Wert ist nicht gleich Preis oder „Price is what you pay. Value is what you get."

Liegt der tatsächlich erzielte Verkaufspreis im Rahmen von Unternehmensverkäufen unter den Werten der zuvor vorgenommenen Unternehmensbewertung, wird nicht selten hinterfragt, ob eine vorherige Bewertung überhaupt notwendig war.

Wert ist nicht gleich Preis oder “Price is what you pay. Value is what you get.“

Subjektiv geprägte Ausgangspositionen
Dieses Dilemma ergibt sich bereits aus den unterschiedlichen Positionen des Verkäufers und des Käufers. Gerade im Bereich der KMU erwarten Inhaber, dass sie für ihr „Lebenswerk“ einen maximalen Verkaufspreis erzielen, der letztendlich auch eine Vergütung sein soll für die vielen Entbehrungen und Anstrengungen beim Aufbau sowie der Führung ihres Unternehmens. Im Gegensatz zu dieser sehr stark emotional abgeleiteten „Herzblutrendite“ betrachten Käufer ihr Engagement vielmehr als Investition, die anhand von betriebswirtschaftlichen Chancen- und Risiko - Faktoren bewertet wird, natürlich aus verhandlungstaktischen Gründen mit einer höheren Gewichtung der Risiken als der Chancen.

Objektivierung der Verhandlungsbasis
Eine professionell durchgeführte Unternehmensbewertung hat zum Ziel, genau diese subjektiven Faktoren – weitgehend – auszuschließen und einen objektivierten Unternehmenswert zu ermitteln. Hierbei werden nicht nur quantitative Aspekte berücksichtigt, sondern auch wertsteigernde Maßnahmen wie der Digitalisierungsgrad der Branche, die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells, Nachhaltigkeit und ESG (Environmental, Social and Governance) Kriterien fließen in die Bewertung ein.

Und damit ist auch schon zum Ausdruck gebracht, dass keines der verschiedenen Verfahren den objektiven, allein gültigen Wert ermitteln kann, der auch den Kaufpreis determiniert. Vielmehr zielen die sich am Markt am meisten durchgesetzten Verfahren – Ertragswertmethode und Discounted Cash-Flow Methode (DCF) – auf die künftigen Erträge bzw. Zahlungsüberschüsse des Unternehmens ab. Hierbei werden aber nicht nur reine GuV oder Bilanzwerte zugrunde gelegt, sondern auch eher qualitative Faktoren wie Inhaberabhängigkeit, Marktposition, Personalstruktur, eigene (maschinelle) Infrastruktur, etc. in Form eines Kapitalisierungszinssatz berücksichtigt. In der Regel erfolgt die Plausibilisierung des Ergebnisses einer der oben genannten Methoden dann noch durch das so genannten Multiplikatoren-Verfahren, bei dem das EBIT oder auch das EBITDA mit einem für die Branche typischen, aus tatsächlich erzielten Verkäufen ermittelten Faktor multipliziert wird.

Auch hier gibt es nicht den alleinig wahren Wert. Zum einen liegt das daran, dass immer ein Minimal- und ein Maximalwert angeben wird, bei dem nicht zu erkennen ist, welche Faktoren eines Unternehmens für den Minimalwert und welche für den Maximalwert stehen. Andererseits gibt es keine einheitliche Festlegung, welches EBIT zugrunde gelegt wird, das EBIT des letzten Jahres, das der letzten 3 oder 5 oder das der künftigen 3 oder 5 oder einem gewichteten Durchschnitt von Vergangenheits- und Zukunftswerten. Deshalb eignet sich dieses Verfahren meiner Meinung nach auch ausschließlich zur Plausibilisierung der ermittelten Werte aus der Ertragswertmethode oder dem DCF-Verfahren.

Anforderungen an Veräußerer
Unabhängig vom gewählten Bewertungsverfahren, sollten Unternehmensinhaber den eigenen Aufwand bei der Erstellung einer Unternehmensbewertung nicht unterschätzen. In der Praxis erweist sich oft, dass das Zusammenstellen der notwendigen Unterlagen, wie beispielsweise Planungen, sehr zeitaufwändig ist oder diese Unterlagen teilweise gar nicht existieren. Ohne professionelle Unterstützung scheitern solche Projekte häufig schon in der Vorbereitungsphase.

Verhandlung entscheidet über das Ergebnis
Obwohl eine Unternehmensbewertung größtenteils auf einer klaren Datenbasis beruht, bleibt im KMU-Bereich zu beachten, dass nicht alles mit unumstößlichen Daten und Fakten bewertet werden kann. Ermessungsspielräume, besonders bei Planungsannahmen oder qualitativen Faktoren, beeinflussen ebenfalls den Unternehmenswert. Daher sollte eine professionell durchgeführte Bewertung als fundierte Verhandlungsbasis angesehen werden. Natürlich neigt ein Käufer dazu, potenzielle Schwächen oder Risiken des Unternehmens stärker zu gewichten und Chancen oder Vorteile geringer einzuschätzen, um einen niedrigeren Kaufpreis zu erreichen. Eine seriöse Unternehmensbewertung liefert jedoch gerade für diese Punkte fundierte Argumente, die erst widerlegt werden müssen. Zusätzlich zu diesen sachlichen Argumenten beeinflusst die persönliche Situation des Unternehmensinhabers das Verhandlungsergebnis. Ein aus Altersgründen notwendiger schneller Verkauf kann beispielsweise die Verhandlungsposition des Verkäufers schwächen.

Fazit und Empfehlung
Noch immer scheitern viele Unternehmensverkäufe an überhöhten Verkaufspreisforderungen, die oft stark emotional geprägt sind. Eine professionell durchgeführte Unternehmensbewertung bietet nicht nur den Vorteil einer soliden Verhandlungsgrundlage, sondern kann dem Inhaber auch – durch die Vorarbeiten und den Austausch während der Erstellung – zu einer realistischeren Einschätzung des Unternehmenswertes verhelfen.

con|cess M + A berät seit annähernd 25 Jahren Unternehmer*innen in der DACH-Region. Mehrere hundert Unternehmensinhaber*innen wurden bei der Erstellung ihrer Unternehmensbewertung und in den anschließenden Verkaufsverhandlungen erfolgreich beraten und begleitet.

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Gastautor

Manfred Rinderer
Manfred Rinderer
Partner Bonn/Gerolstein
con|cess M+A-Partner

 

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