Erfolgreiche Unternehmensnachfolge als konzeptionelle Aufgabe
Angesichts des demografischen Wandels hat die Unternehmensnachfolge eine erhebliche volkswirtschaftliche Bedeutung. Gleichzeitig stellt das jeweilige Unternehmen das wesentliche Vermögen des Unternehmers dar. Viele Unternehmer schieben die Nachfolgefrage hinaus, bis es häufig zu spät ist. Die Gründe hierfür sind vielfältig und bestehen häufig neben emotionalen Herausforderungen aufgrund der Verbundenheit zum eigenen Unternehmen und den Mitarbeitern aus wirtschaftlichen Gründen, da das Unternehmen die Einkommensgrundlage ist und es angesichts des demografischen Wandels weniger Kaufinteressenten gibt, die bereit sind, einen entsprechend hohen Kaufpreis zu bezahlen. Nicht selten schwingt auch die Hoffnung mit, eines der Kinder würde sich doch bereitfinden, das Unternehmen zu übernehmen. Eine solche Gemengelage führt typischerweise dazu, dass der Unternehmer schlicht abwartet und das Tagesgeschäft weiterbetreibt, sich aber nicht auf die Unternehmensnachfolge konzentriert, so dass das Risiko steigt, dass das Unternehmen aufgrund Krankheit oder im schlimmsten Fall Tod des Unternehmers schlicht schließen muss.
Ganzheitlicher Ansatz
Eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge erfordert daher einen ganzheitlichen Ansatz, der sowohl die persönlichen als auch die beruflichen Verhältnisse des Unternehmers berücksichtigt. Erfahrene Berater empfehlen einen mindestens dreijährigen Fahrplan, der unter Berücksichtigung der persönlichen und beruflichen Verhältnisse sowie unter Zugrundelegung der folgenden Phasen erarbeitet wird:
- Bestandsaufnahme (Analyse der Ist-Situation und Motivlage, Wertermittlung und Geschäftsplanung)
- Frühe Phase – drei Jahre vor der geplanten Nachfolge (Handlungsempfehlungen zu Vermögen, Gesellschaftsstruktur, Betriebsimmobilie, Steueroptimierung und Notfallkoffer)
- Mittlere Phase – zwei Jahre vor der geplanten Nachfolge (Überprüfung und Optimierung der Konzepte betreffend das Vermögen, die Altersversorgung, das Management und die Organisation des Unternehmens)
- Späte Phase – ein Jahr vor der geplanten Nachfolge (Planung der Mittelverwendung, Überprüfung der Finanzierungsstruktur, der Produkte, Prozesse und Investitionen des Unternehmens, Ermittlung des Käuferprofils)
- Veräußerungsphase (Due Diligence und Kaufvertragsverhandlung, Unterstützung bei der Sicherstellung der Finanzierung durch den Käufer)
- Phase nach der Veräußerung (Umsetzung der Vermögensplanung, Einarbeitung des Erwerbers bzw. Unterstützung der Integration des Unternehmens in die Unternehmensgruppe des Erwerbers)
Der Erfolg des Nachfolgeprozesses hängt von der konsequenten Planung der Nachfolge ab. Der Unternehmer, der sein Unternehmen erfolgreich aufgebaut hat, meint häufig, den Nachfolgeprozess selbst managen zu können. Hierbei unterliegt er aber einem Irrtum. Während der Unternehmer Experte in seiner Branche bzw. seinem Tätigkeitsfeld ist, würde es zu lange dauern und wäre nicht effektiv, wenn er versuchen würde, sich Expertenwissen in einem Umfang anzueignen, der die Hinzuziehung von M&A-Beratern, M&A-Anwälten und Transaktions-Steuerberatern obsolet machte. Hinzu kommt, dass nicht zuletzt in Verhandlungen mit potenziellen Kaufinteressenten eine Good-Cop-/Bad-Cop-Strategie sinnvoll sein kann, so dass der Berater deutlicher fordernd auftreten und dem abgebenden Unternehmer die Möglichkeit geben kann, die Forderung des Beraters im Wege eines Zugeständnisses ganz oder teilweise aufzugeben. Daher ist abgebenden Unternehmern dringend anzuraten, frühzeitig erfahrene M&A-Berater und M&A-Anwälte hinzuzuziehen.
Finanzierung des Kaufpreises
Sofern Manager – entweder bestehende Manager des Unternehmens im Rahmen eines sog. Management Buy-out (MBO) oder ein externes Management im Rahmen eines sog. Management Buy-in (MBI) – Interesse am Erwerb des Unternehmens haben, stellt sich häufig die Frage der Finanzierung des Kaufpreises. Sofern weder der abgebende Unternehmer, noch der bzw. die Erwerber von erfahrenen M&A-Beratern und M&A-Anwälten beraten werden, sind ihnen die verschiedenen Möglichkeiten der Akquisitionsfinanzierung, d.h. der Finanzierung des Kaufpreises, nicht ohne weiteres bekannt. Dazu gehören neben regulären Bankkrediten u.a. Earn-out-Vereinbarungen, Verkäuferdarlehen, mezzanines Kapital und Fördermittel. Von besonderer Bedeutung ist hierbei, dass das zum Verkauf stehende Unternehmen und damit das Unternehmensvermögen als Sicherheit für die Finanzierung dienen. Da die Finanzierung des Kaufpreises ein wesentlicher Faktor ist, den der abgebende Unternehmer selbst beeinflussen kann, empfiehlt sich auch aus diesem Grund, dass der abgebende Unternehmer erfahrene M&A-Berater und M&A-Anwälte hinzuzieht.
Sonderfall: Stufenweise Nachfolge
Die häufig ohne entsprechend erfahrene Berater gewählte Variante bei Problemen bei der Aufbringung des Kaufpreises ist die sog. stufenweise Nachfolge, d.h. die Veräußerung nur eines Teils der Geschäftsanteile an dem Unternehmen an den Erwerber mit der Erwartung, mehr zu veräußern, wenn künftige Gewinne dies ermöglichen. Mangels klaren Wechsels in der Verantwortung entstehen in diesem Fall unklare Verantwortlichkeiten, die insbesondere die Mitarbeiter verwirren und zu Konflikten führen. Typischerweise führt dies ab einem bestimmten Punkt auch zu Konflikten zwischen dem abgebenden und dem erwerbenden Unternehmer, so dass die Unternehmensnachfolge zu scheitern droht und nicht selten in einen Rechtsstreit mündet. Sollte tatsächlich kein anderer Weg als eine stufenweise Nachfolge in Betracht kommen, bedarf es eines von Anfang an vereinbarten festen Konfliktlösungsmechanismus, der die Besonderheiten der Unternehmensnachfolge berücksichtigt. In diesen Konstellationen ist daher die Hinzuziehung eines erfahrenen M&A-Anwalts unerlässlich.
Kommission Unternehmensnachfolge des BVMW
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) hat die Bedeutung der Unternehmensnachfolge für den Mittelstand und die gesamte deutsche Volkswirtschaft erkannt und deshalb eine Kommission Unternehmensnachfolge eingerichtet, die aus Experten auf dem Gebiet der Unternehmensnachfolge besteht. Die Kommission Unternehmensnachfolge hat Forderungen an die Politik erarbeitet und erweitert diese regelmäßig, um die Rahmenbedingungen für Nachfolgen zu erleichtern. Gleichzeitig steht die Kommission Unternehmensnach-folge des BVMW auch für entsprechende Fragen und Empfehlungen zur Verfügung, sofern das jeweilige Unternehmen Mitgliedern des BVMW ist oder sich für eine Mitgliedschaft ent-scheidet. Der Autor ist Rechtsanwalt mit langjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Unternehmensnachfolge und zugleich Vorsitzender der Kommission Unternehmensnachfolge des BVMW.