Zielabgleichung - Wollen Verkäufer und Käufer tatsächlich das Gleiche?

Bei einer Unternehmenstransaktion verfolgen Käufer und Verkäufer ihre eigenen Ziele. Doch um erfolgreich zu einem Ergebnis zu kommen, müssen sich beide Seiten einig werden. Worauf sollten beide Seiten achten damit das Geschäft gelingt und wie kann ein Eisberg dabei helfen?

Zielabgleichung - Wollen Verkäufer und Käufer tatsächlich das Gleiche?
Erfolgreiche Kaufverhandlungen: Damit die Unternehmensnachfolge gelingt, ist Klarheit über die eigenen Ziele und Bedürfnisse sowie auch der anderen Seite von Vorteil. (Foto: Artur Matosyan/Unsplash)

Als „Hassliebe“ wird eine starke emotional ambivalente Beziehung bezeichnet. Einen Zustand sich widersprechender Wünsche, Gefühle und Gedanken, die gleichzeitig nebeneinander existieren und zu inneren Spannungen führen. Auch bei einem Unternehmensverkauf befinden sich Verkäufer und Käufer häufig in einem Wechselbad der Gefühle. Das liegt oft an unterschiedlichen Zielen. Die Ursache für unsere Ziele sind meist unerfüllte Bedürfnisse. Ziele liegen in der Zukunft. Bedürfnisse in der Gegenwart.

Treffen ein Verkäufer eines Unternehmens und ein Kaufinteressent aufeinander, trifft in 99% der Fälle auch eine unterschiedliche – meist unerfüllte - Bedürfnislage aufeinander, worüber sich die wenigsten bewusst sind. Diese Spannungslage ist dann Nährboden für Konflikte. Je früher dieses erkannt wird, umso eher hat man die Chance den Prozess abzubrechen oder die richtigen Weichen zu stellen, damit dem Gang zum Notar nichts mehr im Wege steht.

Zum genaueren Verständnis dieses besonderen Verhältnisses hilft das Freud’sche Eisberg-Modell. Der sichtbare Teil repräsentiert mit etwa 10 % unsere bewusste Wahrnehmung: Zahlen, Daten, Fakten – Resultate von Entscheidungen. Der nicht sichtbare Rest unter der Wasseroberfläche stellt dar, was uns unbewusst ist, wir verdrängt oder in automatische Reaktionsmuster konditioniert haben. Bedürfnisse, Werte, Gefühle – Ursache von Entscheidungen.

Bedürfnisse lassen sich mit den sogenannten 4 P’s in vier Kategorien einteilen und beschreiben:

Pride - Image, Stolz und Anerkennung

Profit - Geld sparen, Geld gewinnen, mehr Umsatz, weniger Kosten

Pleasure - Spaß, Anregung, Freude

Peace - Bequemlichkeit, Sicherheit, Komfort, gut schlafen

 Zielabgleichung - Wollen Verkäufer und Käufer tatsächlich das Gleiche?
Wie beim Eisberg schlummern unter der Oberfläche auf beiden Seiten verborgene Wünsche und Bedürfnisse.

Kaufverhandlungen werden nicht dadurch erfolgreich, weil jeder auf seinen Positionen beharrt, sondern durch das Interesse für die anderen Seite. Die 4 P’s ermöglichen über die richtigen Fragen, mehr über die Gegenseite herauszufinden. Geht es doch nie um das Unternehmen per se, sondern zu welcher Bedürfniserfüllung es beiträgt.

Was bedeutet dies konkret im Verkaufsprozess?

Hinter einem hohen Kaufpreis (Ziel) steckt vielleicht eine ungesicherte Altersvorsorge (Bedürfnis: Sicherheit = Peace) oder die Antipathie zu einem Kaufinteressenten (Bedürfnis: Pleasure = Freude). Ein Anderer leidet an Überforderung durch den stressigen Unternehmeralltag oder ist krank (Bedürfnis: Peace = Ruhe). Der Kaufpreis spielt hier eine sekundäre Rolle. Er will schnell verkaufen und raus aus der Verantwortung. Wer Ruhe sucht, will langfristig auch nicht mehr mit dem Unternehmen emotional verbunden sein. Mannigfache Garantiezusagen im Kaufvertrag, Earn-Out-Regeln oder ein Verkäuferdarlehen sprechen eher gegen sein Bedürfnis der Ruhe.

Das wohl häufigste „P“ auf der Verkäuferseite ist wohl „Pride“. Das ist die tägliche Anerkennung, der Stolz auf das Lebenswerk und das Gefühl gebraucht zu sein. Findet dieser Verkäufertyp keine positiv besetzte Zukunft und schafft es nicht loszulassen, können sich die Verkaufsverhandlungen schon mal extrem in die Länge ziehen oder auch nie gelingen.

Gleiches gilt auf der Käuferseite. Dominiert der Sicherheitsgedanke (Bedürfnis: Peace = Ruhe), darf die Finanzierung nicht mit der heißen Nadel gestrickt sein, muss das Geschäftsmodell hohe Chancen bieten und möglichst in den letzten Jahren nachweisbar sein. Ist das klassische „UnternehmerGen“ dominant, können sich dahinter die Lust am Geldverdienen (Bedürfnis: Profit) und an der gestalterischen Freiheit (Bedürfnis: Pleasure) verbergen.

Käufer und Verkäufern sei gleichermaßen geraten, sich Ihrer Bedürfnislage proaktiv bewusst zu werden. Die 4 P’s geben Orientierung, um die andere Seite besser kennenzulernen. Erst dieser Perspektivwechsel stellt sicher, dass das Objekt der Begierde das richtige Bedürfnis befriedigt. Stellen Sie Lippenbekenntnisse frühzeitig auf die Probe und vereinbaren schriftlich in einem Letter of Intent (LOI) was überhaupt zum Verkauf steht und zu welchen Konditionen.

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Die Autoren

Roland Greppmair und Holger Habermann sind Partner von K.E.R.N – Die Nachfolgespezialisten in München und Spezialisten für Unternehmensverkauf oder Unternehmenskauf im Mittelstand.

Weitere Informationen erhalten Sie in den Profilen. Klicken Sie dafür auf die Autorenbilder.

Holger Habermann Roland Greppmair

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