Panel Talks mit Top-Experten der Unternehmensnachfolge und M&A
Welche ist die richtige Übergabestrategie?

Eine Woche lang diskutierten Experten aus M&A und der Unternehmensnachfolge über die vielfältigen Themen, die bei einer Unternehmenstransaktion relevant sind. Insgesamt 15 digitale Experten-Roundtables waren die ideale Gesprächsbasis, um über die zahlreichen und weitreichenden Stationen, die es bei einer Unternehmenstransaktion zu durchlaufen gilt, zu diskutieren. Nachfolger gesucht!

Einer von insgesamt 15 Talks - Das Thema: „Die richtige Übergabestrategie“

260.000 Unternehmen benötigen innerhalb von zwei Jahren eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger. Die Zahl der Übernahmegründungen ist nach wie vor mit ca. 70.000 pro Jahr zu niedrig und liegt deutlich dahinter zurück.1 Betrachtet man die demografische Entwicklung werden diese Zahlen weiterhin hoch bleiben und höchstwahrscheinlich aufgrund der Altersverteilung sogar noch weiter auseinander gehen.

Die Unternehmensübergaben und Gründungen durch Nachfolge sind nicht zuletzt durch Corona nochmals ausgebremst worden. Eigentlich fällige Unternehmensverkäufe sind geschoben worden und der dadurch entstandene Knoten löst sich seit 2021.

Bleibt also die große Frage: „Wie können Unternehmerinnen und Unternehmer für eine Unternehmensnachfolge begeistert werden?“ Nils Körber, Gründer und Inhaber der KERN – Unternehmensnachfolge möchte die Begeisterung für das Thema bereits früh wecken und meint:

Wir müssen Lust auf Unternehmertum machen! Und das fängt schon in der Schule und im Studium an. Wenn wir den Wohlstand in Deutschland sichern wollen, müssen wir aller schnellstens mehr Unternehmertum fördern. Dazu gehören politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen."

Die richtige Übergabestrategie

Läuft alles gut, findet sich aber früh oder meist später der Wunschnachfolger und es beginnt der Prozess des Kaufs und der Übergabe des Lebenswerkes. Dies gilt es auf beiden Seiten gut vorzubereiten. Bei einem Chefwechsel müssen alle Stakeholder eines Unternehmens mit auf die Reise genommen werden. Die Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten sind da ebenso wie Kapitalgeber mit an Bord zu holen. Welche Stolpersteine gibt es? Wie lange dauert so ein Prozess?

Neben der persönlichen Leistung durch den Gründer bedarf es – und das ist leider weit verbreitet und aktuell – auch einem besonderen Commitment der kredit- oder kapitalgebenden Institutionen.

Malgorzata Gedlek, Projektleitung „she succeeds – Mehr weibliche Nachfolge!“ beim Verband deutscher Unternehmerinnen sieht enormes Potential in der Stärkung weiblicher Führungskräfte und möchte mit Öffentlichkeitsarbeit potentielle Nachfolgerinnen auf den komplexen Übergabeprozess vorbereiten.

„Die Bereitstellung von Informationsmaterialien, die Durchführung von Weiterbildungsangeboten sowie die Sichtbarmachung von Best-Practice Beispielen sensibilisiert sowohl die breite Öffentlichkeit als auch die Zielgruppe für Themen rund um die Nachfolge und Übergabe“, so Gedlek.

Sind die richtige Strategie und das Traumunternehmen zum Greifen nah, stellen sich aber natürlich Fragen nach der Art der Finanzierung. Eine besondere Herausforderung sieht Dr. Miloš Stefanović, Geschäftsführer der Bürgschaftsbank Brandenburg darin, dass die Höhe des Kaufpreises mit der Ertragslage korreliert, sodass das Thema der Besicherung eine große Herausforderung darstellt.

„Erwerber müssen sich natürlich die Frage stellen, wie sie die Finanzierung des Kaufpreises organisieren, ganz gleich ob es sich um ein MBO oder ein MBI handelt. Leider verfügen die Übernehmer selten über werthaltiges Vermögen, sodass die Bürgschaftsbank die Ersatzsicherheit stellt,“ erläutert Dr. Stefanović.

Die Finanzierung stellt also einen Hauptbaustein einer erfolgreichen Übergabe- bzw. Übernahmestrategie dar. Doch was ist der angemessene Preis für ein Unternehmen und wieviel sollten angehende Nachfolger bereits sein zu investieren?

Unternehmenswert: Was ist eigentlich ein „fairer“ Kaufpreis?

Die eine Seite möchte den Kaufpreis optimieren und die Verkäuferseite selbstverständlich das Optimum für das Lebenswerk herausholen und alle Möglichkeiten der Wertsteigerung ausschöpfen. Dr. Kai Bartels, Geschäftsführender Gesellschafter, Dr. Bartels M&A Consulting:

Das Motto lautet: „Denken Für den Käufer“ – Verkäufer müssen eine Investment Rationale aus Käufersicht erarbeiten und sich die Fragen stellen: Warum passt das zu veräußernde Unternehmen perfekt in die Strategie und Ausrichtung des Käufers? Welche Märkte, Technologien und Zielgruppen können besser erschlossen werden?“

Bernhard Kluge, M&A-Spezialist bei der Beratungsgesellschaft COVENDIT, geht im Gespräch auf wichtige Fragen ein, die vor allem für den Käufer essentiell sind, um das Ziel-Unternehmen richtig bewerten und erfolgreich fortführen zu können. Neben der Analyse der Finanzdaten kommt dem Know-how des Unternehmens eine ganz besondere Bedeutung zu.

Dieser Wert steckt zum größten Teil in den Mitarbeitern und es sollte gesichert sein, dass diese nach einem Eigentümerwechsel weiter zur Verfügung stehen. Das selbe gilt aber auch je nach Branche für das Netzwerk aus Zulieferern und Kunden. Wichtige weitere Themen sind Geschäftsstrukturen und Investitionen.

Hier gibt es oft bei der Digitalisierung Nachholbedarf - was aber auch eine Chance für den neuen Eigentümer sein kann. Überlegungen zur Nachhaltigkeit gewinnen auch immer größere Bedeutung. Dies beim Geschäftsbetrieb und der Produktion, aber auch bei Lieferanten und bezogen auf die Finanzierung.

In der Praxis sehen wir immer mehr Transaktionen bei denen ESG-Anforderungen eine Rolle spielen. Unter dem Strich ist eine ganzheitliche Analyse des Geschäftsmodells wichtig, um alle Risiken und Chance zu erfassen und damit den Wert des Unternehmens zu ermitteln.

Aus der Perspektive des Strategieberaters Florian Kaiser, Partner der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH, sind für den Käufer im Wesentlichen zwei Aspekte zu berücksichtigen: "Ist die marktseitige Strategie ausreichend klar dargestellt und entsprechend im Unternehmen verankert, um dem Käufer ganz klar zu zeigen, welchen Marktzugang und welchen marktseitigen Erfolg er damit erwirbt?"

Zum anderen bezieht er sich auf die strategische Bedeutung und mögliche Integration des zu kaufenden Unternehmens und rät dem Käufer, sich selbst zu fragen, ob im Vorfeld konzeptionell klar belegt ist, warum er das Unternehmen kaufen will und welche Art von Synergien damit erzielt werden sollen.

Stephan von Vultejus, Director Mergers and Acquisitions betont im Talk: „Der Unternehmer sollte sich sehr frühzeitig auf einen möglichen Verkauf vorbereiten. Dies kann bei einem Rechtsformwechsel von der Personengesellschaft in die beim Verkauf steuerbegünstigte Kapitalgesellschaft bereits 7 Jahre Vorlaufzeit benötigen. Aber auch der Aufbau einer starken zweiten nachfolgenden Managementebene, ein professionelles Reporting und die Stellung strategischer Weichenstellungen, um das Unternehmen bestmöglich für den Verkauf zu positionieren, sind sehr rechtzeitig einzuleiten.“

Sein Rat an den abgebenden Unternehmer: „Erfahrene Berater können den Anstoß zur bestmöglichen Verkaufsbereitung geben und den Unternehmer hierbei vertrauensvoll begleiten. Vor allem wird bei guter Vorbereitung die Transaktionssicherheit erhöht, welches neben der Optimierung des Verkaufserlöses bei den meisten Veräußern ein zentrales Transaktionsziel sein muss!“

Auch in der Insolvenz befindliche Unternehmen werden oftmals noch hoch gehandelt. Doch Investoren sollten aufpassen, da “[…] sie trotz guter Due Diligence Gefahr laufen, die Umsätze des Krisenunternehmens überzubewerten. Oftmals erscheinen diese durch die Nutzung von second oder third sources höher, als sie tatsächlich sind,“ meint Johannes von Neumann-Cosel, Partner im Bereich Corporate Finance, Falkensteg.

Doch auch Chancen können sich hier ergeben. „Vorteile haben in solchen Situationen Investorengruppen, die kurze Entscheidungswege haben und offen für flexible Transaktionsstrukturen sind, was oftmals in attraktive Kaufpreise münden kann,“ so Timo Klees, (Distressed) M&A, Partner, PwC.

Bausteine der Kaufpreisfinanzierung

Ein bestehendes Unternehmen zu übernehmen ist ein besonderer Weg in die Selbstständigkeit, denn anders als bei der Gründung, übernimmt der Unternehmensnachfolger neben den Mitarbeitern auch die Lieferantenkontakte und einen aktiven Kundenstamm. Ein weiterer Vorteil ist selbstverständlich auch die Tatsache, dass der Nachfolger vom ersten Tag an mit einem Cashflow rechnen kann. Je nach Unternehmen, Branche und aktueller Lage kann dieser variieren und deshalb gilt es umso mehr, diesen detailliert auf seine Nachhaltigkeit zu überprüfen, da er einen maßgeblichen Einfluss auf den Kaufpreis hat.

Jan Wolkenhaar, Direktor für Gründung und Nachfolge bei der HVB Unicredit, erklärt in diesem Zusammenhang, dass es bei der Kaufpreisfinanzierung im Wesentlichen darum geht, einen optimalen Mix aus Eigen- und Fremdkapital zusammenzustellen. Den angehenden Unternehmern erklärt er außerdem, welche besonderen Fördermittel (Bund und Länder) und welche alternativen Finanzierungsformen zur Verfügung stehen.

Dazu geht er u.a. auf die Optionen von Beteiligungen durch Investoren näher ein. Des Weiteren schildert er auch die Prozessdauer vom Antrag bis zur Bewilligung bzw. Auszahlung sowie die Punkte, die unter steuerlichen Aspekten zu berücksichtigten sind und mit den entsprechenden Experten besprochen werden müssen.

Auch der Zusammenschluss von zwei Unternehmen über ein Joint Venture mit der Option einer Komplettübernahme, ist eine denkbare Alternative. „Joint Ventures eignen sich immer dann besonders, wenn z.B. der Aufbau neuer Geschäftsaktivitäten, die Erschließung neuer Absatzregionen, oder der Zugang zu neuen Technologien angestrebt werden soll, gleichzeitig aber hohe Investments erforderlich sind, oder Risiken bestehen,“ so Nils Keil, Principal, Ebner Stolz Management Consultants.

Dariush Ghassemi, Partner von der Wirtschaftsprüfungs-, Rechts-, Steuer- und Unternehmensberatungsgesellschaft Mazars, hebt hervor, dass der Eigenkapitalanteil bei der Übernahme von mittelständischen Unternehmen erfahrungsgemäß bei 25-30 Prozent liegt. In der Regel nimmt dieser Anteil entsprechend ab, je mehr man sich in Richtung der kleineren Segmente bewegt.

Weiterhin beschreibt er die Situation des Verkäufers und geht auf die Vorarbeit ein, die es zu leisten gilt, um einen reellen und am Markt akzeptablen Verkaufspreis ermitteln zu können. Beim Thema Kaufpreisgestaltung deutet Herr Ghassemi auf wichtige Aspekte wie, die EGWs, die Earn-Out-Komponenten oder die stillen Reserven in den Bilanzen hin. Auf den vertraglichen Schutz des Käufers vor wertmindernden Maßnahmen des Käufers vs. Käuferinteresse an der Unternehmensentwicklung während der Earn Out Phase weist Dr. Markus Schackmann, Partner M&A, Deloitte Legal, hin.

Der Kaufvertrag – das Herzstück der Unternehmenstransaktion

Keine Frage, bei der Übernahme einer Firma geht es wesentlich komplexer zu als bei einem Haus- oder Autokauf, denn in diesem Falle erwirbt der Nachfolger ein organisch gewachsenes Unternehmen, welches durch vielfältige vertragliche Verflechtungen gekennzeichnet ist. Dabei besteht die Schwierigkeit darin, spezifische Risiken und Vorteile innerhalb eines vertraglichen Rahmens unterzubringen.

Hierbei muss berücksichtigt werden, dass es sowohl um Mitarbeiter geht als auch um bestehende Verträge mit Lieferanten oder Kunden. Außerdem stellen auch vorhandene Immobilien bei einem Unternehmenskauf eine klare Besonderheit dar. Darüber hinaus sollte sich der Nachfolger auch Gedanken darüber machen, wie mögliche Altlasten identifiziert werden können und, wie es in der Praxis gelingen kann, einen weitestgehenden Haftungsausschluss zu erreichen.

Diana Fischer, Leiterin des Bereichs Internationales Steuerrecht und M&A Tax bei Rödl & Partner, geht im Experten-Roundtable auf die steuerlichen Faktoren bei einer Transaktion näher ein und beschreibt die unterschiedlichen Perspektiven zwischen Verkäufer und Käufer.

Zur Optimierung des Kaufvertrages muss die Frage nach der Besteuerung des Veräußerungsgewinns geklärt werden. Frau Fischer beschreibt diese Tatsache damit, dass "der Verkäufer möglichst wenig Steuern für seinen Veräußerungsgewinn zahlen möchte". Hierbei ist als ein Teilaspekt auch der Faktor Verlustvorträge zu berücksichtigen. Demgegenüber stellt sie die Erwartungen des Käufers und sagt: "Der Käufer möchte den Kaufpreis möglichst vollständig abschreiben und im Idealfall auch die Verlustvorträge der gekauften Gesellschaft nutzen".

Rückblickend waren die Panel Talks zur Unternehmensnachfolge und M&A eine großartige Erfahrung, die wir bei DUB.de sicherlich wiederholen werden. Denn die Unternehmensnachfolge ist ein derart komplexes und weites Feld, dass dieser Beitrag nicht mal ansatzweise die Fülle an Expertenmeinungen und Ausführungen wiedergeben könnte, die wir in den ganzen Talks gehört haben. Darüber hinaus stehen noch zahlreiche weitere Themen offen, über die es noch zu diskutieren gilt.

1: www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-Fokus-Volkswirtschaft/Fokus-2020/Fokus-Nr.-308-Nachfolge-Monitoring.pdf

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