Herausforderungen im MBi-Verkaufsprozess
Immer weniger Mittelständler finden geeignete Nachfolger im Kreise ihrer Familie. Nach ersten Gesprächen wer die Bürde der Nachfolge in der eigenen Familie nicht übernehmen will und den folgenden Überlegungen, wem man aus der Belegschaft eine Fortführung des Geschäfts nicht zutraut, schwenkt der Blick auf eine externe Weitergabe. Schnell glaubt man in einem Management Buy-in (MBi) Kandidaten einen hervorragenden Unternehmer finden zu können.
Doch wie tickt diese für traumhaft-befundene Käuferspezies eigentlich? Ein Perspektivwechsel versucht Antworten zu geben:
Warum überlegt man sich als Einzelkämpfer überhaupt ein Unternehmen zu übernehmen?
Die meisten Kandidaten kommen aus dem Umfeld der Unternehmensberatung und sind davon überzeugt auch als Unternehmer erfolgreich sein zu können. Oder sie stehen gerade auf der Schwelle im aktuellen Unternehmen mehr Verantwortung zu übernehmen und doch wieder keine, schon lange versprochenen Gesellschaftsanteile zu erhalten und denken sich, dass schaffe ich auch alleine, „Ich schicke meinen besten Mann!“ und manage in Zukunft selbst.
Bevor es in den aus MBi-Sicht 5-schrittigen Nachfolgeprozess geht, sollte sich jeder Kandidat gewissenhaft mit sich selbst auseinandersetzen. Soll wirklich ein etabliertes Unternehmen übernommen werden oder will man nicht doch lieber selbst ein „sexy“ Startup gründen? Daneben müssen kaufmännische, fachliche und soziale Kompetenzen vorhanden sein, um ein Unternehmen führen zu können. Schon hier die dringende Empfehlung, sich professioneller Hilfe in Form von Assessments und Coaching zu bedienen.
In der Planungsphase wird es vor allem um den wundesten Punkt des MBi gehen, nämlich seine Kapitalausstattung und Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten. Mit den stark angestiegenen Zinsen wird unlängst von jeder Bank erwartet, dass der MBI mindestens 20% des möglichen Kaufpreises aus eigenen Mitteln stemmen kann; mithin also etwa das Betriebsergebnis eines Jahres an Eigenkapital selbst vorweisen kann. Zwar gibt es auch hier Fördertöpfe, die angegangen werden können. Aber viel wichtiger ist das Zugeständnis auf Seiten des Veräußerers, dem MBi zum Beispiel ein Verkäuferdarlehen einzuräumen. Dieses wirkt wie Eigenkapital für den MBi und kann damit eine mögliche Lücke in dessen Finanzierung schließen. Hier sollte der Übergeber dem Übernehmer also schon frühzeitig entgegenkommen und die Bereitschaft signalisieren ein Verkäuferdarlehen gewähren zu wollen.
In der Sondierungsphase kommt es nun zwischen Unternehmer und MBi zum ersten, technischen Kontakt. Dieser ist in großen Teilen stark formalisiert. Den Unternehmensnamen bekommt der MBi meist nur nach Unterzeichnung einer Geheimhaltungsvereinbarung (NDA genannt), die mit Strafandrohungen gespickt ist. Viel wird der Kandidat versuchen über das Unternehmen herauszubekommen. Bleibt das Interesse bestehen, wird ein Eckpunktepapier (LOI genannt) im Rahmen der Vorverhandlungen aufgesetzt, welches die Daumenschrauben schon ordentlich anzieht.
Das Herzstück des Prozesses bildet die dann folgende Prüfungsphase mit der Due Diligence. Hier werden die aufgebauten guten Beziehungen auf die Probe gestellt. Denn will der Unternehmer einen hohen Wert für die Vergangenheit erhalten, so ist der MBi darauf erpicht einen möglichst niedrigen Preis für die Zukunft zahlen zu wollen, um seine Finanzierung wieder schnell einspielen zu können. Daher fällt es beiden Seiten naturgemäß schwer, persönliches von fachlichem zu trennen.
In der Verhandlungsphase schließlich, wo es vor allem um die Kaufpreisbezifferung gehen wird, werden dem Unternehmer aber auch Garantien vom MBi abverlangt werden, die die eine Seite als Bedrohung ansieht vor allem in Bezug auf seinen Leumund ein gesundes Unternehmen weitergeben zu wollen, aber ohne die die andere Seite keinen Kauf abschließen wird, wegen zu befürchtender Ungewissheiten für z.B. Haftungsrisiken in der Zukunft.
Kein MBi wird ohne geplante Integrationsphase ein Unternehmen adhoc und sofort von null auf hundert das komplette Geschäft alleine operativ und strategisch übernehmen. Vielmehr Bedarf es einer geführten Übergangszeit, in der der Altunternehmer dem Jungunternehmer beratend zur Verfügung steht. Viele gemeinsame Besuche bei Banken, Versicherungen, Zulieferern und den wichtigsten Kunden stehen an. Spätestens hier zahlt sich Harmonie zwischen Veräußerer und Erwerber aus, die dann auch wieder auf das Vertrauen von Dritten in die Unternehmensnachfolge durchschlägt.
Fazit:
Die Unternehmensübergabe an eine externe Person ist kein Bargeschäft des täglichen Lebens, wo Ware gegen Geld getauscht wird, und sollte folglich von beiden Seiten nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Eine Rest-Unsicherheit verbleibt bei jedem MBi-Kandidaten schon bevor es mit dem Verkaufsprozess so richtig los geht. Das erfordert Mut auf Seiten des Erwerbers und auch Vorvertrauen in den veräußerungswilligen Unternehmer. Beiden Parteien wird auf ihrer Reise einiges abverlangt. Und nur wer es schafft sich mit den jeweiligen Perspektiven der „Gegenseite“ intensiv auseinanderzusetzen, wird am Ende erfolgreich sein. Denn ein gemeinsames Ziel haben beide: Die nachhaltige Weitergabe des Lebenswerkes in eine neue Unternehmergeneration.
Eine noch intensivere Auseinandersetzung mit der Thematik Management Buy-in und dem wechselseitigen Umgang der Parteien miteinander, liefert das Fachbuch des Autors: „Der erfolgreiche Management Buy-in“, welches bei Springer Gabler im Sommer/Herbst 2024 erscheint. Darin werden die unterschiedlichen Sichtweisen von Veräußerer und vor allem Erwerber auf den Prozess vertieft und Strategien für den gemeinsamen Erfolg aufgezeigt.