Interview: Fallstricke und Gestaltungsoptionen

Den Übergang im Familienunternehmen zum Wohl des Betriebs und der Nachfolgegeneration zu regeln, ist eine Kunst. Rechtsanwalt Dr. Daniel Mundhenke erklärt, welche rechtlichen, steuerlichen und emotionalen Aspekte dabei zu berücksichtigen sind.

Recht & Steuern
Zwei Personen im Business-Interview

Unternehmensnachfolgen innerhalb der Familie stellen mittelständische Betriebe vor große Herausforderungen. Veränderte Lebensentwürfe der Nachfolgegeneration erschweren es zunehmend, innerhalb der Familie geeignete Nachfolger zu finden. Hinzu kommen rechtliche, steuerliche, finanzielle und emotionale Hürden. Dr. Daniel Mundhenke, Rechtsanwalt und Mediator bei BRL Boege Rohde Luebbehuesen, gibt wertvolle Einblicke, wie Unternehmerinnen und Unternehmer diese Herausforderungen bewältigen und den Fortbestand des Betriebs sowie den familiären Frieden sichern können.

DUP UNTERNEHMER-Magazin: Wie haben sich die Rahmenbedingungen und Anforderungen für familieninterne Unternehmensnachfolgen in den vergangenen Jahren entwickelt? 

Daniel Mundhenke: Demografiebedingt stehen weiterhin eine sehr hohe Anzahl mittelständischer Familienbetriebe vor der Nachfolge. Die Lebensplanung der Nachfolgegeneration sieht heutzutage oftmals nicht mehr den Einstieg in das elterliche Unternehmen vor. Fachkräftemangel und gestiegene Finanzierungskosten können zudem einen Verkauf an externe Dritte erschweren. Steuerlich bieten sich bei der Übertragung von Unternehmen durch Schenkung oder von Todes wegen gegenwärtig auf Basis gesetzlicher Verschonungsregelungen unter bestimmten Voraussetzungen noch sehr günstige Gestaltungsvarianten, mit denen die Schenkung- bzw. Erbschaftsteuerlast erheblich reduziert oder sogar vollständig vermieden werden kann. Ob diese gesetzlichen Verschonungsregelungen auch zukünftig politisch aufrechterhalten werden, ist nach derzeitigem Stand keineswegs gesichert. Zielführend könnte es daher sein, sich diese Vorzüge im Rahmen einer Unternehmensnachfolge im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zu Lebzeiten nutzbar zu machen, solange der gesetzliche Rahmen dies noch ermöglicht. 

Welche zentralen Überlegungen sollten bei der Planung einer familieninternen Unternehmensnachfolge angestellt werden, um sowohl das Fortbestehen des Unternehmens als auch den familiären Frieden zu sichern? 

Mundhenke: Bedeutsam ist zunächst der Zustand des Unternehmens selbst. Wie gut ist es aufgestellt, besteht eine zweite Führungsebene sowie ein – beratendes – Aufsichtsgremium, zum Beispiel ein Beirat, bedarf es Modernisierungen, wie steht es wirtschaftlich und im Markt da? Wichtig ist dann die Frage, welche Ziele der Unternehmer konkret verfolgt. Wer soll beispielsweise die Unternehmensnachfolge antreten? Die „auserkorenen“ Nachfolger, nicht selten einzelne mehrerer Abkömmlinge, sollten sowohl die gebotene fachliche als auch die menschliche Qualifikation mitbringen. Zudem müssen sie überhaupt Interesse an der Nachfolge haben. Möchte der Unternehmer weiter Einfluss ausüben können, zum Beispiel indem er nur einen Teil seiner Gesellschaftsanteile überträgt, als Geschäftsführer fortwirkt oder einem Aufsichtsgremium beitritt? 

Relevant ist weiter, wann die Umsetzung der Nachfolge erfolgen soll, zu Lebzeiten oder von Todes wegen. Die vorweggenommene Erbfolge zu Lebzeiten bietet den erheblichen Vorteil, dass die Nachfolge noch persönlich begleitet werden kann. Die Gestaltung der Nachfolge von Todes wegen durch letztwillige Verfügung, beispielsweise durch ein Unternehmertestament, bietet ebenfalls vielfältige Gestaltungsoptionen, die sich im Einzelfall als zielführend erweisen können. Im Rahmen der Verfügung von Todes wegen kann es sich beispielsweise nach Möglichkeit anbieten, die Gesellschaftsanteile vorübergehend einem Testamentsvollstrecker zu unterstellen, um unter anderem Streit unter den Erben zu vermeiden oder minderjährigen beziehungsweise sehr jungen Nachfolgern zumindest vorübergehend die Bürde der Unternehmensführung abzunehmen. 

Nicht zuletzt aus Gerechtigkeitserwägungen und zur Vermeidung späterer Streitigkeiten, insbesondere im Erbfall, sollten auch die übrigen von der Entscheidung betroffenen Familienmitglieder, insbesondere die nicht als Unternehmensnachfolger auserkorenen, eingehend in die Kommunikation und Abwägung einbezogen werden, um den familiären Frieden zu wahren. Hierbei geht es sowohl um Fragen der Wertschätzung wie auch um die Frage, wie eine „gerechte“ vermögensmäßige Aufteilung des Vermögens zu Lebzeiten beziehungsweise im Todesfall des Unternehmers erfolgen kann. Hierbei spielen nicht zuletzt auch erbrechtliche Fragen eine Rolle, die stets mit bedacht und frühzeitig geregelt werden sollten.

Welche typischen Konfliktpotenziale können während des Nachfolgeprozesses innerhalb der Familie entstehen, und welche Strategien haben sich in der Praxis als erfolgreich erwiesen, um diese zu entschärfen? 

Mundhenke: Die Konfliktpotentiale innerhalb der Familie können sehr vielgestaltig sein. Neben Fragen der Verteilungsgerechtigkeit und Wertschätzung innerhalb der Familie besteht ein typisches Problem etwa dann, wenn der Unternehmer nach Übertragung auf die nächste Generation nicht „loslassen“ kann. Während eine Unterstützung für die Nachfolgegeneration oftmals wünschenswert ist, kann zu viel Dominanz die Nachfolger aber auch zu sehr einschränken und sogar blockieren. Selbstreflexion und Kommunikation, dazu im Einzelfall maßgeschneiderte Kompetenzabgrenzung, die dann auch gelebt wird, sind hier zielführend, um Konfliktpotenziale zu entschärfen. Da die Kommunikation innerhalb einer Familie oftmals sensibler und emotionaler ist als bei einer sachlichen Auseinandersetzung unter Dritten, kann es sich anbieten, die Gespräche bezüglich der Nachfolgeplanung durch einen Moderator begleiten zu lassen oder sogar eine Mediation zu bemühen, um eine strukturierte Gesprächsebene zu schaffen, den roten Faden nicht zu verlieren und die Emotionen besser zu steuern. 

Welche Rolle spielen externe Berater im Nachfolgeprozess, und wie kann deren Expertise sinnvoll integriert werden, ohne die Autonomie der Familie zu gefährden?

Mundhenke: Externe Berater sind essenziell für eine gelungene Nachfolge. Neben den wirtschaftlichen Aspekten ist zu bedenken, dass die Planung einer Unternehmensnachfolge vor allem auch aus rechtlicher und steuerlicher Sicht in erheblichem Maße Fallstricke mit sich bringen, aber auch vielfältige Gestaltungsoptionen bieten kann, die eine qualifizierte Beratung erfordern. Von daher soll eine externe Beratung unter Berücksichtigung der Interessen des Unternehmers und seiner Familie Gestaltungsmöglichkeiten aufzeigen, die erst die bestmögliche, autonome Entscheidung innerhalb der Familie ermöglichen. 

Wie können finanzielle und steuerliche Risiken während des Übergabeprozesses minimiert werden? 

Mundhenke: Die finanziellen Risiken können vielgestaltig sein. Unabhängig von den finanziellen Anforderungen des Unternehmens selbst spielen unter schiedliche finanzielle Bedürfnisse und Ansprüche innerhalb der Familie eine Rolle. Wichtig ist, dass der Unternehmer und gegebenenfalls sein (Ehe-)Partner auch nach der Übertragung wirtschaftlich abgesichert sind. Sollte das übrige Vermögen hierfür nicht ausreichen, kann der Unternehmer zum Beispiel in Erwägung ziehen, nur einen Teil des Unternehmens zu übertragen, für die Übertragung einen Kaufpreis zu fordern oder sich zukünftige Erträge an dem Unternehmen vorzubehalten, der sogenannte Ertragsnießbrauch.

Je nach Nachfolgegestaltung ist auch zu berücksichtigen, inwieweit die nicht zur Unternehmensnachfolge berufenen Familienmitglieder eine Entschädigung erhalten sollen. Alternativ kann beispielsweise auch von vornherein die Lösung in der Gründung einer Familien Holding liegen, in die das Unternehmen überführt wird. Eine solche bietet die Möglichkeit, sämtliche Familienmitglieder wirtschaftlich in dem gewünschten Umfang am Unternehmen zu beteiligen, die operative Leitung und Verantwortung aber auf einzelne von ihnen zu fokussieren. Stets zu berücksichtigen ist, wie sich die Nachfolgeplanung auf den späteren Erbfall des über tragenden Unternehmers auswirkt. Bei der Gestaltung sollte unter anderem beachtet werden, ob „übergangene“ Abkömmlinge oder der (Ehe-)Partner Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend machen könnten, so dass gegebenenfalls auch die Vereinbarung von Pflichtteilsverzichten zu erwägen sein kann. 

Ziel ist es regelmäßig, dass die Substanz des Unternehmens zur Erfüllung finanzieller Verpflichtungen nicht angegriffen werden muss. Steuerlich stellen sich bei jeder Übertragung einzelfallspezifische Fragen, die nicht zuletzt auch von der Unternehmensform, dem Vorhandensein von Immobilien, der Art der Übertragung – entgeltlich oder unentgeltlich –, et cetera abhängen. Zu prüfen ist insbesondere, ob und inwieweit die Übertragung steuerlich optimiert gestaltet werden kann. Eine eingehende einzelfallbezogene Beratung ist auch insoweit unerlässlich.

 

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