Sanieren statt verlieren - Unternehmen sichern trotz Krise

Verkauf oder Insolvenz – Muss ich mich wirklich entscheiden?
Unternehmer, deren Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, befinden sich oft in einer äußerst belastenden Situation. Die Umsätze gehen zurück, der finanzielle Spielraum wird spürbar kleiner.
In dieser Phase fühlen sich viele Unternehmer enorm unter Druck gesetzt und glauben, sich schnell zwischen zwei vermeintlich schlechten Alternativen entscheiden zu müssen: Entweder das Unternehmen so schnell wie möglich zu verkaufen oder Insolvenz anzumelden - wobei letzteres in der öffentlichen Wahrnehmung häufig mit dem Verlust des Unternehmens, der Zerschlagung und dem endgültigen Scheitern verbunden wird.
Insolvenz in Eigenverwaltung – Der bessere Weg aus der Krise
Genau diese Sichtweise ist heute nicht mehr zeitgemäß. Denn insbesondere die Insolvenz in Eigenverwaltung eröffnet Unternehmern eine vielversprechende Alternative, die häufig immer noch unterschätzt wird.
Bei der Eigenverwaltung bleibt der Unternehmer selbst am Ruder und führt das operative Geschäft eigenverantwortlich weiter, während er gleichzeitig durch den Schutz der Insolvenzordnung Zeit gewinnt, um die notwendigen Sanierungsschritte umzusetzen. Auf diese Weise behält er sein Unternehmen, das er in der Regel nicht verkaufen möchte, da es häufig sein Lebenswerk darstellt.
Demgegenüber erscheint der Verkauf in einer Krisensituation zwar zunächst attraktiv, da man sich der aufziehenden Probleme entledigt und gleichzeitig einen Verkaufserlös erzielt. In dem vereinbarten Kaufpreis sind jedoch regelmäßig die bestehenden Schwierigkeiten bereits eingepreist. Die Folge ist, dass der Unternehmer sein Unternehmen unter Wert verkauft und anschließend ohne Perspektive dasteht.
Demgegenüber bietet die Eigenverwaltung die Chance, das Unternehmen nachhaltig zu sanieren, langfristig profitabel aufzustellen und entweder selbst fortzuführen oder später - aus einer stabilen Position heraus - zu einem deutlich besseren Preis zu verkaufen.
Zahlreiche erfolgreiche Beispiele zeigen, dass die Insolvenz in Eigenverwaltung heute keineswegs das Ende bedeutet, sondern vielmehr einen kraftvollen Neustart ermöglicht. Der Unternehmer gewinnt durch dieses Instrument die Möglichkeit zurück, aktiv über die Zukunft seines Lebenswerks zu bestimmen, statt unter Druck vorschnell aufgeben zu müssen.
Insolvenz in Eigenverwaltung: Chancen nutzen statt Zwangsverkauf
Die Insolvenz in Eigenverwaltung ist eine besondere Verfahrensart, die es Unternehmern ermöglicht, ihr Unternehmen eigenverantwortlich zu sanieren und gleichzeitig Vollstreckungs- und Gläubigerschutz zu genießen.
Im Gegensatz zur Regelinsolvenz, bei der ein Insolvenzverwalter bestellt wird, der spätestens ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens die weiteren Geschicke des Unternehmens bestimmt, bleibt bei der Eigenverwaltung die Geschäftsführung in den Händen des bisherigen Unternehmers.
Anstelle eines Insolvenzverwalters bestellt das Gericht lediglich einen so genannten Sachwalter, dessen Aufgaben im Vergleich stark eingeschränkt sind. Der Sachwalter überwacht vor allem, ob die Geschäftsführung im Rahmen der Verfahrensabwicklung die geltenden Gesetze einhält und die Interessen der Gläubiger angemessen berücksichtigt.
Ein entscheidender Vorteil der Eigenverwaltung ist, dass der Unternehmer die Kontrolle über sein Unternehmen behält und die Sanierung aktiv gestalten kann. Im Gegensatz zu früher, als eine Insolvenz oft mit der Abgabe der Macht an den Insolvenzverwalter und damit dem Verlust des Lebenswerkes verbunden war, behalten Unternehmer heute die Kontrolle über ihr Unternehmen.
Weitere wesentliche Vorteile der Eigenverwaltung sind u.a.
- Löhne und Gehälter der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind für maximal drei Monate durch das Insolvenzgeld gesichert.
- Es bestehen erleichterte Kündigungsmöglichkeiten bei nachteiligen Verträgen.
- Die Kündigungsfrist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist auf maximal drei Monate begrenzt.
- Mit der Eröffnung des Eigenverwaltungsverfahrens entfallen die ungesicherten Verbindlichkeiten.
- Sozialplankosten sind auf maximal 2,5 Monatsgehälter begrenzt.
Chancen für Unternehmensverkäufer und Unternehmenskäufer – Wie Eigenverwaltung und M&A strategisch ineinandergreifen
Chancen für Unternehmensverkäufer
Im Rahmen der Eigenverwaltung kann sich herausstellen, dass für eine nachhaltige Sanierung und langfristige Fortführung des Unternehmens frisches Kapital benötigt wird. In solchen Fällen bietet es sich an, gezielt nach einem Investor zu suchen, der Kapital und zusätzliches Know-how in das Unternehmen einbringt.
Die Beteiligung des Investors kann dabei auf unterschiedliche Weise erfolgen, z.B. durch den Erwerb einer Minderheitsbeteiligung, die Übernahme bestimmter Geschäftsbereiche oder eine gezielte Kapitalerhöhung im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens.
Die strategische Kombination von Eigenverwaltung und gezielter Investorenbeteiligung eröffnet erhebliche Chancen. Das Unternehmen gewinnt durch frisches Kapital und neue Impulse an Stabilität und Innovationskraft und kann so Marktchancen besser nutzen. Gleichzeitig bleibt das Management handlungsfähig und behält Einfluss auf strategische Entscheidungen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die nachhaltige Steigerung des Unternehmenswertes durch eine erfolgreiche Sanierung. Durch eine erfolgreiche Sanierung wird die Ertragskraft verbessert, was wiederum den späteren Verkauf des Unternehmens deutlich attraktiver macht.
Unternehmer, die zunächst ihr Lebenswerk erhalten und weiterentwickeln, profitieren später entweder durch die langfristigen Erträge des sanierten Unternehmens oder durch einen Verkauf zu einem deutlich höheren Preis, da die erfolgreich gemeisterte Krise nicht mehr wertmindernd wirkt.
Chancen für Unternehmensverkäufer
Auch für potenzielle Käufer eines Krisenunternehmens bietet die Kombination einer Insolvenz in Eigenverwaltung mit einem M&A-Prozess besondere Vorteile. Dies gilt v.a. für solche Fälle, in denen z.B. wichtige Lizenzen oder Zertifizierungen am kriselnden Rechtsträger hängen und dieser daher erhalten werden muss.
Durch die Durchführung eines strukturierten Eigenverwaltungsverfahrens gelingt es, Haftungsrisiken für den Erwerber deutlich zu reduzieren. Potenzielle Risiken wie z.B. undurchsichtige Finanzstrukturen oder (versteckte) Haftungsrisiken werden durch das Verfahren systematisch eliminiert.
Dies ist insbesondere bei einem Share-Deal im Anschluss an eine Eigenverwaltung oder bei einem Einstieg als Gesellschafter im Rahmen eines Insolvenzplans von erheblicher Bedeutung.
Darüber hinaus schafft der begleitete Restrukturierungsprozess klare Strukturen, verbessert die interne Transparenz und erlaubt eine realistische Einschätzung der zukünftigen Entwicklung des Unternehmens. Dies stärkt das Vertrauen potenzieller Investoren.
Eigenverwaltung als aktiver Schutz vor Haftung
Ist die Insolvenz unausweichlich, schützt ein rechtzeitiger Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung Unternehmer aktiv vor persönlicher Haftung und insbesondere vor dem Vorwurf der Insolvenzverschleppung.
Wann liegt Insolvenzverschleppung vor?
Insolvenzverschleppung liegt vor, wenn die Geschäftsführung trotz eingetretener Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) oder Überschuldung (§ 19 InsO) den gesetzlich vorgeschriebenen Insolvenzantrag nicht oder zu spät stellt, § 15a Abs. 1 InsO.
Wichtig zu wissen: Eine eingetretene Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung hindert nicht daran, die besondere Verfahrensart der Eigenverwaltung in Anspruch zu nehmen.
In Deutschland ist die Insolvenzverschleppung bei juristischen Personen (z.B. GmbH oder AG) gemäß § 15a Abs. 4, 5 InsO eine Straftat, die neben erheblichen strafrechtlichen auch zivilrechtliche Konsequenzen für die verantwortlichen Geschäftsführer oder Vorstände haben kann.
Besonderheiten bei mehrköpfiger Geschäftsführung
Besteht die Geschäftsführung aus mehreren Personen, können alle Mitglieder gleichermaßen persönlich haftbar gemacht werden. Denn jedes Mitglied der Geschäftsführung ist für die ordnungsgemäße und rechtzeitige Stellung des Insolvenzantrags persönlich verantwortlich.
Auch Geschäftsführer, die erst später von der wirtschaftlichen Schieflage der Gesellschaft erfahren, sind verpflichtet, sich unverzüglich ein Bild von der Lage zu machen und gegebenenfalls selbst einen Insolvenzantrag zu stellen.
Dabei entlastet es den Geschäftsführer nicht, wenn er sich darauf beruft, andere Mitglieder der Geschäftsführung hätten sich aufgrund interner Zuständigkeitsregelungen darum kümmern müssen.
Um persönliche Haftungsrisiken zu vermeiden, ist daher eine regelmäßige und frühzeitige objektive Überprüfung der Liquiditäts- und Vermögenslage unerlässlich. Bei Eintritt von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ist unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung, ein Insolvenzantrag zu stellen (§ 15a Abs. 1 InsO).
StaRUG als strategische Ergänzung zu Eigenverwaltung und M&A – Präventiv sanieren statt Insolvenz
Seit 2021 steht Unternehmen und wirtschaftlich Selbstständigen mit dem „Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen“ (StaRUG) eine Möglichkeit zur Verfügung, eine drohende Zahlungsunfähigkeit frühzeitig zu beseitigen, ohne ein Insolvenzverfahren durchlaufen zu müssen.
Das StaRUG-Verfahren setzt also voraus, dass nach der eigenen Liquiditätsplanung zwar eine Zahlungsunfähigkeit droht, jedoch noch nicht eingetreten ist.
Somit richtet sich das Verfahren ausdrücklich an Unternehmen und wirtschaftlich Selbstständige in einer frühen Krisenphase, die frühzeitig und vorausschauend agieren wollen, um eine tiefere Krise oder Insolvenz zu vermeiden.
Vorteile eines StaRUG-Verfahrens
Ein wesentlicher Vorteil des StaRUG-Verfahrens besteht darin, dass es eine Restrukturierung unter weitgehender Eigenregie des Unternehmens bzw. Unternehmers ermöglicht. Im Gegensatz zum Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung erfolgt das StaRUG-Verfahren grundsätzlich außerhalb eines Insolvenzverfahrens, so dass das Stigma einer Insolvenz vermieden wird.
Zudem ermöglicht es eine gezielte Restrukturierung einzelner Verbindlichkeiten mithilfe eines Restrukturierungsplans, der auch gegen den Widerstand einzelner Gläubiger gerichtlich bestätigt werden kann. Voraussetzung hierfür ist, dass eine Mehrheit der betroffenen Gläubigergruppen dem Plan zustimmt.
Für wen eignet sich ein StaRUG-Verfahren besonders?
Das StaRUG bietet sich besonders für Unternehmen an, die bereits frühzeitig ihre finanzielle Schieflage erkennen, noch über ausreichende Liquidität verfügen und deren Geschäftsmodell grundsätzlich tragfähig ist.
Es ist ideal für Unternehmen, die einzelne Gläubiger oder Gläubigergruppen restrukturieren möchten, beispielsweise Banken, Anleihegläubiger oder wesentliche Lieferanten, ohne dabei den gesamten Betrieb oder sämtliche Verbindlichkeiten einem Restrukturierungsprozess zu unterziehen.
Demgegenüber eignet sich eine Eigenverwaltung besser für Unternehmen, bei denen bereits Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist. Dies gilt nicht nur, weil in diesem Fall der Gang ins StaRUG-Verfahren generell verschlossen ist.
Meist benötigen Unternehmen in diesem Stadium umfangreichere Sanierungsmaßnahmen wie tiefgreifende operative Veränderungen, Vertragsanpassungen oder einen Personalabbau und diese können wirksam nur unter Insolvenzschutz vorgenommen werden.