Die Chance der Veränderung nutzen

Wie das Unternehmen erfolgreich an den Nachfolger übergeben wird

Viele Unternehmenslenker – insbesondere im Mittelstand – beschäftigen sich nur ungern mit der Frage der eigenen Nachfolge. In der Regel sind es die Ungewissheiten der persönlichen Zukunft, die Angst vor dem unbekannten Übergabeprozess sowie die fehlende Abgabebereitschaft, die unüberwindbar scheinen. In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass ein wesentlicher Faktor dazu beiträgt diese herausfordernde Aufgabe zu meistern: die langfristige Planung des Projekts „Unternehmensübergabe“. Es ist jedoch ein Trugschluss zu glauben, dass diese mit der Kaufvertragsunterzeichnung und dem erfolgreichen Abschluss der Transaktion endet. Ob die Übergabe letztlich erfolgreich ist, hängt ganz entscheidend von der praktischen Übergabe des Unternehmens an den Nachfolger ab.

Als erfahrene Führungskraft hat unser Mandant vor wenigen Wochen die Nachfolge in einem familiengeführten Heizungs- und Sanitär-Unternehmen angetreten. Nach einigen Jahrzehnten der Unternehmensführung war für den Verkäufer der Zeitpunkt der Schlüsselübergabe gekommen. Im Mittelpunkt stand für ihn ein Ziel: die erfolgreiche Weiterführung und Entwicklung des Unternehmens. Eine interne Nachfolge war nicht möglich. Nach den ersten Gesprächen stand für ihn fest: mit diesem Kauf-Interessenten hatte er den passenden Partner für das Übernahmevorhaben gefunden. Rückblickend sind sich beide einig: „Nicht zuletzt dank der Erfahrung unserer Berater haben wir sehr früh realisiert, dass es einige wichtige Punkte gibt, die es von Anfang an für beide Seiten zu berücksichtigen gilt, um erfolgreich ans Ziel zu kommen: die Veränderung als Chance sehen, die klare Rollenverteilung im Prozess abbilden sowie frühzeitig das Vertrauen aller Beteiligten gewinnen und sichern.“

Veränderung als Chance wahrnehmen

Eine Unternehmensnachfolge ist für alle Beteiligten ein sehr intensiver und langwieriger Prozess. Die richtige Einstellung im Vorfeld ist hier eine wesentliche Kraftquelle. Entscheidend ist es, die Veränderung nicht als Bedrohung, sondern als Chance wahrzunehmen und zu ergreifen. Dem Unternehmer öffnet sich der Weg in einen neuen Lebensabschnitt mit neuen Perspektiven, für lange vernachlässigte oder neue Hobbys und Interessen, für die Familie und das gesamte soziale Umfeld. Mit der Übergabe des Unternehmens in neue Hände erfährt dieses neue Impulse und Veränderungspotenziale auf dem Weg zu weiterem Erfolg und Wachstum. Für den externen Nachfolger ist die neue Aufgabe Chance und Herausforderung zugleich: „Das Gefühl, die Verantwortung für ein wertvolles Erbe zu übernehmen und dieses erfolgreich weiter zu führen, verleiht mir zugleich ungeheuer viel Respekt und Energie.“

Rollen und Aufgaben festlegen

Die wohl größte Herausforderung im Prozess der Übergabe ist es, die aktive Unternehmensleitung in neue Hände zu geben. Für Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten gibt es oft seit Jahrzehnten nur einen zentralen Ansprechpartner: der Firmeninhaber. Umso wichtiger für den Erfolg des Nachfolgers – und somit auch für die Zukunft des Unternehmens - ist es, diesem den Freiraum für eigenes Entscheiden und Handeln zu überlassen.

Zugleich ist der Übergang des Verkäufers in die beratende und begleitende Rolle essentiell, um das bestehende Vertrauen zu allen Akteuren nicht zu gefährden. Sind die Rolle des Nachfolgers und die damit einhergehenden Aufgaben nicht klar von den neuen Rollen und Aufgaben des Übergebers abgegrenzt oder haben die beteiligten Akteure auch nur ein unterschiedliches Verständnis von den jeweiligen Rollen und Aufgaben, wird dies zu Konflikten führen. Die Einbindung externer Berater ist hier notwendig, um diese Neuverteilung zeitnah und strukturiert in Angriff zu nehmen. So berichtet der neue Firmenlenker: „In den ersten Wochen haben unsere Berater uns zu regelmäßigen Gesprächen und Aufgabenabstimmungen motiviert und uns bei diesen begleitet. So haben wir uns beispielsweise rechtzeitig dazu abgestimmt, wer die tägliche Einweisung der Serviceteams sowie die monatliche Steuerung der Meister übernimmt, wer für Rückfragen des Steuerberaters zuständig ist und wer letztlich Verbandsarbeit leistet - stets mit dem gemeinsamen Ziel vor Augen: den Übergang in der Unternehmensführung so reibungslos und erfolgreich wie möglich gestalten.“

Vertrauen schaffen

Ein wichtiges Ziel bei der Übergabe des Unternehmens ist es, alle Beteiligten „ins Boot zu holen“. Die gezielte Kommunikation in Inhalt, Art und Zeitpunkt hat sich als ein zentraler vertrauensbildender Baustein gezeigt. So wurde in dem genannten Fall der Nachfolger nach Abschluss der Transaktion zeitnah im Rahmen einer Mitarbeiterversammlung formal vorgestellt. Die Mitarbeiter gewannen so direkt einen persönlichen Eindruck des neuen Firmenlenkers. Im Anschluss folgten separate Gespräche mit den Führungskräften. Die ebenfalls äußerst erfolgskritische Kommunikation mit Kunden und Lieferanten erfolgte sukzessive im Rahmen persönlicher durch den Altinhaber initiierter Gespräche. Nicht zu Unrecht fasst der Verkäufer stolz zusammen „Für den Nachfolger ist in diesem Teil des Prozesses die Unterstützung durch den scheidenden Unternehmer unabdingbar. Nur wenn es ihm gelingt, sein Vertrauen in den Nachfolger glaubhaft nach außen zu vermitteln, wird das Vertrauen und die Sicherheit aller Beteiligten gestärkt.“

Zur Autorin

Gerlinde Baumer ist Partnerin der omegaconsulting GmbH.

Gerlinde Baumer

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