Kaufpreisoptimierung: „Klassisches“ M&A-Bieterverfahren oder bilaterale Verhandlungen?

Ein M&A-Verkaufsprozess sollte auf die jeweilige Situation optimal zugeschnitten sein. Neben dem klassischen Bieterverfahren können bilaterale Verhandlungen mit nur einer Partei eine attraktive Alternative darstellen.„Klassisches“ M&A-Bieterverfahren oder bilaterale Verhandlungen?

Bewertungsansatz als Ausgangspunkt: quantitativ vs. qualitativ

Auch bei Transaktionen im Mittelstandsumfeld werden kennzahlenbasierte Bewertungsmodelle angewendet, mit dem Ziel, den vermeintlich richtigen Unternehmenswert zu ermitteln.

Die DCF-Methode zielt auf die künftigen Cashflows des Unternehmens ab und versucht, die Zukunft mit historischen Daten durch Annahmen und Planungen zu interpolieren; mit abnehmender Unternehmensgröße wird jedoch der Blick in die „Glaskugel“ zunehmend trüber. Häufig werden daher multiple-basierte, vergangenheitsorientierte Verfahren eingesetzt. Die einfache Technik ist jedoch mit mehreren konzeptionellen Schwachstellen behaftet. Allein durch den Ausgangspunkt des „Law of one price“ setzt dieses Verfahren in seinem Kern eine Gegenüberstellung von identischen Unternehmen voraus. Mangels geeigneter Vergleichsobjekte werden ersatzweise häufig durchschnittliche, größenunabhängige Multiples einer ganzen Branche herangezogen.

Es sei dahingestellt, inwieweit quantitative bzw. finanzmathematische Bewertungs¬methoden allein zu einem für alle Beteiligten optimalen Ergebnis führt. Sicherlich haben die vielen unterschiedlichen Methoden und Bewertungsverfahren alle ihre Daseinsberechtigung und mit zunehmender Unternehmensgröße werden auch die quantitativen Methoden präziser.

Aus unserer Sicht gehen jedoch besonders im Mittelstand bzw. im SME-Segment sehr häufig wesentliche Kaufpreis- bzw. bewertungsrelevante Aspekte verloren. Unter anderem greifen Risikoprofile zu kurz, Nischenpositionen werden kaum bewertet und das Marktpotenzial wird oft zu eng eingegrenzt.

Der richtige Unternehmenswert kann unseres Erachtens nur mit entsprechender Berücksichtigung qualitativer Faktoren ermittelt werden. Die Herausforderung liegt darin, den richtigen Partner bzw. Käufer zu finden. Dieser muss a) das Geschäftsmodell, die Besonderheiten der Nische sowie das Marktumfeld verstehen, b) in der Lage sein, das Unternehmen innerhalb dieses Rahmens zu entwickeln und c) bereit sein, diese Chancen und Potenzial entsprechend zu bezahlen.

Das M&A-Bieterverfahren: Der Regelfall

Im Rahmen eines M&A-Prozesses wird für gewöhnlich ein breit angelegtes Bieterverfahren durch einen erfahrenen Verkaufsexperten veranstaltet; eine möglichst weitreichende Ansprache potenzieller Erwerber wird in der Lehre als Garant zur Erzielung hoher Verkaufserlöse bei gleichzeitig bestmöglicher Transaktionssicherheit angesehen.

Durch die Ansprache und Teilnahme von sowohl Finanzinvestoren als auch strategische Erwerber (darunter auch Wettbewerber!) erhöht sich zwar die Chance, dass sich ein Käufer aus dem Verkaufsprozess ergibt. Zugleich grenzt dieses Format durch den Mangel an bilateraler „Intimität“ die Bereitschaft des Verkäufers zur hohen Transparenz (z.B. Kundennamen/-struktur) im Due Diligence-Prozess sehr stark ein. Oftmals werden zentrale qualitative Merkmale des Unternehmens weder ausreichend beleuchtet noch gewürdigt.

Ferner können im breit angelegten Verkaufsprozess insbesondere Werks- und Standortbesuche durch eine Anzahl möglicher Erwerber zu Nervosität führen: schnell spricht sich die Veräußerung in der eigenen Branche herum; sowohl Kundschaft, Lieferanten als auch Belegschaft machen sich Gedanken, ob der prospektiv erfolgreiche Bieter für den Fortbestand des Unternehmens dann auch der Richtige ist. Ein Unternehmensverkauf mit – per Definition – unklarem Ausgang kann zu weitreichenden Irritationen führen, was sich im schlimmsten Fall in einer Abwanderung vorgenannter Stakeholder auswirken kann.

Was wäre eine Alternative? Der bilaterale Verkaufsprozess

Gerade beim Verkauf von mittelständischen Familienunternehmen, die einen M&A-Prozess vermutlich nur einmal in deren Unternehmerdasein erleben, ist ein „schonenderer Umgang“ mit der Organisation und allen Beteiligten opportun. Als Alternative zum kompetitiven Verkaufsprozess, können bilaterale Gespräche mit (vorerst) nur einer Partei eine valide Option darstellen. Unter Einräumung einer zeitlich begrenzten Exklusivität, die für beide Seiten Planungssicherheit darstellt, kann man sich zunächst gegenseitig besser kennen und schätzen lernen und so herausfinden, ob ein strategischer, kultureller oder anderweitiger Fit besteht. Gemeinsam können so die passende Strategie, die passenden Strukturen und somit auch ein fairer Kaufpreis bzw. eine adäquate Bewertung für alle Beteiligten gefunden werden.

Der Prozess kann hierbei an die „Taktgeschwindigkeit“ der Organisation angepasst werden, ohne das Tagesgeschäft in Mitleidenschaft zu ziehen. Die Wahrung der Vertraulichkeit läuft aufgrund der Weitergabe potenziell sensibler Unternehmensdaten geschmeidiger ab. Vielfach kann aufgrund des „entspannteren Timings“ auch ein höheres Maß an Transparenz bzgl. wettbewerbssensitiver und qualitativer Faktoren geschaffen werden, welches gerade für die Verkäuferseite vorteilhaft sein und sich auch in der Bemessung eines adäquaten Kaufpreises widerspiegeln kann.

Würdigung der beiden Verfahren

Der richtige Verkaufsprozess hängt ganz vom Unternehmen und seiner jeweiligen Situation ab. Die Risiken eines bilateralen Verkaufsprozesses sind nicht zu vernachlässigen: springt der eine Interessent ab, geht der Prozess von vorne los. Gegebenenfalls fehlt dem Veräußerer auch die Vergleichsfähigkeit der angebotenen Transaktionsstruktur.

Unseres Erachtens liegt demnach die Herausforderung eines Verkaufsprozesses insbesondere darin, das Spannungsfeld zwischen Transaktionssicherheit, Kaufpreis, Belastung der Organisation, Auswirkung auf die unterschiedlichen Stakeholder sowie Transparenz unter Wahrung der Vertraulichkeit optimal in Einklang zu bringen.

Dies kann durch einen versierten M&A-Berater, der die Gesamtklaviatur beim Unternehmensverkauf beherrscht, mitigiert werden. Dieser kann die Interessen sowohl im organisierten Bieterverfahren als auch alternativ im exklusiven Verkaufsprozess vertreten und abwägen.

Die PEBCO Aktiengesellschaft ist eine Unternehmensberatung und ein Consultingdienstleister für Strategie, Märkte, betriebswirtschaftliche Prozesse und Finanzen. Die Gestaltung von Nachfolgeprozesses und deren aktive Realisierung ist hierbei ein zentrales Thema. Als „Enabler für den Mittelstand“ tritt die Gesellschaft bewusst als Generalist auf, um so ganzheitliche Lösungen zur Überwindung von Wachstumshürden zu entwickeln. Seit der Gründung im Jahr 2015 ist die PEBCO AG inzwischen auf vier Partner gewachsen, unterstützt von einem stabilen Unterbau an Senior und Junior Consultants. Die in den letzten Jahren weiter ausgebauten Bereiche Financial Advisory, M&A sowie Private Equity komplettieren das Leistungsspektrum des Unternehmens.

Nach oben

Gastautoren

Carsten Fetzner Senior Partner PEBCO Aktiengesellschaft
Carsten Fetzner
Senior Partner
PEBCO Aktiengesellschaft
precise.consulting

Kristian Bredesen Senior Consultant PEBCO Aktiengesellschaft
Kristian Bredesen
Senior Consultant
PEBCO Aktiengesellschaft
precise.consulting

DUB-Themennewsletter ✉

Mit dem Themennewsletter der Deutschen Unternehmerbörse erhalten Sie alle wichtigen Informationen aus der Welt der Unternehmensnachfolge regelmäßig per E-Mail. Einmal pro Monat senden wir Ihnen Fachbeiträge, Informationen zu aktuellen Veranstaltungen sowie ausgewählte Verkaufs- und Franchiseangebote.

Jetzt abonnieren!