungslose Übergabe zu gewährleisten.

Was in der Beratung also den Trend auslöst, sich von der rein auf Fakten basierten Beratung hin zur mediationsnahen Begleitung zu lösen, hat seine Ursache in der Offenheit und Vielheit der „erlaubten“ Lebensmodelle. Der Automatismus „Einer übergibt an Einen“ verbietet sich. Auf den Plan kommen Lösungen mit Familiengesellschaften, Stiftungen, hybriden Strukturen oder Holding-Strukturen zur Wegzugs- und Exit-Vorsorge und natürlich weiterhin die unmittelbare Übergabe auf die nächste Generation.

Diese Komplexität der Nachfolgeberatung erfordert oft eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachexperten. Neben Rechtsanwälten und Steuerberatern sind auch Unternehmensberater, Finanzexperten und Vermögensverwalter in den Prozess eingebunden. Und diese Berater brauchen ein psychologisch fundiertes Wissen, eine Coaching-Erfahrung. Gemeinsam stellen sie sicher, dass alle relevanten rechtlichen, steuerlichen, finanziellen und betriebswirtschaftlichen und eben menschlichen Aspekte berücksichtigt werden, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen.

An dieser Stelle werden auch die Leistungen externer Anbieter abgefragt, um eine Antwort auf die Fragen „Wie finde ich einen Käufer?“, „Wie finde ich einen Investor?“ und ähnliche zu beantworten. Professionelle Plattformen mit einem breiten Angebot an auch weitergehenden Hilfestellungen finden hier ihre Berechtigung.

Ganzheitlichkeit bedeutet aber auch, in den Blick zu nehmen, was nach der Übertragung des Unternehmens – gleich in welcher Form – kommt. Wer verkauft hat, muss sein liquide gewordenes Vermögen ebenso strukturieren, verwalten, einer Nachfolge zuführen. Hier kommen die Leistungen erfahrener Family Offices ins Spiel, die am besten frühzeitig in die Gendanken eingebunden werden, um auch frühzeitig Anwälte und Steuerberater in die Optimierung einzubinden.

Wer nicht mehr oder nicht mehr alleine sein Unternehmen führt, muss sich aber auch anderen Herausforderungen stellen und seine Rolle neu finden, sei es im Unternehmen, für das Unternehmen oder in einer ganz anderen Sphäre. Psychologische Beratung ist auch hier sinnvoll.

Öffnung für Investoren statt vollständigem Exit

In einer sich schnell verändernden, sich arrondierenden Geschäftswelt erkennen immer mehr Unternehmen und Eigentümer die Vorteile einer familienexternen Nachfolgelösung. Dies könnte die Fortführung des Unternehmens durch erfahrene Führungskräfte, den partiellen Verkauf an strategische Investoren und die Fusion mit anderen Partnern bedeuten.

Dabei erfordert die familienexterne Nachfolge oft komplexe Verhandlungen und Vertragsabschlüsse. Die Komplexität ist oft größer als bei der familieninternen Nachfolge, weil „Fremde Dritte“ einander gegenüber sind, sich wie bei einem M&A-Prozess durchleuchten (Stichwort: „Due Diligence“). Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und M&A-Berater arbeiten daran, die finanzielle, rechtliche und steuerliche Situation des Unternehmens oder der Vermögenswerte zu bewerten. Dies hilft, potenzielle Risiken und Chancen zu identifizieren, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. Die Experten unterstützen ihre Mandanten bei der Risikobewertung und der Entwicklung von Strategien zur Risikominimierung.

Und auch hier kommen externe Anbieter ins Spiel, die eine Anlaufstelle sind, um Berater und potentielle Käufer oder Investoren zu identifizieren und in den Erstkontakt zu treten.

Frühzeitige Nachfolgeplanung

Ein weiterer bemerkenswerter Trend ist die frühzeitige Nachfolgeplanung. Immer mehr Unternehmen und Privatpersonen erkennen die Vorteile einer rechtzeitigen Vorbereitung auf den Nachfolgeprozess. Berater ermutigen ihre Mandanten zu Recht, bereits in einer frühen Phase über die Nachfolge nachzudenken, um ausreichend Zeit für eine umfassende Planung und Gestaltung zu haben. Dies ermöglicht eine reibungslosere Übergabe und reduziert potenzielle rechtliche und steuerliche Risiken.

Die Frühzeitigkeit bringt nicht selten die Offenheit für alternative Modelle mit sich. Da ist der „Exit“ kein Exot sondern Standard. Partielle Öffnungen für Investoren und Mitgesellschafter, familienunabhängige, unternehmenssichernde Stiftungen gehören ebenso ins Repertoire wie Mitarbeiterbeteiligungsmodelle.

Steuerliche Optimierung und Nachhaltigkeit

Die steuerliche Optimierung ist nach wie vor ein zentrales Anliegen in der Nachfolgeberatung. Die Komplexität des (nationalen und internationalen) Steuerrechts, der zumindest gefühlte Misstrauensvorschuss des Fiskus‘ und die schiere Masse an Querbeziehungen, Red Flags und steuerlichen Fallstricken haben sich nicht zum Vorteil für den Mandanten entwickelt. Unternehmensnachfolge, sie es familienintern oder -extern braucht frühzeitige, professionelle Steuerberatung.

Zudem hat sich in den letzten Jahren ein weiterer Trend herausgebildet: die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten. Immer mehr Mandanten legen Wert darauf, dass ihre Nachfolgeplanung umweltfreundlich und sozial verantwortlich gestaltet wird. Rechtsanwälte und Steuerberater integrieren daher vermehrt Nachhaltigkeitskriterien in ihre Beratungsansätze.

Kulturelle und strategische Passung

Bei jeder Nachfolgeplanung ist nicht nur die finanzielle Seite von Bedeutung, sondern auch die kulturelle und strategische Passung zwischen dem abgebenden Unternehmer und dem Nachfolger. Das gilt in der Familie genauso wie familienextern. Die Berater müssen dabei unterstützen, diese Aspekte zu berücksichtigen und die langfristige Erfolgswahrscheinlichkeit der Transaktion zu evaluieren.

Dieser Wunsch nach einer passenden Unternehmenskultur, nach einem passenden Miteinander oder Nacheinander, vielleicht auch nach der Bewahrung von Unternehmenswerten, spricht nur vordergründig gegen die familienexterne Nachfolge. Gerade der dazukommende oder nachfolgende „Neue“ kann neue Impulse setzen, ohne Dogmen unterlegen zu sein; er kann bestehende Gute vielleicht besser erkennen als der Familienangehörige.

Die familienexterne Nachfolge kann aufgrund der möglichen Auswirkungen auf Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner natürlich schwierig sein. Rechtliche und steuerliche Berater spielen auch hier eine wichtige Rolle bei der Kommunikation mit den relevanten Stakeholdern, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten und mögliche Unsicherheiten zu minimieren.

Fazit

Die Nachfolgeberatung ist ein dynamisches Feld, das ständig im Wandel ist. Rechtsanwälte und Steuerberater stehen vor der Herausforderung, sich kontinuierlich über neue rechtliche Entwicklungen, steuerliche Regelungen und gesellschaftliche Trends zu informieren. Der ganzheitliche Ansatz, die frühzeitige Planung, die interdisziplinäre Zusammenarbeit, der Einsatz von Technologie, die internationale Ausrichtung, die Berücksichtigung von Nachhaltigkeit und der Umgang mit komplexen Familienstrukturen sind nur einige der Aspekte, die heute eine zentrale Rolle in der Nachfolgeberatung spielen. Die Expertise von rechtlichen und steuerlichen Beratern muss ebenso ganzheitlich ausgestaltet sein (wenn auch nicht zwingend in einer Person), um diesen Dynamiken zu begegnen und reibungslose Nachfolgeprozesse zu gestalten sowie die Vermögenswerte ihrer Mandanten zu schützen.

Die familienexterne Nachfolge erweitert den Blick auf die Nachfolgeberatung und bringt neue Herausforderungen und Chancen mit sich. Wer also familieninterne Nachfolgeberatung - die auch in Zukunft ihren festen Platz in der Nachfolgeberatung haben wird - anbieten möchte, steht vor der Aufgabe, die rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Aspekte dieser Optionen zu verstehen und die Mandanten auf fundierte Weise auch hierzu zu beraten. Die Offenheit für externe Nachfolgelösungen, die Expertise in Vertragsverhandlungen und Due Diligence, die Nutzung von Technologie und Datenanalyse, die Berücksichtigung von kultureller und strategischer Passung sowie die effektive Kommunikation mit Stakeholdern sind Schlüsselaspekte, die bei der familienexternen Nachfolge berücksichtigt werden müssen. Rechtsanwälte und Steuerberater, die diese Trends verstehen und aktiv in ihre Beratung integrieren, werden ihren Mandanten helfen, erfolgreiche Nachfolgetransaktionen umzusetzen.

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Gastautor

Iring Christopeit
Dr. Iring Christopeit, LL.M.
Rechtsanwalt, Steuerberater
Partner und Head der Service Line „Nachfolge" bei PSP – Peters, Schönberger & Partner, München

 

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