Der Unterschied zwischen Unternehmenswert und dem realen Verkaufspreis einer Firma

In den kommenden Jahren sind aufgrund des Eintritts der geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand überdurchschnittlich viele Firmen zu verkaufen, weil eine familieninterne aus den verschiedentlichsten Gründen zunehmend ausfällt. Hat ein Unternehmer nach vielen Gesprächen innerhalb der Familie irgendwann den Entschluss gefasst, sein Lebenswerk zu verkaufen, macht er sich spätestens dann Gedanken über den Wert seines Unternehmens und wie man ein solches Verkaufsvorhaben sinnvollerweise angeht.

Zwei Waagen mit Dokumenten zu Unternehmenswert und Verkaufspreis

Den Wert eines Inhaber geführten Unternehmens halbwegs korrekt und sachlich richtig zu ermitteln, ist alles andere als trivial und ist für einen nachfolgenden erfolgreichen Unternehmensverkauf von zentraler Bedeutung. In aller Regel findet hier anfangs immer ein vertraulicher Austausch zwischen Unternehmer und Steuerberater statt, welcher hier manchmal gut helfen kann, in der Praxis leider oftmals wenig bis gar keine Hilfestellung darstellt, weil ihm zum einen meistens Marktkenntnis fehlt, im Extremfall sogar die Kenntnis darüber, wie man ein Unternehmen richtig bewertet. Dies ist in Deutschland eigentlich über das Verfahren IDW S1 und Vereinfachungen davon klar geregelt und man kann sich mit der sog. Multiplikatormethode (bei richtiger Anwendung) vglw. einfach und schnell eine ungefähre Wertbandbreite selbst ermitteln. Einen wirklich belastbaren Unternehmenswert erhält man aus nachvollziehbaren Gründen i.d.R. nur von einer markterfahrenen M&A Beratung, weil eine solche Bewertung eben nicht nur eine bloße Durchführung von Berechnungen darstellt.

So oder so findet man dann zu einem Unternehmenswert, in aller Regel eher zu einer Wertbandbreite, in welcher mit einer vglw. hohen Wahrscheinlichkeit ein geplanter Unternehmensverkauf durchgeführt werden kann. Mit einer solchen Kenntnis erwarten Unternehmer im Zuge einer dann durchzuführenden Vermarktung auch, genau diesen Unternehmenswert vollständig als Kaufpreis zum Übergabezeitpunkt zu erhalten. Dies ist ein absoluter Fehlglaube und findet so in dieser Form fast niemals statt! 
Durch die i.a. große Abhängigkeit des Unternehmenserfolges von der Person des Unternehmers, verständigt man sich regelmäßig über Übergangszeiträume nach erfolgtem Verkauf, in welchen der Unternehmer weiter als Geschäftsführer oder beratend tätig ist und man gemeinsam versucht, das Ausscheiden des Inhabers sukzessive zu kompensieren. Es dürfte klar sein, dass sich in dieser Übergangsphase dabei kein Unternehmenskäufer alleine auf das Wohlwollen des Verkäufers verlassen wird, sondern sein Millionen schweres Investment durch allerlei Sicherungsmechanismen absichern möchte.

Diese sind bspw. sogenannte „earn out“ Regelungen, bei denen der Unternehmer zum Übergabezeitpunkt nur einen Anteil (bspw. 50-80%) vom Gesamtkaufreis erhält und den Rest des Kaufpreises in der Gesamthöhe abhängig von der Erreichung von bestimmten Unternehmenszielen (i.d.R. Betriebsergebnis) in den nachfolgenden 2-3 Jahren erhält. Solche Regelungen finden mittlerweile mehrheitlich bei allen Unternehmensverkäufen statt. Ebenso verlangt man (insb. finanzierende Banken) auch vom Unternehmer oftmals ein sog. nachrangiges Verkäuferdarlehen (10-20% der Kaufsumme) als Bekenntnis zur Transaktion, welches meistens erst nach 5-8 Jahren zurückgeführt wird, dafür aber vglw. gut verzinst wird. Als Nebeneffekt kann dieses meistens auch als Sicherung für abzugebende Garantien im Unternehmenskaufvertrag verwendet werden, ansonsten bedarf es an dieser Stelle auch entsprechender Bürgschaften (10-50%),  welche Anteile des Gesamtkaufpreises für den Zeitraum (i.d.R. 2 Jahre) der Bürgschaften blockieren.

Sehr gerne nötigt man dem Unternehmensverkäufer auch eine verbleibende Minderheitsbeteiligung, oder eine Rückbeteiligung am Erwerberunternehmen ab. Dies kann für den Unternehmensverkäufer je nach Gestaltung sehr lukrativ sein.

Schlussendlich bleibt als die wesentliche Variable dann der komplette Transaktionswert als Gesamtpackage der vorgenannten Elemente. Der gesamte Transaktionswert kann dabei höher oder niedriger sein, als der zuvor ermittelte Unternehmenswert. Dies ist praktisch ausschl. davon abhängig, wie erfolgreich zuvor eine entsprechende Vermarktung stattgefunden hat, wie sich ggf. gerade die aktuelle Marktsituation darstellt und man mit seinem eigenen Verkaufsprojekt vlt. auch gerade zur rechten Zeit am rechten Ort ist. Je nachdem, wie man hier agiert hat, fällt das Ergebnis manchmal sehr erfreulich, manchmal aber auch sehr ernüchternd aus. Hier gilt es für jeden Unternehmer, sich genau zu überlegen, wie und mit wem zusammen er ein solches Vorhaben angeht. Die richtige Wahl entscheidet dabei über den Erfolg des i.d.R. wichtigsten kommerziellen Vorhabens im Leben eines Unternehmers! 

Dieser Fachbeitrag ist zuerst im Dezember 2024 im „UNTERNEHMERGEIST” (online und Print) erschienen.

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