Vorbehaltsnießbrauch

Welche Möglichkeiten bietet der Nießbrauch aus wirtschaftlicher, rechtlicher und steuerlicher Sicht? Für Unternehmer kann er eine zielführende Gestaltungsoption bei der Nachfolgeplanung sein.
Unternehmensnachfolge: Der Vorbehaltsnießbrauch
Gute Planung ist wichtig: Ist der Unternehmer fürs Alter ausreichend abgesichert?

Die erste Hürde ist genommen. Der Unternehmer hat die Entscheidung getroffen, das Unternehmen auf die nächste Generation zu übertragen. Am Liebsten soll dies unentgeltlich erfolgen, um die Nachfolger, häufig die Kinder, nicht direkt finanziell zu belasten, etwa durch eine Kaufpreisverpflichtung. Aber ist der Unternehmer fürs Alter ausreichend abgesichert?

Eine häufig gewählte Gestaltung, um den Unternehmer auch nach Übertragung der Gesellschaftsanteile weiterhin aus den Erlösen des Unternehmens abzusichern, besteht darin, dass dieser sich im Rahmen der Übertragung der Gesellschaftsanteile einen Nießbrauch vorbehält.

Ein Nießbrauch gewährt dem Unternehmer das Recht, sämtliche oder – je nach vertraglicher Gestaltung – auch nur einzelne Nutzungen aus den Gesellschaftsanteilen auch nach erfolgter Übertragung auf die Nachfolger weiterhin zu ziehen. Ein Vollrechtsnießbrauch gewährt dem Unternehmer auch nach Übertragung der Gesellschaftsanteile neben den Erträgen beispielsweise auch Stimm- und Verwaltungsrechte.

Ertragsnießbrauch: Erträge an den Gesellschaftsanteilen vorbehalten

Demgegenüber lässt sich der Nießbrauch, wie bei der Unternehmensnachfolge häufig der Fall, auch so ausgestalten, dass er auf das Recht zum Bezug der Gewinne beschränkt wird (sog. Ertragsnießbrauch). In diesem Fall behält sich der Unternehmer die Erträge an den Gesellschaftsanteilen vor, wohingegen die Stimm- und Verwaltungsrechte mit Übertragung der Gesellschaftsanteile auf den Nachfolger übergehen.

Der vorbehaltene Nießbrauch ermöglicht es folglich dem Unternehmer, die Gesellschaftsbeteiligung wie beabsichtigt auf die Nachfolger zu übertragen, die fortan über die Geschicke der Gesellschaft bestimmen können und an Wertzuwächsen der Beteiligung direkt selbst partizipieren.

Die Gewinne stehen indes weiterhin – je nach Ausgestaltung des Nießbrauchsrechts ganz oder quotal – für die vereinbarte Dauer des Nießbrauchsrechts dem Unternehmer zu. Die Gestaltungsoptionen sind vielgestaltig und bieten dem Unternehmer die Möglichkeit, seine Vorstellungen individuell umzusetzen.

Auch unter steuerlichen Gesichtspunkten gehört die Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt zum Standardrepertoire, spätestens seit 2009 eine Gesetzesänderung dazu geführt hat, dass der Kapitalwert des Nießbrauchs uneingeschränkt vom Steuerwert des übertragenen Vermögens abgezogen werden kann.

Verunsicherndes Urteil des Bundesfinanzhofs

In der Unternehmensnachfolge besteht dabei das Ziel, die steuerpflichtige Aufdeckung stiller Reserven im Rahmen der Nachfolge zu vermeiden und gleichzeitig die erbschaft- und schenkungsteuerliche Betriebsvermögensverschonung nicht zu gefährden. Besondere steuerliche Herausforderungen ergeben sich diesbezüglich bei der im Mittelstand weit verbreiteten Unternehmensnachfolge in Personengesellschaften, wenn sich der Übergeber weiterhin die Ausübung von Gesellschafterrechten vorbehält.

Für Verunsicherung hatte zwischenzeitlich ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25.1.2017 (X R 59/14) gesorgt, wonach eine einkommensteuerneutrale Übertragung eines Gewerbebetriebs auf einen Nachfolger nicht möglich sei, wenn der Übertragende sich den Nießbrauch vorbehält. Durch BFH-Urteil vom 6.11.2019 (II R 34/16, BStBl II 2020, 465) sowie ein Schreiben des BMF vom 20.11.2019 wurden bisher offene Rechtsfragen geklärt, so dass insofern erfreulicherweise mittlerweile Rechtssicherheit in der Gestaltungspraxis besteht.

Die Finanzverwaltung hat in ihrem BMF-Schreiben klargestellt, dass – anders als bei Einzelunternehmen – jedenfalls bei Personengesellschaften der Vorbehalt eines Nießbrauchsrechts der steuerneutralen Übertragung unter Buchwertfortführung nicht entgegensteht, wenn der Nachfolger eine Mitunternehmerstellung erhält. Diese ist auch Voraussetzung für die erbschaft- und schenkungsteuerliche Verschonung.

Einräumung einer Stimmrechtsvollmacht zugunsten des Übertragenden

Neben der Teilhabe an den wirtschaftlichen Risiken und Chancen ist dafür erforderlich, dass der Nachfolger grundsätzlich auch die mit der Beteiligung verbundenen Stimm- und Verwaltungsrechte, zumindest in Bezug auf die sogenannten Grundlagengeschäfte, ausüben kann. Bei einem Vollrechtsmissbrauch ist dies nicht der Fall. Allein die Einräumung einer Stimmrechtsvollmacht zugunsten des Übertragenden (Nießbrauchsberechtigten) steht hingegen nach dem Urteil des BFH vom 6.11.2019 der ertragsteuerneutralen Übertragung sowie erbschaft- und schenkungsteuerlichen Verschonung nicht entgegen.

Diese Rechtsprechung wurde zwischenzeitlich auch von der Finanzverwaltung veröffentlicht und wird somit von dieser angewendet. Vergleichsweise unproblematisch ist der Vorbehalt eines Nießbrauchs bei der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, da es hier für die Verschonung nicht auf die Übertragung einer Mitunternehmerstellung ankommt.

Der (Ertrags-)Nießbrauchsvorbehalt ist daher sowohl aus wirtschaftlicher wie auch aus rechtlicher und steuerlicher Sicht eine häufig zielführende Gestaltungsoption im Rahmen der Unternehmensnachfolge. Entscheidend bleibt die sorgfältige Vertragsgestaltung im jeweiligen Einzelfall.

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Gastautoren

Dr. Daniel Mundhenke
Dr. Daniel Mundhenke
LL.M. (London), Rechtsanwalt, Mediator, Partner
BRL Boege Rohde Luebbehuesen PartG mbB

Dr. Nils Meyer-Sandberg
Dr. Nils Meyer-Sandberg
Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht, Partner
BRL Boege Rohde Luebbehuesen PartG mbB

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