Vom Beobachter zum aktiven Gestalter: Die neue Rolle des Investors

Der moderne Investor ist mehr Unternehmer als Finanzier. Erfahren Sie, warum Engagement jenseits des „Elfenbeinturms“ entscheidend ist.

Vom Beobachter zum aktiven Gestalter: Die neue Rolle des InvestorsBild: pixabay/Markus Winkler

In einer sich stetig wandelnden Geschäftswelt stehen Investoren vor der Herausforderung, ihre Rolle neu zu definieren und anzupassen. Wo sie einst als rein finanzielle Unterstützer gesehen wurden, werden sie heute als aktive Partner und treibende Kräfte hinter den Unternehmen gefordert. Harvey Gross, Branchenexperte und Partner bei der Deutschen Unternehmensnachfolge, teilt in einem exklusiven Interview seine Erkenntnisse darüber, wie sich die Rolle des Investors im Laufe der Zeit verändert hat und warum es für Investoren essentiell ist, nicht nur von der Seitenlinie aus zu agieren, sondern sich aktiv in den Geschäftsalltag einzubringen. Von der Notwendigkeit eines proaktiven Engagements in Wertschöpfungsprojekten bis hin zur Bedeutung der Solidarität zwischen Unternehmern in unsicheren Zeiten gibt Gross Einblicke in die heutige Investorenlandschaft und die Herausforderungen, denen sie gegenüberstehen.

DUB: Wie hat sich die Rolle des Investors im Laufe der Zeit verändert, insbesondere in Bezug auf das aktive Engagement in den Unternehmen?

Gross: Excel Tapeten und Reporting zu lesen ist wichtig, aber das alleine reicht heutzutage nicht mehr aus. Was ich damit meine ist, dass früher oft erwartet wurde, dass Investoren eine eher passive Rolle spielen, bei der sie lediglich finanzielle Mittel zur Verfügung stellen und von der Seitenlinie aus beobachten und kommentieren. Heute jedoch müssen Investoren zunehmend als aktive Partner auftreten. Es reicht nicht mehr aus, nur bei monatlichen Board-Meetings präsent zu sein. Investoren, welche erfolgreich Nachfolge Situationen gestalten wollen, sind gezwungen, proaktiv in Wertschöpfungsprojekte involviert zu sein und einen messbaren Mehrwert für das Unternehmen zu schaffen.

DUB: Wie können Investoren sicherstellen, dass sie nicht in ihrem "Elfenbeinturm" isoliert bleiben?

Gross: Investoren sollten sich ständig daran erinnern, dass wahre Wertschöpfung durch aktives Engagement und direktes Handeln erreicht wird. Das bedeutet, regelmäßig vor Ort zu sein, sich mit den Mitarbeitern und der Führung des Unternehmens auszutauschen und die Herausforderungen und Chancen aus erster Hand zu verstehen. Investoren müssen lernen, weniger wie traditionelle Kapitalgeber und mehr wie Unternehmer zu denken. Dies schließt ein, kreative Lösungen für Probleme zu finden und gemeinsam mit dem Management eigene Projekte voranzutreiben.

Insbesondere in so turbulenten Zeiten ist es wichtig einen operativen Partner an der Seite zu haben, der sich nicht nur auf das Reporting fokussiert, sondern gemeinsam Projekte vorantreibt.

DUB: Wie bewerten Sie Unternehmen bei der sich so rasant ändernden aktuellen Lage?

Gross: Der wichtigste Faktor bei Investitionen ist eine langfristige Betrachtung. Es hat schon immer Krisen gegeben, die Unternehmen kurzzeitig durchgerüttelt haben. Wichtig ist aber, dass nachhaltig gewirtschaftet wird. Grundsätzlich muss das Geschäftsmodell stimmig sein. Denn eine Krise ändert nicht unsere fundamentale Sicht auf ein Unternehmen. Wichtig ist nicht nur, dass nachhaltig gewirtschaftet wird, sondern auch wie anpassungsfähig und innovativ ein Unternehmen in unsicheren Zeiten agiert.

Zu guter Letzt liegt der gesamte Wert eines Unternehmens in der Zukunft, von der die nächsten paar Monate nur einen Bruchteil ausmachen - auch diese Krise wird vorbeigehen.

DUB: Was raten Sie Unternehmern?

Gross: Unternehmer sollten sich auf ihr Kerngeschäft fokussieren und um ihre Mitarbeiter kümmern. Abgesehen davon ist in so einer Zeit Solidarität zwischen Unternehmern sehr wichtig. Bezüglich Transaktionen sollten Unternehmer gezielt Partner suchen, die sich nicht opportunistisch verhalten, sondern einen klaren Wertekompass haben. Insbesondere aktuell müssen Unternehmer dabei aufmerksam sein.

Zudem sollten Unternehmer bereit sein, ihre Geschäftsmodelle oder Strategien wenn nötig anzupassen, um auf Veränderungen im Markt oder in der Umwelt reagieren zu können.

DUB: Welche Form der Investition macht momentan am meisten Sinn und wird momentan überhaupt investiert?

Gross: Das ist abhängig von den jeweiligen Umständen. Jedoch sind Unternehmen, die langfristig aufgestellt sind, weiterhin attraktiv. Des Weiteren ist Flexibilität bei der Investitionsstruktur wichtig, sodass zum Beispiel dem Unternehmen zügig Liquidität zur Verfügung gestellt werden kann. Kurzfristige Unwägbarkeiten und Risiken sollten fair zwischen Käufer und Verkäufer aufgeteilt werden - hierzu können “Earn-Out-Strukturen” dienen.

DUB: Was für eine Situation wird sich aus der Krise für den Kauf und Verkauf insolventer Unternehmen ergeben?

Gross: Die Krise wird zu einer erhöhten Anzahlen von Insolvenzen führen und bestimmte Arten von Investoren haben in der Vergangenheit solche Situationen ausgenutzt. Hier sehen wir die Verantwortung auch bei den Gläubigern und Verwaltern das langfristige Wohl des Unternehmens im gesamtgesellschaftlichen Kontext im Auge zu behalten.

DUB: Herr Gross, ich danke Ihnen für das offene Gespräch und die spannenden Einblicke, die Sie uns gegeben haben. Es ist immer interessant, von jemandem mit Ihrer Erfahrung zu hören. Ich hoffe, wir haben bald wieder die Gelegenheit zum Austausch. Vielen Dank für Ihre Zeit.

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Gastautor


Constantin-Harvey Gross
Partner
Deutsche Unternehmensnachfolge Verwaltungs GmbH

 

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