Führen mit Stil
Über Managementprinzipien und E-Commerce-Wandel diskutierten Otto-Vize-Chef Dr. Rainer Hillebrand und Ebay-Deutschland-Lenker Dr. Stephan Zoll auf dem ersten Hamburger Unternehmer-Dinner von EO und DUB.
Zwei Manager, zwei Meinungen? Nein. Obwohl Rainer Hillebrand, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Otto Group, und Stephan Zoll, Vice President Ebay Deutschland, für unterschiedliche Unternehmenskulturen stehen, waren sie sich im Gespräch über guten Führungsstil doch recht einig: Eine offene Kommunikation und die Wertschätzung der Mitarbeiter sind unabdingbar für die Leitung großer Konzerne. Hillebrand und Zoll trafen sich beim ersten Hamburger Unternehmer-Dinner, veranstaltet vom Netzwerk Entrepreneurs’ Organization (EO) und der Deutschen Unternehmerbörse (DUB). Mit den Chefs der beiden Handelsriesen sprachen DUB UNTERNEHMER-Chefredakteur Thomas Eilrich sowie -Herausgeber und EO-Mitglied Jens de Buhr.
Was ist für Sie guter Führungsstil?
Stephan Zoll: Dazu gehört in jedem Fall eine offene Kommunikation. Ohne die geht es nicht. Außerdem ist wichtig, gerade in unserem Feld, ein gewisses Risiko zuzulassen – selbst wenn dann Fehler passieren können. Wertschätzung ist ein anderes zentrales Thema. Besondere Leistungen werden bei uns honoriert und kommuniziert. „Hold heroes high“ ist für mich ein elementares Thema.
Rainer Hillebrand: Erfolge gemeinsam zu feiern und Niederlagen gemeinsam zu verarbeiten ist wichtig. Und unabdingbar ist Vertrauen. Ich vertraue meinen Führungskräften extrem. Das heißt nicht, dass ich nicht auch kontrolliere. Aber ich bin überzeugt, dass Spitzenleute nur Spitzenleistungen bringen können, wenn sie einen Chef haben, der ihnen auch mal den Rücken frei hält, wenn etwas schiefgeht.
Welche Eigenschaft sollte eine gute Führungskraft mitbringen?
Hillebrand: In einem Konzern ist es wichtig, entbehrlich zu sein. Ich habe jetzt die zehnte Führungsposition innerhalb von 23 Jahren inne. Immer habe ich mir Mitarbeiter gesucht, die mich ersetzen konnten oder das Potenzial dazu hatten, mich zu ersetzen. Das hat mir gleichzeitig die Möglichkeit zum nächsten Karriereschritt eröffnet.
Also leiden Sie nicht an Kontrollzwang, wie andere Manager teilweise?
Hillebrand: Überhaupt nicht. Wenn ich in den Urlaub fahre, nehme ich mein Smartphone nicht mit, lese keine E-Mails, bin einfach aus der Welt. Der einzige Mensch in der Firma, der für den Notfall die Nummer des Prepaid-Handys kennt, ist meine Sekretärin.
Es geht also auch ohne Sie?
Hillebrand: Üblicherweise schon. Sich entbehrlich zu machen ist ein guter Lackmustest für einen Konzern und sein Management.
Wann ist ein Chef denn besser: wenn er geliebt oder wenn er gefürchtet wird?
Zoll: Es sollte eine gute Mischung sein. Nur Liebe ist gefährlich, lediglich gefürchtet zu sein bringt aber auch nichts. Ich halte es in diesem Fall mit der Aussage von Altkanzler Schröder zur Agenda 2010: Fördern und Fordern. Das ist im Unternehmen immens wichtig. Gerade die besten Mitarbeiter muss der Manager fordern, sodass sie über sich hinauswachsen können. Zeitgleich muss er sie fördern und entsprechend motivieren.
Welche Entscheidung war bislang die schwerste im Rahmen Ihrer Tätigkeit?
Zoll: Die schwerste Entscheidung ist immer, Mitarbeiter zu entlassen.
Hillebrand: Das kann ich nur unterstreichen. Generell geht es auch hier darum, offen miteinander zu reden.
Lassen sich Menschen über eine gute Führung verändern?
Hillebrand: Wenn das menschliche Verhalten Grund der Entlassung ist, lässt sich mit Gesprächen kaum etwas erreichen. Es gibt Menschen, die kann man nicht ändern. Selbst wenn Menschen trainieren und dann wissen, worauf sie achten müssen, kann es passieren, dass ihr Verhalten das Unternehmen belastet. Dann muss man sich trennen.
Bei welchen Konflikten war denn bisher Ihre Führungsstärke gefragt?
Zoll: Als Ebay zum Beispiel das Start-up Brands4Friends erwarb, musste ich zwischen Erwartungen und Befürchtungen vermitteln. Ich war Geschäftsführer von Ebay Deutschland und übernahm nach der Akquisition die Führung des Start-ups. Die Herausforderung war auf der einen Seite, das bis dato erfolgreiche Start-up in ein reiferes, nachhaltig wirtschaftendes Unternehmen zu entwickeln ohne den Start-up Spirit aufzugeben und auf der anderen Seite die Integration in den Konzern und seine Strukturen zu managen.
Aus welchen Gründen scheitern Manager?
Zoll: In Konzernen wie eBay und Otto muss ein Manager ein Gespür haben für interne Abhängigkeiten und Prioritäten. Er muss lernen, diese zu beeinflussen, wenn er sie nicht im Alleingang ändern kann. Auch wenn eine Idee gut ist, wird sie nicht automatisch umgesetzt. Um erfolgreich zu sein, muss man dies berücksichtigen und entsprechend agieren.
Hillebrand: Eine entscheidende Frage ist doch, welche Einstellung wir in Deutschland zum Thema Scheitern haben. Wir besetzten das zumeist ausschließlich negativ. Das ist beispielsweise in den USA anders. Zumindest hat ein gescheiterter Manger dort kein Loser-Image. Das sind teilweise sehr gute Leute, die aufgrund von wirtschaftlichen oder kaufmännischen Themen auf die Nase gefallen sind, die aber eines in Zukunft sicher tun: genau hingucken. Aus Fehlern lernt man. So jemand hat nach meinem Verständnis einen zweiten genauen Blick verdient.
Was tun Sie, wenn ein Mitarbeiter nicht die Leistung bringt, die Sie erwarten?
Zoll: Wenn jemand die Leistung nicht erbringt, überprüfe ich zunächst, ob die gegenseitigen Erwartungen nicht klar formuliert sind. Wenn klare Erwartungen nicht erfüllt werden, die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter aber persönlich gut ins Unternehmen passen, muss ich überlegen, ob sie vielleicht im falschen Job angesiedelt sind. Eventuell lassen sich ein anderes Umfeld oder eine Tätigkeit schaffen, die besser passt, und wo die Leistung dann stimmt.
Worauf achten Sie bei der Einstellung neuer Mitarbeiter?
Zoll: Die Vita muss nicht steil nach oben rechts verlaufen. Sind grundsätzliche Voraussetzungen erfüllt, ist die Persönlichkeit entscheidend. Letztlich muss die Person in die Kultur des Unternehmens passen und in das Team.
Was tun Sie dafür, um Ihre Führungsqualitäten zu erhalten oder zu verbessern?
Hillebrand: Ich habe in meinem Leben nur wenige Seminare freiwillig besucht. Ich bin aber überzeugt davon, dass Manager sich in dieser dynamischen Welt ständig hinterfragen müssen. Eine Führungskraft sollte permanent zuhören, neugierig sein. Kurz: Es geht um Reflexion, und dabei kann sie sich auch individuelle Unterstützung durch Coachs holen.
Zoll: Das kann ich nur unterstreichen. Zuhören ist sehr wichtig. Selbst wenn eine Führungskraft in den Themen ist und die ersten Antworten auf entsprechende Fragen bereits kennt, ist es wichtig, nicht immer seinem ersten Impuls zu folgen.
Auf welche Leistung außerhalb des Berufslebens sind Sie stolz?
Zoll: Ich finde, dass Leistungsmessung im Privaten wenig zu suchen hat. Aber in diesem Jahr war ich zum Beispiel stolz, als ich auf dem Gipfel des Elbrus stand, des höchsten Bergs Europas im Kaukasus. Ob Erfolg oder nicht, es war eine Grenzerfahrung von der Art, wie ich sie mag.
Hillebrand: Für mich ist es der Freundeskreis, den ich trotz aller beruflichen Verpflichtungen habe und behalte. Das sehe ich als persönlichen Erfolg. Denn eines müssen sich Manager wie wir bewusst machen: Es geht meist nicht um sie persönlich, sondern um das Amt. Von dem Tag an, an dem ich diesen Job nicht mehr habe, verschwinde ich ganz schnell von den Einladungslisten und Geburtstagslobhudeleien. Der Respekt und die Zuneigung aus dem Beruf sind nur geliehen.
Zoll: Es gibt aber auch beides kombiniert.
Hillebrand: Stimmt, aber das ist selten.
Das interessiert andere Leser
-
Wann beginnt die große Insolvenzwelle?
Die Politik versucht, die Insolvenzwelle mit allen möglichen Mitteln abzuwenden. Unsere Umfrageergebnisse zeigen jedoch, dass zum 1. Quartal 2021 ein klarer Anstieg bei Insolvenzanträgen erwartet wird.
-
Commerzbank und Deutsche Unternehmerbörse DUB.de verlängern ihre Kooperation zur Unternehmensnachfolge
Die Commerzbank und DUB.de verlängern die Zusammenarbeit zur Unternehmensnachfolge, um Unternehmer auch weiterhin beim Nachfolgeprozess zu unterstützen.
-
Trügerische Sicherheit: Insolvenzen in Deutschland unter Vorjahresniveau
Die erwartete Insolvenzwelle ist bisher ausgeblieben, doch könnten die Antragsstellungen im ersten Quartal 2021 wieder deutlich zunehmen.
-
Mit präventiven Sanierungsverfahren Insolvenzen vermeiden
Ab dem kommenden Jahr soll es Unternehmen leichter gemacht werden, sich auch ohne der Insolvenzverfahren einer finanziellen Rekonstruierung zu unterziehen.
-
Wie haftet die Geschäftsführung in der Insolvenz?
Es droht eine Insolvenz? In welcher Form haftet der Geschäftsführer und welche Möglichkeiten gibt es um Haftungsrisiken zu vermeiden?
-
Neue Möglichkeiten für die Unternehmenssanierung
Präventive Restrukturierung heißt: Unternehmen frühzeitig sanieren, bevor es zu einem Insolvenzverfahren kommt. Mit dem Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen soll es 2021 ein neues Werkzeug geben.
-
Jetzt erfolgreich IT- und Software-Unternehmen übergeben
Das DUB Whitepaper bündelt Expertise und Ratschläge rund um den Nachfolgeprozess in der IT- und Software-Branche. Jetzt kostenlos herunterladen!
-
So finden Sie das passende Franchise-System
Das geeignete Franchise-System zu finden ist keine leichte Aufgabe. Doch wenn Sie die richtigen Fragen zur richtigen Zeit stellen, kommen Sie Ihrem Ziel einen großen Schritt näher.
-
Insolvenzantrag stellen - Zahlungsunfähig oder nicht?
Der „Lockdown light“ könnte etliche Unternehmer in eine finanzielle Notlage bringen. Doch ab wann eine „Zahlungsunfähigkeit“ vorliegt und was es dabei zu beachten gilt, erklärt Rechtsanwalt Björn Schwencke.
-
Familienstiftung neu gedacht – eine besondere Form der Holding
Gesellschaftsverträge, Gesellschaftervereinbarungen, Testamente, Erbverträge und Steuern – gefühlt beschäftigt sich ein Mandant mit nichts anderem, wenn er sein Unternehmen in die nächste Generation ...
-
Die Angst vor der Unternehmensübergabe
Gespräch mit Nils Koerber, Gründer und Inhaber von KERN – Unternehmensnachfolge. Außerdem verlosen wir 5 Fachbücher zur Unternehmensnachfolge im Wert von je 29,00 Euro. Jetzt teilnehmen und gewinnen!
-
Erfolgreiche Nachfolgelösung der Metallbau Kaiser GmbH
Der Weg der Metallbau Kaiser GmbH zur international tätigen JAZO-Unternehmensgruppe gelingt mit Hilfe der Deutschen Unternehmerbörse, nachdem eine interne Nachfolge fehlschlug.
-
Insolvenz im Mittelstand - 45 Prozent könnten betroffen sein
Manche Experten rechnen bereits für das Jahresende mit einem deutlichen Anstieg der Zahlen bezüglich Insolvenzen. Besonders betroffen: der Mittelstand
-
Handelsblatt Symposium: Sanierungs- und Insolvenzrecht 2020
Am 22. Oktober 2020 diskutieren Top-Experten in Düsseldorf über die Zukunft der Sanierung von Unternehmen. Wie kann die Umsetzung der EU-Richtlinien gelingen und welche Wege aus der Krise gibt es?
-
Unternehmensnachfolgerinnen des Jahres ernannt
Zum dritten Mal wurde der Next Generation Award verliehen. Der Verband deutscher Unternehmerinnen möchte durch diesen Preis die Leistungen von Frauen in der Unternehmensnachfolge herausstellen.
-
Franchise Expo 2020: Online Edition
Dieses Jahr findet die Franchise Messe 2020 nicht in Frankfurt, sondern online statt. Blättern Sie hier vorab durch das virtuelle Messemagazin.
-
Geschäftsführer stirbt, was nun?
Was passiert eigentlich mit dem Unternehmen, wenn ich von heute auf morgen nicht mehr da bin? Folgende 4 Punkte gehören in jeden Notfallplan.
-
Nachfolgemangel in der Logistikbranche
Immer mehr prädestinierte Nachfolger möchten ihren eigenen Weg gehen und nicht in die Fußstapfen der Eltern. Wie ist es um die Nachfolgesituation in der Logistikbranche bestellt?
-
Auswirkungen der Corona-Epidemie auf den Unternehmenskaufpreis
Viele Unternehmen konnten durch staatliche Hilfsmaßnahmen durch die Krise gebracht werden. Kommt nach dem Ende der Maßnahmen im Herbst die große Insolvenzwelle?
-
Wie kaufe ich ein Unternehmen aus der Insolvenz?
Die Pandemie hat dazu geführt, dass viele Unternehmen heute insolvent sind, obwohl sie eigentlich ein funktionierendes Geschäftsmodell aufweisen. Für Investoren bieten diese eine echte Chance.
-
DUB-White Paper: Übernahme im Gastronomiegewerbe
Das exklusive DUB-Whitepaper: „Eigener Chef in der Gastronomie“ bringt Sie in die optimale Startposition und ist ihr idealer Ratgeber für den Einstieg in die Herausforderung „Unternehmenskauf“.
-
Chef gesucht!
Einen Geschäftsführer mit Unternehmerkompetenzen und finanzieller Ausstattung zu finden ist die Kür der Nachfolgeberatung. Worauf kommt es dabei an und wie gelingt die Übergabe erfolgreich?
-
Das Exposé: Grundlage für einen erfolgreichen Unternehmensverkauf
Über ein Exposé sollen sich potentielle Käufer eines Unternehmens umfassend über das zu verkaufende Unternehmen informieren können. Was dort unbedingt hinein gehört, lesen Sie hier.
-
Märklin, Schiesser und Matratzen Direct: Ihr Weg aus der Insolvenz
Eines haben die drei Traditionsunternehmen gemeinsam: Ihnen gelang ein gelungener Neustart. Sie zeigen, dass eine Krise nicht unbedingt ein Zeichen von Schwäche, sondern eine Chance für eine Neuausrichtung ...
-
Earn-outs beim Unternehmensverkauf - Vorsicht vor Fallstricken
Eine Kaufpreissplittung muss zuweilen her: Earn-Outs können bei der Abwicklung der Unternehmensnachfolge helfen. Ganz ohne Risiko ist dieses Verfahren jedoch nicht
-
PE-Fonds bei KfW-Darlehen jetzt im Nachteil
Unternehmen im Besitz von Private-Equity-Investoren erhalten seit Anfang Juni keine finanzielle Hilfe durch die KfW. Welche Hintergründe hat dieser Beschluss?
-
Unternehmensverkauf über eine Auktion oder einen Einzelprozess?
Ein Unternehmensverkauf kann auf verschiedenen Wegen erfolgen. Die Vor- und Nachteile eines Einzelprozesses und einer Auktion fasst Gastautor Patrick Seip zusammen.
-
Umfrage: Das Ende der familieninternen Unternehmensnachfolge?
DUB.de hat Unternehmer und Nachfolger zu ihren Erfahrungen zu abgeschlossenen oder noch laufenden Nachfolgeprozessen befragt. Hier sind die Ergebnisse.
-
Haftung bei der Übernahme insolventer Unternehmen
Wer insolvente Firmen kaufen möchte und die Haftung vermeiden will, sieht sich mit einigen Begriffen und Gesetzen konfrontiert. Dabei ist die Materie gar nicht so komplex.
-
Restrukturierung von Pensionszusagen
Welche Möglichkeiten bieten Pensionspläne, um in der Corona-Krise liquide zu bleiben? Ein aktuelles Praxisbeispiel zeigt, wie es geht.