Unternehmensnachfolge in Handel und Handwerk

Bedeutung und aktuelle Lage
Der deutsche Mittelstand ist stark von inhabergeführten Klein- und Familienunternehmen geprägt. Nach Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn stehen bis 2026 rund 190.000 Unternehmen vor einer Übergabe, wovon ein erheblicher Anteil in den Bereichen Handel und Handwerk tätig ist. Etwa die Hälfte dieser Betriebe findet keinen geeigneten Nachfolger. Beide Bereiche sind insbesondere durch lokale Verwurzelung und personengebundenes Know-how gekennzeichnet, was eine Übergabe zusätzlich erschwert.
Konjunkturelle Abschwächung und Nachfolgehemmnisse
Die seit 2023 spürbare konjunkturelle Abkühlung wirkt sich direkt auf die Nachfolgebereitschaft aus. Steigende Finanzierungskosten, sinkende Kaufkraft und Unsicherheiten über zukünftige Erträge dämpfen das Interesse potenzieller Übernehmer. Besonders im Einzelhandel, der durch strukturelle Veränderungen infolge von Online-Portalen wie „amazon“, dem Verschwinden von Kaufhausketten wie „Galeria-Kaufhof“ und veränderten Konsumgewohnheiten unter Druck steht, werden Geschäftsmodelle zunehmend hinterfragt. Viele Nachfolgeprozesse verzögern sich oder scheitern an unklaren wirtschaftlichen Perspektiven.
Demografischer Wandel und Fachkräftemangel
Der demografische Wandel ist eine der Hauptursachen für den Mangel an Nachfolgerinnen und Nachfolgern. Zahlreiche Unternehmerinnen und Unternehmer der Babyboomer-Generation erreichen das Rentenalter, während die Zahl junger Menschen, die eine Selbstständigkeit im Handwerk oder Handel anstreben, sinkt. Laut Zentralverband des Deutschen Handwerks bleiben rund ein Drittel der Handwerksbetriebe ohne Nachfolgelösung (vgl. ZDH, 2024). Zudem nimmt die Attraktivität der Selbstständigkeit im Verhältnis zu einer abhängigen Beschäftigung ab – vor allem aufgrund des wahrgenommenen finanziellen Risikos und der zunehmenden bürokratischen Belastung.
Auswirkungen auf Unternehmenswerte und Verkaufspreise
Diese Entwicklungen wirken sich unmittelbar auf die Bewertung und Veräußerbarkeit von Unternehmen aus. Der Mangel an Interessenten führt vielerorts zu einem Käufermarkt. Besonders kleinere Betriebe, die stark von der Inhaberperson abhängen, erzielen häufig im besten Fall den Substanzwert. Auch Unsicherheiten über künftige Umsätze sowie Investitionsbedarfe zur Digitalisierung und Modernisierung mindern die Unternehmenswerte. In der Folge werden Übergaben zunehmend stufenweise gestaltet oder mit alternativen Finanzierungsmodellen kombiniert.
Unterstützung durch spezialisierte Beratungsunternehmen
Zur Bewältigung dieser Herausforderungen gewinnen spezialisierte Beratungsunternehmen an Bedeutung. Beratungen wie EUROCONSIL unterstützen Betriebsinhaber dabei, den Übergabeprozess strukturiert zu gestalten – von der Wertermittlung über die Ansprache potenzieller Käufer bis hin zur Begleitung von Vertragsverhandlungen. Sie agieren als neutrale Vermittler, die ökonomische und emotionale Aspekte einer Nachfolge verbinden. Besonders für kleinere Betriebe ohne interne Nachfolge bieten solche Beratungen Marktkenntnis, Bewertungs-Know-how und organisatorische Unterstützung
Entstehung von Handwerkergruppen durch Investoren
Eine zunehmend zu beobachtende Entwicklung in der Nachfolgelandschaft ist die Schaffung von Handwerkergruppen durch Investoren. Private-Equity-Gesellschaften und Family Offices erwerben dabei mehrere kleinere Handwerksbetriebe einer Branche – etwa im Bereich Gebäudetechnik, Sanitär-Heizung-Klima oder Elektrotechnik – und bündeln diese unter einem gemeinsamen Dach. Ziel ist es, Skaleneffekte zu erzielen, Einkaufskonditionen zu verbessern, digitale Verwaltungsprozesse zu vereinheitlichen und eine stärkere Marktposition zu schaffen.
Diese „Buy-and-Build“-Strategien können einerseits Nachfolgelösungen sichern, indem sie Betrieben ohne familieninterne Nachfolge eine Übernahmeperspektive bieten. Andererseits verändern sie die traditionelle Struktur des Handwerks, das historisch durch regionale Eigenständigkeit und persönliche Kundenbeziehungen geprägt ist. Kritiker befürchten eine zunehmende Industrialisierung des Handwerks und eine Entfremdung von gewachsenen Betriebsstrukturen, während Befürworter auf die Chancen von Professionalisierung, Investitionsfähigkeit und Arbeitsplatzsicherung verweisen.
Perspektiven und Handlungsoptionen
Für eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge sind mehrere Faktoren entscheidend: frühzeitige Planung (idealerweise 3 bis 5 Jahre vor der Übergabe), eine realistische Unternehmensbewertung, die Einbindung externer Fachberatung sowie auch die Nutzung öffentlicher Förderprogramme. Erfolgversprechend sind zudem hybride Übergabemodelle, bei denen Übergeber und Nachfolger über einen definierten Zeitraum gemeinsam agieren, um Wissen und Kundenbeziehungen zu sichern.
Fazit
Die Unternehmensnachfolge im deutschen Handel und Handwerk steht an einem kritischen Punkt. Eine schwächelnde Konjunktur, der demografische Wandel und der Mangel an Nachfolgerinnen und Nachfolgern gefährden zahlreiche Betriebe in ihrer Existenz. Zugleich eröffnen professionelle Nachfolgebegleitung, staatliche Förderinstrumente und neue Investorenmodelle wie Handwerkergruppen realistische Perspektiven. Spezialisierte Beratungen wie EUROCONSIL tragen dazu bei, Nachfolgeprozesse effizient und transparent zu gestalten und damit die Kontinuität des Mittelstands in Deutschland langfristig zu sichern.
