Woran Unternehmenstransaktionen im Mittelstand scheitern

Wie Verkäufer die Erfolgswahrscheinlichkeit beim Unternehmensverkauf erhöhen können – trotz zahlreicher Hürden, die sich durch gezielte Vorbereitung überwinden lassen.

Zwei Berater mit White Board am Tisch

Die meisten Unternehmenstransaktionen finden im Mittelstand statt. Man kann in Deutschland von ca. 3.000 registrierten Unternehmenstransaktionen im Jahr ausgehen. Das ist schon eine beachtliche Anzahl, die aufgrund der Nachfolgesituation der Baby-Boomer Unternehmer-Generation tendenziell eher weiter steigen wird. (Nicht einbezogen sind hierbei Kleinstunternehmen und Einzelunternehmer).

Nicht wenige Transaktionen werden allerdings nicht registriert, da sie gar nicht erst stattfinden, obwohl die Inhaber für Ihr Unternehmen einen Verkauf anstreben, häufig um die altersbedingte Nachfolge zu regeln. In diesem Beitrag möchten wir ein paar zentrale Transaktionshemnisse adressieren, die uns in unserer täglichen Beratungspraxis immer wieder begegnen. 

Die gute Nachricht vorweg: Man kann als Unternehmensverkäufer die Transaktionswahrscheinlichkeit erhöhen. Man sollte allerdings wissen wie, eine realistische Erwartungshaltung mitbringen und auch den Willen haben, in den Verkaufsprozess zu investieren.

Bewertungsvorstellungen

„Für meine Firma möchte ich beim Verkauf mindestens X Millionen Euro bekommen. Drunter mach ich´s nicht“. Aussagen wie diese, hören wir von unseren Kunden regelmäßig. Wenn man sich dann einmal die Geschäftsentwicklung des Unternehmens über mehrere Jahre anschaut, stellt man bei objektiver Betrachtung relativ schnell fest, dass sich zwischen Wunsch und Wirklichkeit eine größere Lücke abzeichnet.

Unternehmensinhaber überschätzen häufig den Marktwert ihres Unternehmens. Der Marktwert ist der Wert, den externe Dritte für den Erwerb des Unternehmens bezahlen würden. Wie bei einer Immobilie mit dem Unterschied, dass eine Unternehmensbewertung in der Regel deutlich komplexer ist. Ein Richtig oder Falsch gibt es hier eigentlich nicht, aber man kann den potenziell erzielbaren Unternehmenswert schon anhand einiger Kriterien relativ treffsicher eingrenzen. Ein professioneller M&A Berater sollte das können. Eine Unternehmenstransaktion kommt zu Stande, wenn sich Käufer und Verkäufer über den Kaufpreis und die Transaktionsstruktur einigen. Wie in vielen anderen Lebenssituationen ist das Ergebnis ein Kompromiss für beide Seiten.

Für die meisten unserer Kunden ist der Unternehmensverkauf ein sehr emotionaler Prozess mit Höhen und Tiefen. Das ist menschlich nachvollziehbar. Sehr viel Zeit, Leidenschaft, Energie und Geld sind über viele Jahre oder sogar Jahrzehnte ins Unternehmen geflossen. Die Entbehrungen, all die Mühen und das unternehmerische Risiko sollen beim Verkauf angemessen wertgeschätzt werden. Oftmals ist das gesamte oder der wesentliche Teil Vermögens im Unternehmen gebunden und dient als Altersvorsorge, die beim Verkauf realisiert werden soll.

Auf der Käuferseite hat man es in der Regel mit M&A-erfahrenen Profis zu tun. Käufer bewerten ein Unternehmen nach objektiven Kriterien. Ein profitabel wachsendes Unternehmen mit einem guten Management Team, geringen Abhängigkeiten in einer konjunkturunabhängigen Branche wird auf der Käuferseite eher hohes Interesse erzeugen und zu höheren Bewertungen kommen. Hier führt in der Regel allein der vom M&A Berater geführte Bieterwettbewerb zu einer Wertsteigerung für den oder die Verkäufer. Nicht selten sind solche Unternehmen im Bereich Software oder HealthCare anzutreffen. Die meisten Unternehmen im Mittelstand erfüllen die vorgenannten Kriterien allerdings nicht. Das bedeutet nicht, dass ein Verkauf nicht möglich ist, aber eben mit Abstrichen.

Für jeden Käufer, ob Finanzinvestor, Search Fund oder ein anderes Unternehmen, ist der Erwerb eines Unternehmens ein Investment, dass sich perspektivisch lohnen muss. In der Regel geht es hier um relevante Beträge und der Erwerb ist für die meisten Käufer eine sehr wichtige Businessentscheidung, die auch ein hohes unternehmerisches Risiko birgt. Verkäufer kennen naturgemäß Ihre Unternehmen und die damit verbundenen Chancen und Risiken viel besser als die potenziellen Kaufinteressenten und welcher Käufer möchte schon gern heute das zukünftige Potenzial des zu erwerbenden Unternehmens bezahlen? Das zukünftige Potential möchte der Käufer selbst realisieren als Kompensation für das Investmentrisiko.

Gemäß einer aktuellen Befragung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rödl & Partner aus dem Jahr 2025 in der Beteiligungsbranche sind die (unrealistischen) Kaufpreisvorstellungen der Verkäufer der mit Abstand häufigste Dealbreaker für Unternehmenstransaktionen. 

Zahlentransparenz

Bei einem Unternehmenserwerb beschäftigen sich ausnahmslos alle professionellen Käufer, egal ob Finanzinvestor oder Strategischer Käufer, intensiv mit den Geschäftszahlen. Üblicherweise werden hier für die Financial Due Diligence externe Berater / Wirtschaftsprüfer hinzugezogen. Der Käufer möchte verstehen und sicher berechnen können, wie die nachhaltige Ertragskraft des zu erwerbenden Unternehmens ist, denn diese ist aus Käufersicht maßgeblich für die Unternehmensbewertung.

Die Verfügbarkeit, Konsistenz und Belastbarkeit der Finanzdaten ist der Schlüssel beim Unternehmensverkauf. Dabei geht es nicht nur um Jahresabschlüsse, sondern auch um die unterjährige Geschäftsentwicklung und Prognosen. Die meisten mittelständischen Unternehmen sind hier nicht ausreichend aufgestellt und mangelhaft vorbereitet. Das muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass das Unternehmen nicht erfolgreich ist. Die bisherigen Steuerungsinstrumente haben offensichtlich ausgereicht, um das Unternehmen dahin zu führen, wo es heute ist. Für die Anforderungen von Kaufinteressenten in einer Due Diligence reichen die vorhandenen Daten und Controllinginstrumente oftmals aber nicht aus. Dies ist ein Transaktionshindernis!

Es fehlt beispielsweise an konsolidierten Finanzdaten, wenn mehrere Gesellschaften als eine Unternehmensgruppe verkauft werden sollen, unterjährige Auswertungen (BWA´s) sind erst zeitverzögert verfügbar, es fehlen Abgrenzungsbuchungen und der Jahresabschluss des Vorjahres liegt im August immer noch nicht vor. Diese etwas zugespitzte Beschreibung ist eher die Regel als die Ausnahme und wird von sehr vielen verkaufswilligen Unternehmensinhabern unterschätzt. Als Reflex wird dann oftmals der Steuerberater des Unternehmens kontaktiert, der diese „Defizite“ im Verkaufsprozess bitte schleunigst beheben soll, was eher selten funktioniert.

Mangelnde Verfügbarkeit und Transparenz bei Unternehmenszahlen ist ein Störfaktor bei Unternehmensverkäufen und für Kaufinteressenten nicht besonders vertrauensbildend. Die Folge ist, dass Unternehmensverkaufsprozesse im Mittelstand tendenziell lange dauern, auch bei kleineren Transaktionen, Verkäufer Wertabschläge hinnehmen müssen oder es im schlechtesten Fall gar nicht zu einer Transaktion kommt. Dies ist dann besonders tragisch, wenn die altersbedingte Nachfolge davon abhängt.

Finanzierung

Es ist eher die Regel als die Ausnahme, dass Unternehmensübernahmen teilweise mit Fremdkapital finanziert werden, entweder durch eine Bankfinanzierung, Debt Funds oder sonstige Fremdkapitalgeber. Dabei stellen die Finanzierung und die Finanzierbarkeit meistens auf die Cash-Flows des zu erwerbenden Unternehmens ab und welche Schuldenlast es zukünftig wahrscheinlich (zusätzlich) verkraften kann.

Benötigt der Käufer für den Erwerb eine Fremdfinanzierung, ist dies ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor für die Transaktion, der nicht unterschätzt werden sollte. Gleichzeitig erhöht das Erfordernis einer Fremdfinanzierung die Anforderungen an eine Due Diligence, insbesondere an die Financial Due Diligence. Die Verfügbarkeit, Konsistenz und Aussagefähigkeit der Unternehmenszahlen sind hierbei umso wichtiger.

Nicht selten scheitern Unternehmenstransaktionen im Mittelstand an der für den Erwerb benötigten Fremdfinanzierung. Dies kann viele Gründe haben, zum Bsp. geringe Größe des Unternehmens, Volatilität, eine rückläufige Geschäftsentwicklung, fehlende Zahlentransparenz, nicht ausreichende Sicherheiten, starke Kunden- oder Lieferantenabhängigkeiten oder eine nicht bzw. schwer finanzierbare Branche des zu erwerbenden Unternehmens.

Fremdkapitalgeber sind risikoavers und erhalten bestenfalls Zins- und Tilgung. Der Käufer kann als Eigenkapitalinvestor von einer zukünftigen Wertsteigerung des zu erwerbenden Unternehmens profitieren. Sein eingesetztes Eigenkapital hat ein anderes Chancen-Risikoprofil als das Fremdkapital für den Unternehmenserwerb.

Mangelnde „bankability“ des zu erwerbenden Unternehmens schränkt die Transaktionswahrscheinlichkeit erheblich ein. Man muss dann einen Käufer finden, der den Erwerb vollständig mit Eigenmitteln stemmen kann und dazu auch bereit ist. Hier kommen dann häufig Verkäuferdarlehen zum Einsatz, um die Finanzierungslücke des Käufers zu schließen.

Fazit

Unternehmenstransaktionen sind meistens aufwendige und komplexe Projekte auch bei kleineren Unternehmen. Nicht selten scheitern sie an fehlender Erfahrung der Verkäufer, mangelnder Vorbereitung, unrealistischen Bewertungsvorstellungen und eingeschränkter Finanzierbarkeit.

Unternehmensinhaber verkaufen ein Unternehmen in der Regel nur einmal im Leben. Auf der Käuferseite trifft man üblicherweise auf M&A-erfahrene Akteure. Eine professionelle M&A Beratung kann dabei helfen, diese Asymmetrie auszugleichen und die Transaktionswahrscheinlichkeit deutlich zu erhöhen. Ein guter M&A Berater ist ein kritischer Sparringspartner, der wie ein potenzieller Käufer auf das zu verkaufende Unternehmen und die Situation schaut.

Idealerweise startet man mit vorbereitenden Maßnahmen ein paar Jahre bevor man sich als Gesellschafter und operativ aus dem Unternehmen zurückziehen möchte. Dies kann beispielsweise die Einführung von Controllinginstrumenten sein, um die Zahlentransparenz zu erhöhen, die Reduzierung von Abhängigkeiten von einzelnen Personen, Kunden- oder Lieferanten, die Reduzierung von Kosten oder sonstigen Maßnahmen, um den Ertrag des Unternehmens zu steigern. All diese Maßnahmen können dazu beitragen, den Wert des Unternehmens zu steigern und die Umsetzungswahrscheinlichkeit für eine Unternehmenstransaktion zu erhöhen.

Gastautoren

  • Martin Franz
  • Carolin Gross