Familienunternehmen und Finanzinvestoren - Tradition trifft Transformation

Value Creation - Welche Mehrwerte entstehen, wenn Tradition und Innovation aufeinandertreffen? Unter den richtigen Voraussetzungen bieten Partnerschaften zwischen Familienunternehmen und Finanzinvestoren Chancen für Wachstum, Innovation und Stabilität.

Unternehmensnachfolge

Finanzinvestoren sind eine häufig angedachte Nachfolgeoption für viele (Familien-)Unternehmer, insbesondere wenn deren Kinder nicht an der Übernahme des Unternehmens interessiert sind. Finanzinvestoren stellen Kapital bereit, doch in der heutigen Zeit reicht Kapital allein nicht mehr aus. Der Begriff "Value Creation" beschreibt den strategischen Ansatz, durch den Finanzinvestoren gezielt Mehrwerte schaffen. Dabei geht es nicht nur um die Bereitstellung finanzieller Ressourcen. Ziel ist es, Unternehmen langfristig zukunftsfähig zu machen und nachhaltiges Wachstum zu fördern. Dennoch stellen sich vielen (Familien-)Unternehmern die Frage, ob und wie Finanzinvestoren für das eigene Unternehmen einen Mehrwert bieten können. Um hierauf eine Antwort zu finden, haben wir im deutschsprachigen Raum eine Interview-basierte Studie durchgeführt, deren Ergebnisse wir im Folgenden kurz zusammenfassen möchten.

Was Familienunternehmen und Finanzinvestoren verbindet

Auf den ersten Blick scheinen Familienunternehmen und Finanzinvestoren so unterschiedlich zu sein, wie man es sich nur vorstellen mag: Hier der Fokus auf Tradition und Beständigkeit, dort der Drang nach Innovation und Effizienz. Doch genau in diesen Unterschieden liegt die Stärke einer Partnerschaft. Familienunternehmen bringen ihre langjährige Erfahrung und ihre Kultur ein. Finanzinvestoren ergänzen diese mit frischen Ideen, Kapital und einer klaren strategischen Ausrichtung. Diese unterschiedlichen Perspektiven können jedoch auch Spannungen hervorrufen, insbesondere wenn kurzfristige Renditeziele der Investoren auf die langfristige Orientierung und Werte des Familienunternehmens treffen. Unterschiedliche Erwartungen an Entscheidungsprozesse, Tempo und strategische Prioritäten können Konflikte erzeugen, die nur durch gegenseitiges Verständnis und transparente Kommunikation überwunden werden können.

Die Herausforderungen erkennen

Familienunternehmer befürchten oft den Verlust der Kontrolle und die Abweichung von ihren Werten. Wichtig ist deshalb, den richtigen Finanzinvestor als Partner zu finden, der die Besonderheiten eines Familienunternehmens versteht und auch respektiert. Transparente Kommunikation und ein gemeinsames Zielbild von Anfang an sind essenziell, um Vertrauen aufzubauen und Missverständnisse zu vermeiden – auf beiden Seiten.

Value Creation – Strategische Ausrichtung

Eine erfolgreiche Partnerschaft zwischen Familienunternehmen und Finanzinvestoren lebt von der Balance zwischen Bewahrung und Erneuerung. Während Familienunternehmen oft auf jahrzehntelang gewachsene Strukturen und Werte setzen, bringen Finanzinvestoren frische Perspektiven und strategischen Weitblick ein. Familienunternehmerinnen und Familienunternehmer sind häufig stark in ihr operatives Tagesgeschäft eingebunden, was den Blick auf langfristige Ziele und Strategien erschweren kann. Genau hier setzt der Mehrwert eines Finanzinvestors an: Der Investor bringt nicht nur frisches Kapital, sondern auch wertvolle Impulse, um das Unternehmen strategisch gegebenenfalls neu auszurichten und zukunftsfähig zu machen. Die Finanzinvestoren agieren hierbei als ‚Sparringpartner‘ für die Familienunternehmen; sie drängen auf eine Diskussion und gegebenenfalls Erneuerung der Strategie, legen dabei immer wieder den Finger auf die Herausforderungen der Zeit und arbeiten daran, gemeinsam mit den Unternehmern Antworten auf eben diese Herausforderungen zu finden. Bei diesen strategischen Neuausrichtungen kann es sowohl um die Erschließung neuer Märkte, die Digitalisierung von Prozessen oder die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle gehen. Die Finanzinvestoren vertreten dabei die Ansicht, dass eine klare strategische Ausrichtung entscheidend ist, um auch langfristig im Wettbewerb bestehen zu können. Zudem leisten Finanzinvestoren häufig einen Beitrag zur Professionalisierung der Familienunternehmen. So wird im Zuge einer Nachfolgelösung durch einen Finanzinvestor häufig die Organisationsstruktur adjustiert. Zudem werden Prozesse im Unternehmen, Gehaltsstrukturen aber auch allgemeine Governance-Elemente zunächst evaluiert und dann angepasst und im Unternehmen standardisiert eingeführt. Aber auch durch ihr Know-How, zum Beispiel zu geographischen Märkten, und ihr gegebenenfalls branchenspezifisches Wissen können Finanzinvestoren Familienunternehmen weiterhelfen, insbesondere wenn diese vor der Expansion in neue Märkte stehen. Bild: WHU

Fazit

Ein Finanzinvestor kann für Familienunternehmen eine große Chance bieten, neue Wege zu gehen, ohne dabei ihre Identität und Werte aufzugeben. Insbesondere im Falle von fehlender interner Nachfolge, kann ein Finanzinvestor die Zukunft des Familienunternehmens sichern. Die Partnerschaft mit einem Finanzinvestor bietet die Möglichkeit, frisches Kapital mit innovativen Ansätzen und strategischer Expertise zu verbinden, um langfristiges Wachstum und Stabilität zu fördern. Dabei kommt es jedoch auf die richtige Partnerschaft an: Sie muss auf gegenseitigem Respekt, einem tiefen Verständnis für die Kultur und Werte des Familienunternehmens sowie einem klar definierten gemeinsamen Ziel basieren. So wird deutlich: Tradition und Innovation müssen sich nicht ausschließen, sondern können sich gegenseitig bereichern, wenn beide Seiten bereit sind, voneinander zu lernen und sich auf eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe einzulassen.

Gastautoren

  • Prof. Dr. Nadine Kammerlander
  • Lukas Nagel