Zugang zu Kapital für frauengeführte Unternehmen

Der Anteil der Gründerinnen von Start-ups liegt hierzulande derzeit bei lediglich 17,7 Prozent, die Gründerinnenquote allgemein ist mit 38 Prozent weiterhin rückläufig. Ein Grund dafür ist der Zugang zu Kapital für frauengeführte Unternehmen und Start-ups.Zugang zu Kapital für frauengeführte UnternehmenAktuelle Zahlen zeigen es deutlich: Von Frauen geführte Unternehmen haben im Vergleich zu solchen mit männlicher Chefetage seit Jahren größere Probleme, eine Finanzierung zu erhalten. Vor allem wenn es um hohe Beträge geht, ist es schwierig für Frauen, an Kapital zu kommen. Somit zeigen sich insbesondere in der Finanzierung von Unternehmen klare Benachteiligungen von Unternehmerinnen und Gründerinnen durch „Gender Bias“ in Investmentprozessen, also durch die Denkmuster in Stereotypen, die letztlich dazu führen, dass gleiche Geschäftsideen unterschiedlich bewertet werden, wenn sie von einer Frau oder einem Mann kommen.

Nach Analysen der Initiative #startupdiversity spielen dafür eine Reihe von Faktoren eine Rolle: So werden Gründerinnen von potenziellen Investor*innen mit anderen Fragen konfrontiert als Gründer: Männer erhalten meist die Möglichkeit, über ihre Visionen für die Zukunft zu sprechen – Frauen sollen dagegen häufiger Auskunft zum aktuellen Kundenstamm geben und konkrete Finanzprognosen liefern. Aber auch die Zusammensetzung der Investorenteams, die oftmals rein männlich besetzt sind, tragen zu einer Benachteiligung von Unternehmerinnen und Gründerinnen bei.

Darüber hinaus gründen Frauen häufig anders als Männer – mit langfristigen Wachstumszielen oder gemeinwohlorientiertem Unternehmenszweck – und bedienen damit oftmals die Kriterien von Venture Capitals (VCs), wie schnelles Wachstum, nicht.

Um den „Gender Bias“ zu überwinden, braucht es spürbare Veränderungen bei Venture Capitals, Fördermitteln des Staates und dem Zugang zu klassischen Bankkrediten für Unternehmerinnen. Denn durch eine Verbesserung der Zugangsmöglichkeiten zu Kapital für frauengeführte Start-ups und Unternehmen in der Gründungs- und Wachstumsphase kann die Zahl der Unternehmerinnen gesteigert und damit mehr Vielfalt im Unternehmertum erreicht werden. Nicht zuletzt ist dies auch im wirtschaftlichen Interesse von Hausbanken, Venture Capitals und Investor*innen. Denn Unternehmen mit Frauen im Führungsteam und Start-ups mit Frauen im Gründungsteam sind nachweislich langfristig erfolgreicher als reine Männerteams.

Dem Staat kommt dabei eine besondere Vorbildrolle als öffentlicher Kapitalgeber zu. Gleiches gilt für die Hausbanken als Vermittler. Es bedarf dringend eines separaten staatlichen Fonds für Gründerinnen und eine Gründerinnenquote bei Fördermitteln des Bundes und der Länder. Der separate staatliche Fonds könnte beispielsweise in Form eines Evergreen-Fonds ohne feste Laufzeit ausgestaltet sein und sich speziell an Gründerinnen richten, indem er sich stärker an langfristiger Profitabilität sowie sozialem Mehrwert orientiert. Des Weiteren ist eine Mindestquote von 30 Prozent für die leitenden Positionen im Investment-Team öffentlicher Venture Capital-Gesellschaften erforderlich, sodass öffentliche Investoren ihrer Vorbildfunktion gerecht werden.

Eine Handelsregisterauswertung von startupdetector zeigt, wie groß die Kluft zwischen Männern und Frauen in der Investmentszene noch immer ist: Der Frauenanteil beläuft sich in Deutschland auf niedrige 12,9 Prozent – 6.682 männlichen Business Angels stehen nur 864 Angel-Investorinnen gegenüber. Auch bei der Betrachtung der Wagniskapitalfirmen fällt auf, dass Deutschlands Finanzwirtschaft in Sachen Geschlechterparität großen Aufholbedarf hat. Laut einer Studie der Boston Consulting Group werden 96 Prozent der deutschen Wagniskapitalunternehmen ausschließlich von Männern geführt. Unter den Top-3-Risikokapitalgeber*innen Deutschlands findet sich auf oberster Entscheidungsebene nur eine einzige Frau. Es ist entscheidend, die Zugänge zu solchen Schlüsselpositionen für Frauen zu verbessern.

Die Tatsache, dass nun erstmalig in einem Koalitionsvertrag einer Bundesregierung der Problematik um den erschwerten Zugang zu Kapital für Frauen Rechnung getragen wird, ist erfreulich. Es ist positiv zu bewerten, dass die Ampel-Koalition Maßnahmen ergreifen will, damit Frauen stärker in den Investment-Komitees staatlicher Fonds und Beteiligungsgesellschaften vertreten sind und der Zugang zu Wagniskapital für Gründerinnen sichergestellt werden soll. Entscheidend wird sein, wie sie dies umsetzen und ob private Kapitalgeber dem Vorbild folgen werden.

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Gastautorin

Jasmin Arbabian-Vogel
Jasmin Arbabian-Vogel
Präsidentin
Verband deutscher Unternehmerinnen e.V. (VdU)

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