Geld? Zweitrangig!
EU-Tagung: Unternehmensgründer fordern vor allem weniger Bürokratie.
Fördertöpfe spielen nicht die größte Rolle.
Unternehmer fordern schnelle Entscheidungen.
Applaus für das bulgarische Projekt Brandiko, das schon Schulkindern beibringt, wie man eine Marke gründet. Applaus für "Wiesbaden engagiert", das vor allem sozial Benachteiligten hilft. Und Applaus für die Ungarin, die Mütter mit kleinen Kindern erfolgreich zu Gründerinnen macht. In Neapel feiert die EU-Kommission die kleinen und mittleren Unternehmen. Auch die für Deutschland ausgezeichnete Unternehmerin Swetlana Reiche des Leipziger Online-Kontaktlinsen-Versands Lensspirit ist als Sprecherin dabei.
Während im Stadtzentrum die Demonstranten gegen das parallel laufende EZB-Treffen demonstrieren, widmet sich die SME Assembly den Hoffnungsträgern für die Konjunktur. Schließlich sind Firmen mit weniger als 250 Angestellten in Europa für 85 Prozent der neuen Jobs verantwortlich. SME steht für Small and Medium Enterprises. Mit Förderprogrammen und dem Small Business Act will Brüssel das Unternehmertum auch im Kleinen fördern. Der Small Business Act soll sicherstellen, dass nationale Gesetze auf ihre Wirkung auf die kleinen Unternehmen geprüft werden.
Fördergeld ist nicht immer entscheidend. "In Europa gibt es 260 öffentliche Förderprogramme für angehende Unternehmer, in den USA nur 200. Dennoch haben wir weniger Start-ups", gibt Amit Pau zu bedenken, Direktor des Venture-Capital-Investors Ariadne Capital.
Weniger Bürokratie ist die Hauptforderung hier in Neapel. Klare Checklisten, was in welchem Land gebraucht wird. Das wünschen sich die jungen Unternehmer, die hergekommen sind. Dass die Gründung eines Softwareunternehmens nur fünf Minuten im Internet dauert wie bei Allan Poola von Proekpert in Estonien, davon können die meisten anderen nur träumen.
Mehr Geld von der EU fordern die wenigsten. "Sich für Fördergelder zu bewerben ist oft Zeitverschwendung", findet Georg Ludviksson, der Gründer der Softwarefirma Meniga aus Island. "Dann wird man gut im Anträgeschreiben, aber nicht darin, ein gutes Produkt zu entwickeln", sagt der Firmenchef, dessen Softwareprogramm für Privathaushalte unter anderem bei Comdirect läuft. "Die EU sollte gute Lebensbedingungen garantieren und es dann den Unternehmen leicht machen, etwa mit Steuererleichterungen in den ersten Jahren", meint Ludviksson.
Der Unternehmer Ilja Laurs aus Vilnius, der sich mit seiner Firma GetJar in Kalifornien auf Apps spezialisiert, spricht sich komplett gegen staatliche Hilfen aus. "Es ist falsch, mit dem Geld die Unternehmen in ihrer Strategie zu kanalisieren", sagt Laurs. Außerdem sei es "nicht fair, öffentliche Gelder dafür zu nutzen, dass der Unternehmer nachher den ganzen Gewinn einstreicht". Vielmehr sollte sich die EU darauf fokussieren, die Infrastruktur zu stellen und die Finanzierung von Privaten zu erleichtern.
Ob die Unternehmer Geld von der EU fordern, hängt oft davon ab, wie kapitalintensiv ihr Geschäft ist. Ein Software-Start-up hat weniger Kosten als eines, das in Maschinen investieren muss. Marek Ozana aus der Tschechischen Republik muss mit seinem Technologie-Unternehmen Ochi auch mal eine halbe Million Euro in Kompressoren investieren. "Uns helfen die EU-Fördergelder enorm", stellt er klar, "auch um in einem zweiten Schritt das Vertrauen der Banken zu erhalten."
Swetlana Reiche, die Gründerin von Lensspirit ist ohne öffentliche Gelder ausgekommen, als die auf der Krim geborene Immigrantin 1997 ihr Unternehmen gründete. Auch sie glaubt wie viele, dass mehr als Geld und administrative Hilfen die eigene Einstellung zählt, wie etwa der Wille durchzuhalten. Und das hätten nicht alle Menschen, sagt Reiche. "Aber es muss ja nicht jeder Unternehmer sein."
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