Insolvenz als Neuanfang: Erfolgreiche Sanierungsstrategien und Best Practices

Pflichten der Geschäftsführung, unterschiedliche Verfahrensarten und Best Practise

Recht & Steuern

Einleitung

Es gibt viele Gründe dafür, dass ein Unternehmen in eine wirtschaftliche Krise geraten kann. Diese müssen nicht immer im Unternehmen selbst liegen. Die Ursachen finden sich oft auch in Kundenbeziehungen, dem Marktumfeld oder externen Faktoren wie der Entwicklung von Rohstoffpreisen. Auch wenn das Unternehmen hierfür nicht verantwortlich ist, hat die Geschäftsführung in der Krise Ihre gesetzlichen Pflichten zu beachten. 

Pflichten der Geschäftsführung

So sieht § 1 StaRUG ist die sogenannte Krisenfrüherkennung geregelt. In der Praxis bedeutet dies, dass diejenigen, die die Geschäfte einer Gesellschaft führen, verpflichtet sind, ein System einzurichten, welches es ihnen ermöglicht, Risiken für das Unternehmen rechtzeitig zu erkennen, damit entsprechend reagiert werden kann. Sie sind also verpflichtet, ein Risikofrüherkennungssystem zu schaffen. Mit anderen Worten, sie müssen in der Lage sein, Risiken, die die Stellung eines Insolvenzantrags erforderlich machen, zu erkennen. Zentrale Bedeutung hat dabei die Schaffung einer Liquiditätsplanung. 

Das Krisenfrüherkennungssystem ist unabhängig von der Unternehmensgröße. Alle Kapitalgesellschaften in Deutschland sind verpflichtet, ein Krisenfrüherkennungssystem bei sich zu implementieren. 

Hintergrund dieses Früherkennungssystem ist, dass der Gesetzgeber versucht, dass sich die Unternehmensführung frühzeitig mit aufkommenden Krisen befasst, damit Gegenmaßnahmen ergriffen werden können. 

Haben die ergriffenen Sanierungsmaßnahmen keinen Erfolg und die Liquiditätsplanung zeigt, dass eine Insolvenz unumgänglich ist, muss umgehen gehandelt werden. Neben der täglichen Belastung eines laufenden Geschäftsbetriebs und der Suche nach Wegen aus der Krise können schnell dazu führen, dass bei Nichtbeachtung eine persönliche oder gar strafrechtliche Haftung droht.

Eine Insolvenz bedeutet heute nicht mehr vornehmlich die Liquidation und Zerschlagung des Unternehmens. Insolvenz bedeutet heute insbesondere die große Chance auf einen erfolgreichen Neustart. Je früher gehandelt wird, umso geringer sind die Einschnitte und Konsequenzen. Und desto größer sind die Chancen auf eine aussichtsreiche Zukunft. Die Praxis zeigt, dass durch ein frühzeitiges Handeln, das Vertrauen in die handelnden Personen steigt, da von einer weitsichtigen Unternehmensführung gesprochen wird. 

Neben dem klassischen Regelinsolvenzverfahren, bieten die Insolvenzordnung weitere Verfahrensarten, die für die Geschäftsführung geringere Einschritte bedeutet und die Sanierung des Unternehmens fördert. 

1. Verfahrensarten

Sanierung in Eigenverwaltung

In der Eigenverwaltung bleibt die Geschäftsführung in der Verantwortung und führt das Unternehmen fort. So können insbesondere Know-how-Brüche vermieden werden. Das Unternehmen bzw. die Geschäftsführung wird neben seinen Beratern nur durch einen gerichtlich bestellten Sachwalter unterstützt und vervollständigt. Der Sachwalter überprüft, ob keine Handlungen der Geschäftsleitung vorgenommen werden, die zu Lasten der Gläubiger gehen. Seine Befugnis beschränkt sich nur auf die Überwachung der Eigenverwaltung und auf die Zustimmung bei außergewöhnliches Geschäftsvorfällen.

Sanierung im Schutzschirmverfahren

Das Schutzschirmverfahren hat das Ziel, die Insolvenz in Eigenverwaltung zu stärken und die Verantwortlichen zu einer frühzeitigen Sanierung zu bewegen. Das Schutzschirmverfahren ist nahezu identisch mit dem zuvor dargestellten Eigenverwaltungsverfahren. Der Vorteil: Mit diesem Schutzschirm steht dem Unternehmen ein Verfahren zur Verfügung, mit dem der Schuldner unter dem Schutz der Insolvenzordnung eine Sanierung gezielt vorbereiten kann. Häufig bedeutet das die Erarbeitung eines detailliert vorzubereitenden Insolvenzplans, um das Unternehmen zu erhalten.

Regel- und Planverfahren

Grundsätzlich verfolgt das Insolvenzverfahren das Ziel, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird“ (§ 1 InsO). Es wird unterschieden zwischen Regel- und Planverfahren. Das Regelverfahren zielt auf eine gleichmäßige Gläubigerbefriedigung im Rahmen einer Quotenregelung ab. Möglich wird das durch die Liquidation der Einzelteile des Unternehmens oder durch die sogenannte übertragende Sanierung in Form des Verkaufs von Unternehmensteilen oder des ganzen Unternehmens.

Das Insolvenzplanverfahren erlaubt eine Ungleichbehandlung einzelner Gläubigergruppen und zielt auf den Erhalt des Unternehmens ab. Hierzu ist dem Insolvenzgericht ein detailliert auszuarbeitender Insolvenzplan vorzulegen und den Gläubigern zur Abstimmung zu stellen. Durch die Ungleichbehandlung der Gläubigergruppen bedarf der Insolvenzplan entsprechender Zustimmungspflichten, um rechtskräftig zu werden.

2. Best Practise

Letztes Jahr durfte ich die Wannenwetsch GmbH in einem Insolvenzverfahren begleiten. Die Wannenwetsch GmbH war ein grundsolides Unternehmen.  Doch sie gehörte zu einer Unternehmensgruppe, in der ein Tochterunternehmen wirtschaftlich in Schieflage geriet und einen Insolvenzantrag stellen musste. Die Konsequenz? 

Die gesamte Gruppe geriet ins Wanken – inklusive der Wannenwetsch GmbH. Die Wannenwetsch GmbH war spezialisiert auf das Hochdruckwasserstrahlen und hatte in Deutschland einen Marktanteil von ca. 20 %. 

Im Insolvenzverfahren konnte ich und mein Team den Geschäftsbetrieb fortführen und stabilisieren. Aufgrund der starken Markstellung gab es eine Vielzahl an Interessenten und möglichen Investoren. Um das beste Ergebnis zu erzielen, habe ich mich dazu entschlossen, das Unternehmen im Ganzen in einer Online-Auktion zu versteigern. 

Das war in Deutschland ein einmaliger Vorgang, dass ein gesamtes Unternehmen mit laufendem Geschäftsbetrieb versteigert wurde. 

Ein Investor wurde gefunden, der den Betrieb übernommen hat. Die Wannenwetsch GmbH bleibt in Thüringen, der Standort in Meiningen bleibt erhalten, und der Geschäftsbetrieb läuft weiterhin stabil. Alle Mitarbeiter konnten übernommen werden – sogar neue Stellen wurden geschaffen! 

Gastautor

  • André Rombach