Haupthemmnisse bei Betriebsübergaben: Demografie und Bürokratie

Die demografische Entwicklung stellt das Handwerk nicht nur in Bezug auf die Fachkräftesicherung vor große Herausforderungen, sondern auch bei der Suche nach Betriebsnachfolgerinnen und – nachfolgern. Immer mehr selbstständige Handwerksmeisterinnen und -meister werden in den kommenden Jahren ausscheiden, gleichzeitig verringert sich die Zahl potenzieller Nachfolgerinnen und -nachfolger. In rund 125.000 Handwerksbetrieben stehen in den nächsten fünf Jahren Betriebsnachfolgen an, weil die Inhaberinnen oder Inhaber altersbedingt ausscheiden. Perspektivisch werden in den kommenden zehn bis 15 Jahren sogar 45 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer, die heute älter als 50 Jahre sind, ihren Betrieb übergeben. Doch nur rund ein Drittel der Meisterabsolventinnen und -absolventen entscheidet sich tatsächlich für den Schritt in die Selbstständigkeit, wie das Forschungsinstitut für Berufsbildung im Handwerk (FBH) an der Universität zu Köln herausfand.
Ein Großteil der Betriebsinhaberinnen und -inhaber übergibt zwar immer noch innerhalb der Familie. Doch das klappt aus verschiedenen Gründen heute weniger oft als früher. Daher werden in den nächsten Jahren dringend junge Meisterinnen und Meister gebraucht, die Lust auf Selbstständigkeit haben und bereit sind, einen eigenen Betrieb zu führen.
Angst vor Bürokratie schreckt von Selbstständigkeit ab
Die überbordende Bürokratie jedoch hält viele frisch gebackene Meisterinnen und Meister vom Schritt in die Selbstständigkeit ab. Und das, obwohl dies das erklärte Ziel und oft sogar die Hauptmotivation für den Erwerb des Meistertitels war. Gut ein Viertel aller Meisterabsolventinnen und -absolventen gaben in einer FBH-Studie an, durch die „Angst vor Formularen“ von der Selbstständigkeit abgeschreckt zu werden. Diese Entwicklung ist besonders besorgniserregend, da geeignete Nachfolgerinnen und Nachfolger ohnehin schwer zu finden sind.
Nachfolge-Börsen helfen bei der Suche
Dabei bieten sich heute zahlreiche Möglichkeiten, einen Betrieb zu übernehmen, ohne ihn selbst neu gründen zu müssen. Wer eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger sucht, kann sich an die Betriebsberatungsstellen der 53 Handwerkskammern oder an die Fachverbände wenden.
Vorteile einer Betriebsübernahme: Belegschaft ist schon da
Wer einen bestehenden Betrieb übernimmt, profitiert von vielen Vorteilen: Die Belegschaft ist bereits da, die Maschinen und die Ausstattung stehen bereit, und es existiert ein fester Kundenstamm. Die Übernahme eines Betriebs bedeutet, Arbeitsplätze und wertvolles Know-how zu erhalten und bietet gleichzeitig die Möglichkeit, das Unternehmen weiterzuentwickeln. Gerade angesichts des Fachkräftebedarfs im Handwerk ist es ein Pluspunkt, wenn im Betrieb bereits erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter da sind.
Herausforderungen der Betriebsübergabe
Die Ursachen, warum es trotzdem schwierig werden kann, im Einzelfall eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für einen Handwerksbetrieb zu finden, können vielfältig sein. Bürokratische Hürden, komplizierte Übertragungsverfahren oder überzogene Kaufpreisvorstellungen können den Prozess behindern. Auch eine unattraktive Lage des Betriebs oder geringe Renditeaussichten können Hindernisse sein. Wichtig ist, dass Betriebsübergaben frühzeitig vorbereitet werden. Unternehmerinnen und Unternehmer sollten rechtzeitig die Nachfolge innerhalb der Familie oder im Unternehmen selbst klären oder sich extern nach Nachfolgerinnen und Nachfolgern umsehen.
Laut der FBH-Absolventenstudie 2023 hatten rund 40 Prozent der befragten Selbstständigen einen bestehenden Betrieb übernommen, während etwa 60 Prozent sich für eine Neugründung entschieden. Hier zeigt sich: Das Potenzial für Betriebsübernahmen könnte noch stärker genutzt werden, um das Handwerk zukunftssicher aufzustellen. Da ist noch Luft nach oben.