M&A – verliebt, verlobt, verheiratet

Ein Unternehmensverkauf ist vergleichbar mit einer romantischen Beziehung. Erfahren Sie, wie ein M&A-Berater als Beziehungscoach agiert, um die Liebe zum erfolgreichen Abschluss zu führen.

M&A – verliebt, verlobt, verheiratetBild: shutterstock/MargJohnsonVA

Die drei Phasen des Unternehmensverkaufs, wann ein solcher sinnvoll ist und wie man sich darauf vorbereiten kann.

M&A ist in aller Munde: Hier wird eine ganze Branche kleinerer Player von kaufrauschigen Investoren konsolidiert. Dort hört man nicht nur aus dem TV, sondern im eigenen Netzwerk von Firmenverkäufen. Als wäre das nicht genug, werden noch testosterontriefende Multiples auf den Umsatz und das EBIT geflüstert. Und schließlich klopft ein Interessent an der eigenen Firmenpforte an, um höflich, aber bestimmt nachzufragen, wann es denn nun mit einem Unternehmensverkauf so weit sei.

Verlieben

Der Prozess fängt spätestens dann an, wenn die unausgesprochene Frage, wie die Unternehmensnachfolge irgendwann mal aussehen kann, plötzlich in einem laut wird. Das kann ebenso rationale wie emotionale Gründe haben: Der sicherlich wichtigste ist das Alter des Firmeninhabers. Oft, auch bei jüngeren Semestern, steht auch die Absicht im Raum, sich nochmals mit einem ganz anderen Vorhaben zu verwirklichen. Natürlich lassen auch die unverschämt hohen Kaufpreise, die schon mal kursieren, schwach werden. Schließlich werden solche in aller Regel nur während bestimmter historischer Zeitfenster erzielt. Oder – auch das ein plausibler Grund – bestimmte Aufgaben, Wachstum, Mithalten mit dem Wettbewerb etc. lassen sich leichter durch ein Aufgehen in anderen Unternehmen oder Firmengruppen realisieren als durch eigene Arbeit und vor allem Investitionen.

Früher, da hat man sich mal selbst um die Hochzeitsvorbereitungen gekümmert. Da war der schönste Tag des Lebens mit der Komplexität des Tischkartenschreibens schnell heraufbeschworen. Heute, in einer Zeit, wo Brautkleider den Preis eines Kleinwagens übersteigen und die richtigen Locations schon Jahre im Voraus ausgebucht sind, engagiert man am besten einen gut vernetzten Wedding-Planner resp. einen erfahrenen M&A-Berater. Zu groß ist die Gefahr einer Bauchlandung mit einer am Markt nachhaltigen Beschädigung des eigenen Unternehmens. Es gilt nämlich: Im Prozess abgewiesene oder in einer Due Diligence (Ankaufsprüfung) verärgerte Investoren tratschen, trotz Vertraulichkeitserklärung. Außerdem laufen beim Verkäufer hohe Vorbereitungskosten auf. Zudem trägt er allein das Risiko des Verlusts von Mitarbeitern und Kunden, die aufgeschreckt durch Verkaufsgerüchte davonziehen.

Die Vorbereitungen auf dem Weg zur Abgabe des Unternehmens sind langwierig, gerade in dieser Phase bedarf es jedoch der vollen Konzentration des Firmeninhabers. Heirat steht dabei als Synonym für den Abschluss eines Vertrags, mit dem das Unternehmen übertragen wird. Dieser beinhaltet nicht nur die bloße Abgabe des Unternehmens, sondern vor- und nachvertragliche Rechte und Pflichten. Natürlich sollte man auf dem Weg dahin nicht vergessen, die Braut hübsch zu machen, möglichst bevor der eigentliche Transaktionsprozess – die Suche nach dem geeigneten Partner respektive das Verlieben – professionell angegangen wird.

Die wichtigsten To-Do‘s hierbei sind:

• Möglichst objektive, aber an den Marktgegebenheit ausgerichtete Feststellung des Unternehmenswerts. Welche sind die Ertragsquellen und Margen? Der Steuerberater kann helfen, ist in der Regel aber aufgrund seiner Verfahrensansätze eher ein zusätzlicher als der wegweisende Gutachter.

• Zu klären ist auch, ob das Unternehmen überhaupt übertragbar ist. Lauern irgendwo in der Historie, den Finanzen oder den Produkten/Dienstleistungen Fallstricke, die eine Abgabe unmöglich oder nur zu einem großen Preisabschlag realisierbar machen? Stimmen die wirtschaftlichen, juristischen und steuerlichen Prämissen für einen solchen Schritt?

• Wer kann ein geeigneter Unternehmensnachfolger sein? Die Kinder des Inhabers, eventuell internes Führungspersonal oder eben doch ein Käufer von außen, der in der Regel bereit sein wird, den höchsten Preis zu zahlen? Wie sieht eine objektive Long- und Shortlist aus: Immer wieder ist es erstaunlich, wer als Käufer in Frage kommt und absolut außerhalb des eigenen Fokus steht.

• Wird ein interner Unternehmensverkauf vorgezogen, stellt sich die Frage nach der Ausfinanzierung des Übertragungspreises. Wie kann dieser ggf. strukturiert werden, um Käufer und Verkäufer gerecht zu werden und dabei steuerlich auch noch optimal zu sein? Und ja, auch hier kann ein M&A-Berater bessere Hilfe leisten als der dann nur noch exekutierende Hausbanker, denn er ist zugleich Moderator des Prozesses und findet Lösungen für faire, interne Übergaberegeln.

Erst, wenn all diese Fragen eventuell mit einigen kosmetischen Korrekturen – Fineliner in der G&V hilft nicht immer – typischerweise mit einem Vorlauf von ein bis drei Jahren vor der eigentlichen Suche nach einem Käufer geklärt sind, macht es Sinn, sich auf die Partnersuche zu begeben. Und nochmals: Auch dann, wenn es interne Übertragungsoptionen oder nachfolgewillige Kinder gibt, ist es absolut sinnstiftend, auch mit externen Kaufinteressenten Gespräche zu führen. Eventuell tauchen am Horizont Konzepte und Ansätze auf, die allen beteiligten Personen noch besser gerecht werden. Aus Sicht eines Investors ist eine Heirat mit Neudeutsch genannten „Bonuskindern“ nicht das Schlechteste, im Gegenteil. Abgesehen davon, erhält man auch nochmals eine zusätzliche und sehr klare Indikation über den möglichen Kaufpreis. Geld auf den Tisch ohne Verzicht oder langlaufende Zahlungsmodalitäten können für alle Parteien ein sehr überzeugendes Kriterium sein, doch einen anderen Partner zu ehelichen.

Mit dem Kennenlernen geeigneter Heiratskandidaten beginnt der zentrale, nach außen hin evidente Teil des M&A-Prozesses. Über Vertraulichkeitsvereinbarungen (NDA) abgesichert werden erste Gespräche zwischen Käufer und Verkäufer aufgesetzt, bei denen die Kaufinteressenten im Vorfeld anhand eines ihnen vorgelegten Information-Memorandums eine Indikation zum Enterprise Value abgegeben haben. Nur, wenn diese passt, werden sie in die Runde der persönlichen Gespräche aufgenommen, wohl wissend, dass dies längst nicht das Finale auf dem Weg zur Ermittlung des Equity Value ist. Bei dieser Vorgehensweise handelt es sich um eine pragmatische Art „kleines Bieterverfahren“: Das Beleuchten aller denkbaren, von der Branche, der Größe und der Inhaberstruktur eines Unternehmens abhängigen Verfahrensspielarten bei vor- oder nachgeschalteter Due Diligence mit einer exklusiven oder mehreren Kaufparteien ist an dieser Stelle leider nicht möglich.

Verloben

Auf Basis der

• wirtschaftlichen (Kaufpreis, Kaufpreiskomponenten, Zahlungsziele etc.),

• konzeptionellen (Synergien, Art der Käufer: Buy & Hold, Buy & Sell, Buy & Develop etc.)

• persönlichen (wie verstehen sich die handelnden Personen auf beiden Seiten etc.)

Parameter wird dann in aller Regel eine Verdichtung auf zwei bis drei Kaufinteressenten vorgenommen. Wichtig ist es, den Prozess zeitlich abgestimmt zu halten, nicht zu lange auf Informationen der einen oder anderen Kaufpartei zu warten, um die anderen Interessenten nicht zu verlieren. Liebe entsteht eben auch aus dem Moment heraus: Spontanität, Handlungsbereitschaft und Verbindlichkeit stehen hier ganz oben als relevante Kriterien für das Treffen einer Entscheidung für oder gegen eine Partei.

Anhand der genannten Parameter werden schließlich LOIs (Letter of Intent) vorgelegt, welche die Rahmenbedingungen für den Kauf bzw. den Kaufvertrag definieren. Diese sind in der Regel mit Exklusivität ausgestattet, d. h., es muss seitens des Unternehmensverkäufers eine Entscheidung getroffen werden, mit wem er den weiteren Weg nimmt. Der M&A-Berater kann an dieser Stelle Entscheidungshilfe leisten: Zum einen die mehr oder weniger harten Kriterien, welche für die Parteien sprechen, zusammenfassen, zum anderen auf seine Transaktionskenntnisse mit den einzelnen Parteien hinweisen. Dies sind vor allem Erkenntnisse über das Verhalten während der Due Diligence und der Phase der Kaufvertragsverhandlung. Die potenziellen Käufer können ihrerseits eventuell Referenzen aus früheren Zukäufen benennen, welche das Bild und eine Entscheidung zu ihren Gunsten abrunden. Unter dem Strich muss aber der Unternehmensinhaber die Absichtserklärung unterzeichnen und damit ganz klar bekunden, dass er – sofern alle Bedingungen des LOIs eintreten – die Heirat vollziehen mag. Mit anderen Worten: Der verkaufende Unternehmer geht eine Verlobung ein. Das Problem dabei bzw. die physische und psychische Hürde, die es zu nehmen gilt: Sex vor der Ehe ist nicht! Ausprobieren, ob alles passt, steht nicht im Raum!

Verheiraten

Was nun folgt, ist für viele Unternehmensverkäufer der reine Horror – mit Vertrauensfall rückwärts. Denn der potenzielle resp. kaufende Gemahl zeigt sich von seiner schlechtesten und intensivsten Seite. Er schickt Horten von Beratern zur Schlacht in einen eigens angelegten virtuellen Datenraum, führt die

• Commercial (Geschäftsmodell) Due Diligence

• Operational Due Diligence

• HR Due Diligence

• Financial Due Diligence

• Legal / Compliance Due Diligence

• Tax Due Diligence

• IT / Software Due Diligence

durch, hört nicht auf, weitere Unterlagen anzufordern, zu hinterfragen, Wissen zu saugen etc. Da es nahezu unumgänglich ist, den geplanten Unternehmensverkauf auch zu diesem Zeitpunkt noch geheim zu halten, können nur selten Mitarbeiter eingeweiht und bei den Vorbereitungen/Durchführung der Due Diligence involviert werden. Mit dem Ergebnis, dass es zu einer ca. sechs- bis zwölfwöchigen extremen Belastungssituation des verkaufswilligen Unternehmers kommt, an dessen Ende stark angegriffene Nerven stehen. Gerade dann aber muss der Kaufvertrag ausgehandelt werden, oftmals von Anwälten auf beiden Seiten, die den Eindruck machen, eine Transaktion eher torpedieren als ermöglichen zu wollen. Diese Phase ist mit Sicherheit die kritischste überhaupt, hier scheitern die meisten Transaktionen. Just an dieser Stelle ist der volle Einsatz des M&A-Beraters gefragt: Den Prozess im Griff zu behalten, Tag und Nacht, auch am Wochenende, die mit Sicherheit aufkommenden Differenzen auszumoderieren, die passenden Inhalte oder Argumente zu liefern. Einerseits ganz klar zu seinem Mandanten stehend, andererseits eben auch den Zugang zum Käufer offen zu halten. Am Ende dieses Prozesses steht die beidseitige Unterschrift: Käufer und Verkäufer zeichnen zumeist notariell den Kaufvertrag resp. sie heiraten.

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Gastautor

Michael Hoh
Michael Hoh
Partner M&A
ascon Mergers & Acquisitions

 

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