Earn Out

Was ist eine Earn-Out-Vereinbarung beim Unternehmensverkauf? 

Eine Earn Out -Vereinbarung bedeutet bei einem Unternehmensverkauf, dass der Kaufpreis vom Käufer aufgeteilt wird in einen fixen Anteil und einen flexiblen Teil. Der flexible Teil wird dann an die Erreichung von bestimmten Zielen geknüpft und erst nach Übertragung der Unternehmensanteile ausgezahlt. Bei vielen Unternehmensverkäufen oder Unternehmensnachfolgen sind Earn Out - Klauseln ein wichtiges Thema. Allgemein gelten diese als probates Mittel, Risiken für den Käufer zu reduzieren und unterschiedliche Vorstellungen vom Verkaufspreis zu harmonisieren.

Der fixe Teil des Kaufpreises geht zumeist direkt nach Vertragsabschluss auf dem Konto des Verkäufers ein. Eine Earn-Out-Zahlung ist hingegen erst nach dem Eintreten bestimmter Bedingungen fällig. Der Erwerber gewinnt somit Zeit und kann den variablen Teil des Kaufpreises aus den laufenden Erträgen seines neuen Unternehmens bedienen. Nach Abschluss eines Unternehmensverkaufes sind Earn Out - Klauseln oftmals ein Thema anwaltlicher Auseinandersetzungen, denn sie sind gut für den Käufer.

Ungewisse Zukunft - Earn-Out-Vereinbarungen

Earn-Out-Vereinbarungen sind je nach Qualifizierung unterschiedlich zu bilanzieren. Vergütung oder bedingte Kaufpreiszahlung? Gerade in Zeiten wirtschaftlich unsicherer Erwartungen kann es vorkommen, dass Käufer und Verkäufer die künftige Entwicklung unterschiedlich einschätzen und abweichende Vorstellungen über den Kaufpreis des Unternehmens entwickeln. Um die Transaktion dennoch abschließen zu können, werden häufig neben einem vorläufigen Kaufpreis auch zusätzliche, von der zukünftigen Entwicklung des Unternehmens abhängige Zahlungen – Earn-Outs – vereinbart. Als Maßstab für die Ertragsentwicklung des Unternehmens werden in der Regel finanzielle Kennzahlen wie EBITDA und EBIT zugrunde gelegt.

Die Bilanzierung der Earn-Out-Vereinbarungen ist von verschiedenen Faktoren abhängig und kann erhebliche Auswirkungen auf die allgemeine Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des erwerbenden Unternehmens haben. Die Vorschriften zur bilanziellen Abbildung von Earn-Out Klauseln nach den weit verbreiteten International Financial Reporting Standards (IFRS) wurden für Unternehmenserwerbe ab dem Geschäftsjahr 2010 neu geregelt. In einem ersten Schritt ist demnach zu prüfen, ob die zusätzlichen Zahlungen im Zusammenhang mit dem Erwerb des Unternehmens stehen (bedingte Kaufpreiszahlung) oder ob es sich wirtschaftlich um eine Vergütung von Mitarbeitern des erworbenen Unternehmens handelt. Letzteres ist insbesondere dann zu prüfen, wenn der Verkäufer, etwa ein ehemaliger geschäftsführender Gesellschafter, nach der Transaktion weiter beschäftigt wird. 

Sofern eine Earn-Out-Klausel als Vergütung von Mitarbeitern anzusehen ist, erfolgt in der Regel eine Erfassung als Personalaufwand über den vereinbarten (Mindest-)Dienstzeitraum. Zeitwertreduzierung ist Ertrag. Sofern die Earn-Out-Klausel nicht als Vergütung, sondern als bedingte Kaufpreiszahlung qualifiziert wird, ist zu unterscheiden, ob die bedingte Gegenleistung als Verbindlichkeit oder als Eigenkapital zu klassifizieren ist. Die in der Praxis sehr häufig anzutreffenden nachträglichen Kaufpreiszahlungen sind als Verbindlichkeit einzuordnen. Der erstmalige Ansatz erfolgt mit dem beizulegenden Zeitwert zukünftiger Zahlungen und erhöht in der Regel den Goodwill aus dem Unternehmenserwerb.

Nach dem Akquisitionszeitpunkt eintretende Änderungen des beizulegenden Zeitwerts – etwa aufgrund einer vom Plan abweichenden Ertragsentwicklung – sind in der Regel ergebniswirksam zu erfassen. Entwickelt sich das erworbene Unternehmen schlechter als ursprünglich eingeschätzt, führt dies häufig zu einer Reduzierung des beizulegenden Zeitwerts der bedingten Gegenleistung, der als Ertrag in der Gewinn- und Verlustrechnung auszuweisen ist. Aufgrund der zum Teil erheblichen Auswirkungen nachträglicher Änderungen des beizulegenden Zeitwerts der bedingten Gegenleistung auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, ist es empfehlenswert, bereits im Zuge des Erwerbsprozesses Analysen bezüglich des beizulegenden Werts und seiner möglichen zukünftigen Schwankungen vorzunehmen.

Autoren: 
Michael Oppermann, Leiter Financial Accounting Advisory bei EY
Andreas Grote, Partner im Bereich Financial Accounting Advisory bei EY.
 

Anwendung von Earn-Out-Klauseln

Anwendung findet ein Earn Out oft, wenn die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens schwer prognostizierbar ist, wie z.B. beim Kauf eines Start-Ups als auch bei Unternehmen, deren wirtschaftlicher Erfolg von den dort engagierten Persönlichkeiten abhängt. Der Käufer bindet den Kaufpreis so an konkret erfüllte Ziele. Die Definition der Ziele liegt dabei in der Hand der Vertragsparteien. Dies kann die Gewinnung einer bestimmten Anzahl von Neukunden oder ein fest definiertes Umsatzziel sein. Es obliegt den Verhandlungspartnern, einzuschätzen, ob ein solches Ziel realistisch ist. 

Käufer versuchen oftmals, den Gewinn als Berechnungsbasis von Earn-Out-Klauseln heranzuziehen. Aus der Praxis ist davon abzuraten, da der Gewinn durch ein geschicktes Kostenmanagement deutlich gestaltbarer als ein vergleichsweises hartes Umsatz- oder Neukundenziel ist. Grundsätzlich sind Earn-Out-Klauseln beim Unternehmensverkauf ein Käuferinstrument, denn wenn die vereinbarten Ziele nicht erreicht werden, kann die variable Kaufpreiskomponente komplett entfallen. Es gilt also vorher die Verhandlungslinie gegenüber dem Käufer klar zu definieren. 

Die Earn-Out-Klausel beim Unternehmensverkauf verhandelt insofern immer die Übernahme eines zukünftigen wirtschaftlichen Risikos durch den Verkäufer. Dies geht zudem mit geringer werdenden Mitspracherechten einher. Kurz gesagt: Ein Verkäufer verhandelt in diesem Fall seinen abnehmenden Gestaltungsspielraum. Erfahrungsgemäß hilft es, spätestens zu diesem Zeitpunkt einen transaktions-erfahrenen Berater mit einzubeziehen. Mit dessen Projekterfahrung lassen sich realistische Earn-Out-Modelle und eine klare Verhandlungsstrategie entwickeln. Zusammenfassend lässt sich sagen: Earn-Out-Klauseln bei einem Unternehmensverkauf können die Verhandlungen dramatisch beschleunigen. Aus Verkäufersicht sind diese dennoch nur mit großer Vorsicht anzuwenden.

Wann ist bei M&A-Deals an eine Earn Out - Zahlung zu denken?

Wenn sich bei der Übernahme des Unternehmens der klassische Konflikt abzeichnet, dass zwischen den Preisvorstellungen von Käufer und Verkäufer eine gravierende und unüberwindbare Lücke klafft, sollten beide Seiten die Earn-out-Zahlung ins Auge fassen. In der Regel haben sie zuvor schon sonstige Mittel ausgeschöpft, Multiples-Berechnungen angestellt und lange Verhandlungen geführt – allerdings vergeblich. Nun wird ein Unternehmensberater die Earn Out - Zahlung ins Spiel bringen.

Was kann an Earn Outs problematisch sein?

Im Rahmen von M&A-Deals klingt das Prinzip bestechend. Dennoch birgt die Vereinbarung Sprengstoff. Sie bürdet zunächst einmal dem Verkäufer ein unternehmerisches Restrisiko auf, denn er erhält die Zahlung schließlich nur, wenn sich das Unternehmen wie gewünscht entwickelt. Wenn es sich nicht so entwickelt, muss das nicht die Schuld des Nachfolgers sein, denn Märkte können sich ändern. Damit entginge dem Verkäufer ein Anteil am Unternehmenswert von bis zu 20 Prozent, denn so hoch werden Earn-out-Zahlungen vereinbart (selten unter 10 Prozent). Der Käufer wiederum wird durch die Zahlung möglicherweise in einer Turnaround-Phase belastet, in welcher er die Liquidität eigentlich für sein Unternehmen braucht. Da er aber vorab nicht wissen kann, ob der Turnaround gelingt, setzt er lieber auf die Earn-out-Zahlung als auf eine Vorab-Zahlung des gesamten Kaufpreises.

Praktische Durchführung im Rahmen der Unternehmensnachfolge

Das Verfahren kommt sehr oft bei mittelständischen Deals zum Einsatz, deren Volumen 100 Millionen Euro nicht übersteigt. Es bietet sich vor allem dann an, wenn sich das Unternehmen in einer Wachstumsphase befindet. Wenn dieses Wachstum durch die Unternehmensnachfolge nicht beeinträchtigt wird, erhält der Verkäufer möglicherweise mehr Geld. Es gibt auch Verkäufer, deren Unternehmen gerade eine Restrukturierungsphase durchläuft und die gerade deshalb den Kaufpreis auf diese Weise splitten wollen.

Sie soll den Käufer motivieren, der aufgrund der teuren Restrukturierung zunächst schwache Zahlen sieht und daher an keine hohe Bewertung glaubt. Über den laufenden Turnaround wird er natürlich informiert. Wenn dieser glückt, empfindet der Käufer die Zahlung in ein bis zwei Jahren als gerechtfertigt. Wenn sich das Unternehmen nicht wie gehofft erholt, muss er sie vielleicht nicht leisten. Sie kann auch sehr gering ausfallen.

Tipp: M&A-Verhandlungen gründlich führen!

Im Kern möchte der Verkäufer seinen Einfluss auf das M&A-Target wahren, um die Zahlung zu erhalten. Der Käufer wünscht aber höchstens einen begrenzten Einfluss des ehemaligen Inhabers. Die Bedingungen hierfür müssen genau ausgehandelt werden. Ansonsten schafft die Earn-out-Zahlung nicht die gewünschte Gerechtigkeit, sondern unter Umständen eher Fehlanreize. Daher werden für so eine Konstruktion stets ausreichend intensive M&A-Verhandlungen empfohlen.

Autor: Ingo Claus, Partner von K.E.R.N. 

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