Die W&I Versicherung – mehr als der “Clean-Exit“ für Verkäufer

Die W&I (Warranty & Indemnity) Versicherung hat über das letzte Jahrzehnt eine beispielhafte Erfolgsgeschichte hingelegt und sich stetig weiterentwickelt. Warum die W&I Versicherung sich auch im aktuellen Marktumfeld behaupten wird.

Die W&I Versicherung – mehr als der “Clean-Exit“ für Verkäufer

Anfänge der W&I als „Haftpflichtversicherung“ für Verkäufer

Das Produkt der W&I Versicherung wurde ursprünglich nicht - wie heute üblich - auf der Käufer-, sondern auf Verkäuferseite eingesetzt. Dabei einigten sich die Parteien regulär im Kaufvertrag auf Verkäufergarantien sowie die Haftungsgrenze; im Falle des Garantiebruchs nahm im ersten Schritt der Käufer den Verkäufer in Haftung, bevor dieser die entstandenen Kosten beim Versicherer geltend machte. Heute stellt diese sogenannte „Verkäuferpolice“ die absolute Ausnahme dar und die allermeisten Policen werden auf Käuferseite abgeschlossen.

Der Siegeszug der käuferseitigen W&I Police

Die Käuferseitige W&I Police funktioniert grundlegend anders: Üblicherweise wird sie schon vom Verkäufer im ersten Entwurf des Kaufvertrags angedacht, in der dieser zwar seine Verkäufergarantien im gewohnten Umfang abgibt – gleichzeitig aber die Haftungsgrenze auf 1 € setzt. Der Käufer wiederum tritt mithilfe eines Brokers oder Versicherungsberaters an den Versicherungsmarkt heran und schließt eine Police ab, welche im Schadensfall, dem Garantiebruch, direkt an den Käufer als Versicherungsnehmer auszahlt – der Verkäufer ist also aus der Haftung entlassen. Lediglich im Falle von betrügerisch falsch abgegebenen Garantien hat der Versicherer, nach Entschädigung des Käufers, einen Regressanspruch gegenüber dem Verkäufer. Der offensichtlichste Vorteil der käuferseitigen Police liegt damit auf Verkäuferseite: Es ist kein Treuhandkonto notwendig und der Verkaufserlös kann direkt ausgeschüttet oder reinvestiert werden. Dieser sogenannte „Clean Exit“ des Verkäufers war der Haupttreiber des Erfolgs der W&I Versicherung in den 2010er Jahren.

Der wachsende W&I Versicherungsmarkt

Mit dem Erfolg der W&I Versicherung ging eine Ausweitung des verfügbaren Versicherungskapitals einher: Neben den klassischen Versicherern, von welchen einige M&A Versicherungsabteilungen gründeten, gibt es eine wachsende Anzahl spezialisierter Versicherungsagenturen, im englischen Managing General Agencies oder „MGAs“ genannt, welche mit Fremdkapital Risiken zeichnen. Der steigende Wettbewerb führt einmal dazu, dass die Versicherungsprämien deutlich sinken – auf mittlerweile oft deutlich unter 1% der versicherten Summe. Des Weiteren hat eine Ausdifferenzierung stattgefunden: Beispielsweise haben einige MGAs kleine mittelständische Unternehmen als Nische ausgemacht - sodass die W&I Versicherung mittlerweile für Transaktionen mit Unternehmenswerten im unteren einstelligen Millionenbereich attraktiv und kosteneffizient eingesetzt wird.

Die Weiterentwicklung der W&I Versicherung – mehr als nur „Clean Exit“

Vor allem aber wurde der Versicherungsschutz weiterentwickelt und immer weiter an die Bedürfnisse der Käufer angepasst. Diesen bieten die Versicherer immer neue „synthetische“ Deckungselemente. Synthetisch heißt in diesem Zusammenhang, dass die Versicherungsdeckung über die ursprünglich im Kaufvertrag vorgesehene Haftung hinausgeht – diese also nicht nur spiegelt, sondern modifiziert und erweitert. Ein klassisches Beispiel eines synthetischen Elements ist eine Ausdehnung der Laufzeit der Garantien auf bis zu 10 Jahre. Oder, dass eine bestimmte Garantie, welche im Kaufvertrag noch auf die Kenntnis des Verkäufers eingeschränkt war, in der Police versichert wird als wäre sie nicht kenntnisqualifiziert (im Englischen wird diese Deckungserweiterung „Knowledge Scrape“ genannt). Standardmäßig bieten Versicherer mittlerweile auch die synthetische Steuerfreistellung an für Fälle, in welchen der Verkäufer nicht bereit war, eine solche im Kaufvertrag abzugeben. Die W&I Versicherung bietet Käufern damit mittlerweile ein hohes Level an Flexibilität und verschafft ihnen dadurch „Beinfreiheit“ in den Verhandlungen mit dem Verkäufer.

Die W&I Versicherung im aktuellen Marktumfeld

Diese Entwicklungen und die erhöhte Attraktivität führen in der Summe dazu, dass die W&I Versicherung immer häufiger nicht mehr vom Verkäufer, sondern vom Käufer angestrebt wird und so auch in einem zunehmenden „Käufermarkt“ weiter nachgefragt wird. Nicht auszuschließen ist auch, dass die verkäuferseitige Police ein Comeback erlebt – dann nämlich, wenn Käufer die „reguläre“ Haftung im Kaufvertrag fordern und Verkäufer sich auf dem Versicherungsmarkt absichern. Eine weitere Option: bei Transaktionen angeschlagener oder insolventer Unternehmen, bei welchen der Insolvenzverwalter keine Garantien abgeben darf, kann der Käufer einen komplett synthetischen Garantiekatalog mit dem Versicherer aushandeln. Diese Vielseitigkeit lässt erwarten, dass die W&I Versicherung gekommen ist, um zu bleiben, und sich auch in einem kurz- oder mittelfristig unruhigen Marktumfeld behaupten wird.

Dazu trägt auch das aktuell vergleichsweise niedrige Transaktionsvolumen in Verbindung mit dem harten Wettbewerb unter den mittlerweile fast 30 Versicherern und Agenturen auf dem deutschen Markt bei: Nie war es so günstig, Transaktionen zu versichern.

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Gastautoren

Johannes Martini

Johannes Martini
Broker
Deloitte Broker GmbH

 

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