Gelungener Wechsel

Was für zwischenmenschliche Beziehungen gilt, ist auch in Sachen Nachfolge in einem Familienunternehmen von Bedeutung – loslassen können wirkt sich positiv aus.

Loslassen ist immer schwierig. Speziell bei Familienunternehmern ist die Beziehung zur eigenen Aufgabe besonders tief. Es besteht eine sehr starke Identifikation – oft sind es viele Jahre, vielleicht mehrere Jahrzehnte, in denen die „elder generation“ in ihrem Familienunternehmen gewirkt hat. Und gerade dieser Generation fällt es oft extrem schwer loszulassen. Zumal im Normalfall eine direkte familiäre Beziehung zwischen der älteren übergebenden und der nächsten übernehmenden Generation gegeben ist.

Gleiches Tempo

Loslassen stellt aber einen, möglicherweise den entscheidenden Erfolgsfaktor für jeden Generationenwechsel dar. Ohne Loslassen kann es keinen gelungenen Generationenwechsel geben. Wie könnte ein Staffellauf, eine Stabübergabe funktionieren, wenn ein Läufer den Stab nicht an den nächsten übergibt? Richtiges Loslassen heißt, aktiv zu übergeben. Wie bei einem Staffellauf ist es auch bei der Unternehmensnachfolge wichtig, dass zum Zeitpunkt der Übergabe beide Beteiligte schnell und mit gleicher Geschwindigkeit unterwegs sind.

Eigene Erfahrungen

Gleich schnell laufen können heißt für die ältere Generation, nicht zu spät abzutreten, aber auch den Nachfolgern genügend Freiraum zu geben. Dabei erscheint es am zweckmäßigsten, dass die Entwicklung der nächsten Generation unabhängig von der älteren erfolgt – etwa in einem anderen Unternehmen, wo sie sich ohne Sohn- oder Tochterbonus in fremder Umgebung bewähren können und müssen. Eine echte, keine künstliche Umgebung ist dabei entscheidend. Gleich schnell laufen können heißt für die nächste Generation, dass sie sich selbst fordert, sich klare Ziele setzt, im Rahmen dieser Vorbereitung an ihre Grenzen geht, bereit ist, Fehler zu machen und durch diese eigene Erfahrungen zu sammeln. Das Feiern eigener Erfolge, unabhängig von einer eventuell erfolgreichen Elterngeneration, ist dabei ein angenehmer, aber ebenso wichtiger Teil. Gleich schnell laufen können heißt für beide Generationen: wechselseitiges Anerkennen der jeweiligen Situation, dass beide Seiten gefordert sind, und dass es meist schwerer ist loszulassen als zu übernehmen.

Sukzessive Trennung

Vollständiges Loslassen soll nicht heißen, dass es in der Folge zu einer vollständigen Trennung kommt. Wenn die ältere Generation losgelassen hat und die nächste Generation selbstständig „läuft“, dann soll die ältere Generation bereit sein, die nächste Generation zu unterstützen, wenn sie gefragt wird. Dies ist für die Nachfolger kein Zeichen der Schwäche, sondern ein aktives Schöpfen aus dem Brunnen der Erfahrung der älteren Generation – und insgesamt ein Vorgehen, das für beide Seiten motivierend und fruchtbar ist, das zusätzlich zum Erfolg der nächsten Generation beitragen sollte.

Ich rufe also die „elder generation“ auf, bereit zu sein loszulassen, denn nur dadurch kann das erklärte Ziel eines erfolgreichen Generationenwechsels - speziell in Familienunternehmungen - erreicht werden.

Ich rufe aber auch die „next generation“ auf, die Erfahrungen der Älteren zu nutzen und diese anzusprechen. Wie bei einem Staffellauf ist es auch bei der Unternehmensnachfolge wichtig, dass zum Zeitpunkt der Übergabe beide Beteiligte schnell und mit gleicher Geschwindigkeit unterwegs sind.



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Zum Autor

Paul Senger-Weiß
Mitglied des Aufsichtsrats der Gebrüder Weiss Holding AG

Paul Senger-Weiß

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