Unternehmensnachfolge als Puzzle-Spiel

In einigen Fällen gleicht die Regelung einer Unternehmensnachfolge einem Puzzle-Spiel. Verschiedene Teile müssen zusammenkommen und dabei perfekt zusammenpassen, damit am Ende ein Ergebnis herauskommt, das für alle Parteien zufriedenstellend ist.

Unternehmensnachfolge als Puzzle-Spiel

Der erwünschte Ruhestand

Ein Fallbeispiel: Der scheidende Inhaber eines Ingenieurbüros ist gleichzeitig Geschäftsführer des Unternehmens und möchte das Unternehmen im Zuge einer Altersnachfolge abgeben. Er plant in etwa 6-12 Monaten die Übergabe durchzuführen und eine Einweisung des Nachfolgers im selben Zeitraum abzuschließen.

Drei Parteien – und jetzt?

Als Kaufinteressent kommt eine Holding-GmbH in Frage, die mit relativ eigenständigen Tochtergesellschaften operiert und Zielunternehmen im Zertifizierungs- und Prüfbereich übernehmen möchte. Der Leiter der M&A-Abteilung der Holding-GmbH ist grundsätzlich an der Übernahme sehr interessiert, hält das Unternehmen für vielversprechend, macht aber zur Bedingung, dass ein Geschäftsführer vor Ort die Rolle des derzeitigen geschäftsführenden Gesellschafters übernimmt. Ein zweiter Interessent - Herr Müller - ist als MBI-Kandidat ebenfalls am Kauf des Unternehmens interessiert. Er führt Gespräche, die aber zunächst im Sande verlaufen, weil der Unternehmer in Spe in seinem Angestellten-Job eine Kombination von Risiko und Gehalt erhält, die ihm stärker behagt als das risikoreiche Arbeitsleben eines “Vollblut-Unternehmers”. Er möchte sich nicht bis über beide Ohren verschulden, um die Übernahme zu stemmen. Herr Müller befürchtet, dass er sich an dem Unternehmenskauf “verheben” könnte. Er hat eine Familie, die auch in 12 oder 24 Monaten auf ein regelmäßiges Einkommen angewiesen ist.

Erzeugen einer Situation zum gegenseitigen Vorteil

Die Lösung ist schnell skizziert, auch wenn in der konkreten Umsetzung oftmals noch einige Hürden zu nehmen sind: nach einer intensiven Kennenlernphase zwischen MBI-Kandidat und einem der Direktoren der Holding-GmbH beteiligt sich Herr Müller mit einem Minderheitsanteil an dem Ziel-Unternehmen. Das kapitalstarke, weniger risikoaverse Holding-Unternehmen kauft vereinbarungsgemäß den Mehrheitsanteil.

Solange die Finanzzahlen des Unternehmens stimmen und sich das Unternehmen vollständig nach Plan entwickelt, kann Herr Müller relativ frei im Unternehmen schalten und walten. In jedem Fall besitzt er deutlich mehr Gestaltungsspielräume als ein typischer Angestellter, auch wenn er tatsächlich nicht alleiniger Inhaber ist, sondern lediglich geschäftsführender Mitgesellschafter.

Auf diese Weise haben alle Seiten ihre Ziele realisiert und erhalten, worauf es Ihnen ankommt. Herr Müller erhält die Möglichkeit zum eigenständigen, unternehmerischen Arbeiten, der Inhaber den wohlverdienten Ruhestand und die Holding-GmbH eine profitable Beteiligung in einer Region, die für sie bislang einen weißen Flecken auf der Landkarte bildete.

Das neue Unternehmen kann über „Shared Services“ und die zentrale Verteilung von Aufträgen die Größenvorteile im Verbund vollständig nutzen. Das Team selbst (in diesem Fall bestehend aus MBI-Kandidat und den Mitarbeitern des Zielunternehmens) kann nicht mit Gewalt zusammengebracht werden, sondern muss wie zwei Puzzleteile zueinander passen.

Langer Atem zahlt sich aus

Nicht verschwiegen sei, dass Zulassungs- und Anerkennungskriterien derartige Transaktionen in sicherheitsrelevanten Bereichen teilweise mühselig und kompliziert machen. Die Mühe lohnt sich aber häufig, da ein nicht unerheblicher Teil der Wertschöpfung und der Preissetzungsmacht der Unternehmen daher rührt, dass Akkreditierungsverfahren Markteintrittsbarrieren schaffen und damit das Angebot gegenüber der Nachfrage knapp bleibt.

Fazit: Das Lösen des Übernahme-Puzzles erfordert Zeit und Ausdauer. In den Verhandlungen müssen rechtliche, regulatorische und organisatorische Stolpersteine geduldig beseitigt werden, um am Ende eine erfolgreiche neue Einheit zu schaffen. Wenn dies gelingt, ist es eine große Genugtuung für alle Beteiligten.

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Gastautoren

Dr. Rainer Ammon

Dr. Rainer Ammon
Geschäftsführer
Calandi GmbH

Isa Ofer

Dr. Isabell Ofer
Senior Consultant für Unternehmensnachfolge
Calandi GmbH

 

 

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