Externe Unternehmensnachfolge im Mittelstand:

Warum zählen, messen, wiegen doppelt lohnt!


Wie blickt ein Investor auf ein Zielunternehmen? Was sind Risiken? Wie können sie gemindert werden? Leistungskennzahlen zeigen einem Kaufinteressenten die Potenziale eines zum Erwerb stehenden Unternehmens auf. Gleiches gilt selbstverständlich auch für den Verkäufer.Externe Unternehmensnachfolge im Mittelstand: Warum zählen, messen, wiegen doppelt lohnt!

Im vergangenen Herbst schilderte ein Handwerker im Erstgespräch sein Geschäftsmodell in schillernden Farben. Sehr gute Auftragslage, große bonitätsstarke Kunden mit langjähriger Bindung, drei voneinander unabhängige Leistungen, fast fünfzig motivierte Mitarbeiter, vier Millionen Euro Jahresumsatz und die Kaufpreisvorstellung wurde mit Faktor 0,5 vom Umsatz angegeben. Der Nachfrage zum erwarteten Ergebnis für das laufende Jahr wurde entgegnet: „Das ist schwer zu sagen. Das Handwerk ist meine Leidenschaft, das Kaufmännische eher weniger.“ Ein Blick in den letzten Abschluss fiel dann ernüchternd aus: EBIT-Marge ~ 1%. Dieses Beispiel ist leider kein Einzelfall.

Wie blickt ein Investor auf ein Zielunternehmen?

Ein Investor ist mit dem Erwerb eines Unternehmens bereit ein Wagnis einzugehen. Aus den zukünftigen Gewinnen muss er den Kapitaldienst leisten (Zins und Tilgung) und er erwartet auf die eingesetzten Eigenmittel eine dem Risiko angemessene Verzinsung. Diese zukünftigen Gewinne sind aber keinesfalls sicher. Für umso wahrscheinlicher er es hält, diese auch tatsächlich erzielen zu können,

desto geringer wird sein Anspruch an die Höhe der erwarteten Gewinne sein oder

umso höher wird ein akzeptabler Kaufpreis ausfallen. Risiko, Gewinn und Kaufpreis stehen demzufolge in einem direkten Zusammenhang!

Was sind Risiken? Wie können sie gemindert werden?

Murphys Gesetz besagt: „Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.“ Erfreulicherweise ist nicht jedes Unglück gleich wahrscheinlich und ebenso wenig sind es die Folgen. Beide zusammengenommen beschreiben ein Risiko, auch bei Geschäftsmodellen. Ein Unternehmer versucht vorzusorgen und entscheidet deshalb vielleicht, mehrere Produkte anzubieten und/oder sich nicht nur auf wenige Großkunden zu konzentrieren. Bricht ein Produkt ein oder fällt ein Kunde aus, ist das leichter zu verkraften. Doch wie gut und stabil funktioniert dieses Geschäftsmodell?

Der Jahresabschluss und die BWA geben hierüber nur bedingt Aufschluss. Beide bilden ein Unternehmen in seiner Gesamtheit ab, ohne die Berücksichtigung der individuellen Besonderheiten. Hierunter leidet die Aussagekraft. Vielen Unternehmern des Mittelstandes genügt das dennoch, um erfolgreich zu sein. Die langjährige Erfahrung und der tägliche Umgang mit Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern verschaffen ihnen ausreichend Transparenz, um auch „aus dem Bauch“ gute Entscheidungen zu treffen. Ein Kaufinteressent ist hier im Nachteil. Er kennt vielleicht den Markt, nicht jedoch das Unternehmen und die Leistungsfähigkeit seiner Teilbereiche. Ihm fehlt diese Transparenz, was das Risiko eines Investments erhöht. Genau hier kann der Verkäufer im Sinne einer vorausschauenden Vorbereitung der Unternehmensnachfolge ansetzen.

Wie hoch fallen zukünftige Gewinne aus? Und wie sicher sind sie?

Zukünftige Gewinne können nur geschätzt oder systematisch abgeleitet und geplant werden. Sie spiegeln die Erwartungen des Planenden/Schätzenden über die Umsatz-, Margen- und Kostenentwicklung wider. Für den Kaufinteressenten sind diese Erwartungen aber mit höheren Risiken behaftet, da er über weniger Informationen verfügt. Vorteilhaft ist deshalb die Schaffung einer gemeinsamen, faktenbasierten Gesprächsgrundlage, die über den Jahresabschluss und die BWA hinausgeht. Die Rede ist von Leistungskennzahlen (Key Performance Indikator = KPI). Mit ihrer Hilfe werden Erfolg/Misserfolg eines Unternehmens und seiner Teilbereiche gemessen und sichtbar. Im Rahmen der Sorgfaltsprüfung (Due Diligence) wird ein Kaufinteressent nach derlei Informationen suchen und fragen. Hierfür hat er drei Gründe:

1. Die Leistungskennzahlen der Vergangenheit dienen der Plausibilisierung seiner Planung/Schätzung und der zugrundliegenden Annahmen.

2. Sie liefern ihm Ansatzpunkte für Optimierungsmaßnahmen. Um den eingangs erwähnten Praxisfall noch einmal aufzugreifen: Die Ertragskraft des Unternehmens war unterdurchschnittlich. Aber welche der drei Leistungen (Produkte) tragen nun wie zum Erfolg bei und welches sind die Hebel, um die Ertragskraft nach einem Kauf zu stärken?

3. Für Strategen und Finanzinvestoren ist darüber hinaus die Frage von Interesse, wie hoch potenzielle Synergieeffekte in der Marktbearbeitung und/oder auf der Kostenseite einzuschätzen sind.

Durch die so gewonnen Erkenntnisse kann ein Kaufinteressent Strategien für die Fortführungsphase entwickeln und die zukünftigen Gewinne zuverlässiger einschätzen. Sein Investitionsrisiko sinkt hierdurch.

Sind diese Informationen nicht vorhanden, müssen sie häufig jetzt mühsam erstellt werden – parallel zum Tagesgeschäft. Dies führt zu Verzögerungen, die den Verkaufsprozess gefährden können. Schleichen sich dann unter dem Zeitdruck auch noch Fehler ein, entstehen Zweifel an der Seriosität und es können Haftungsrisiken entstehen.

Wie kommt nun der Kaufpreis zustande?

EUROCONSIL empfiehlt vor den Beginn des eigentlichen Verkaufsprozesses eine Unternehmensbewertung zu stellen. Die Basis einer jeden sachgerechten Unternehmensbewertung bildet eine Planung der zukünftigen Gewinne, wobei die Leistungskennzahlen der Vorjahre die Plausibilität absichern können (Anmerkung: auf die Anwendungsfälle der Substanzbewertung wird an dieser Stelle verzichtet). Idealerweise erfolgt eine Unternehmensbewertung nach verschiedenen Verfahren, wodurch sich ein „Wertkorridor“ aufspannt, aus dem der Verkäufer den Angebotspreis ableitet. Der Kaufinteressent wird in Abhängigkeit von der Aussicht auf die zukünftigen Gewinne, seiner Risikoeinschätzung und seiner individuellen Risikoneigung ebenfalls ein Angebot unterbreiten.

Im Laufe der Kaufpreisverhandlungen kann der Verkäufer, gestützt auf die Leistungskennzahlen, die Potenziale des Unternehmens nachvollziehbar darstellen und so seine Kaufpreisforderung untermauern. Der Kaufpreis ist dann für den Verkäufer und Käufer das zufriedenstellende Ergebnis der Verhandlungen, der Konditionen sowie eines professionell gemanagten Prozesses.

Noch etwas?

Ja! Kommen wir wieder zum Ausgangspunkt des ertragsschwachen Unternehmens zurück. Wenn Leistungskennzahlen einem Kaufinteressenten die Potenziale eines zum Erwerb stehenden Unternehmens aufzeigen, gilt das selbstverständlich auch für den Verkäufer. Sie unterstützen, rational schnellere und bessere Entscheidungen zu treffen. Rechtzeitig eingeführt wird sich das auch im Ergebnis niederschlagen. Im Zeitpunkt des Unternehmensverkaufs rechtfertigt dieses dann einen höheren Kaufpreis, der sich aufgrund der größeren Transparenz beim Kaufinteressenten auch leichter durchsetzen lässt. Es lohnt also doppelt. Und schlussendlich vermitteln Leistungskennzahlen einem Kaufinteressenten auch einen Eindruck von der Unternehmensführung des Verkäufers – zu „scheckheftgepflegt“ gehört das einfach dazu.

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Gastautoren

Guido Quicker
Guido Quicker
Selbstständiger Partner
EUROCONSIL

Florian Fahr
Florian Fahr
Controlling GmbH & Co. KG

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