Freundliche Übernahme

Der Feinkosthandel „Il Nuraghe“ steht seit Jahrzehnten für höchste Qualität. Um ihr Lebenswerk zu sichern, entschieden sich die jeweils kinderlosen Gründer Richard Retsch und Gesuino Atzeni für eine externe Nachfolge – mit Erfolg.

"Die Liebe zur italienischen Lebensart war einfach stärker.“ Für Richard Retsch eine Erkenntnis, die sein Leben von Grund auf ändern sollte.
Vor mehr als 30 Jahren machte er aus seiner Passion eine Profession. Aus dem Finanzbeamten wurde ein Unternehmer.

Nach einem längeren Italien-Aufenthalt gründete der Wahl-Nürnberger gemeinsam mit dem Sarden Gesuino Atzeni 1981 „Il Nuraghe“. Das Unternehmen mit Sitz in Fürth importiert italienische Delikatessen und vertreibt sie an Kunden im Groß- und Einzelhandel sowie in der Gastronomie und an Endverbraucher. Den sinnlichen Genuss, das südländische Lebensgefühl die vielseitige Küche Italiens – Retsch und Atzeni wollten ein wenig Dolce Vita nach Deutschland bringen. „Angefangen haben wir mit Wein aus Sardinien“, erzählt Retsch. „Auch unser Name kommt von dort.“ Nuraghen waren die prähistorischen Bauten der Ureinwohner der Insel. Die Gebilde stehen für hohe handwerkliche Qualität und Ursprünglichkeit. Werte, denen sich auch „Il Nuraghe“ verschrieben hat.

Externe Nachfolge als einzige Option

Über Jahrzehnte bauten die Geschäftspartner enge persönliche Kontakte zu regionalen Lieferanten auf. Heute wird das Unternehmen von etwa 100 Erzeugern aus ganz Italien beliefert. Die meisten dieser Betriebe befinden sich schon seit Generationen in Familienbesitz. Für die Feinkosthändler selbst war die Übergabe an die nächste Generation keine Option. „Da wir jeweils keine Kinder haben, kam für uns nur eine externe Nachfolge infrage“, erklärt Retsch. Ein Gedanke, der Seniorunternehmern oftmals schwerfällt. „Viele haben ein Problem damit, ihr Lebenswerk loszulassen“, bestätigt Nicolas Rädecke, Geschäftsführer des Mittelstands- und Nachfolgeportals Deutsche Unternehmerbörse (DUB.de).

Retsch und Atzeni jedoch handelten rechtzeitig. Als Atzeni 2012 seinen 65. Geburtstag feierte, engagierten sie Uwe Kehlenbeck von der Beratungsfirma Omegaconsulting. Kehlenbeck inserierte „Il Nuraghe“ auf mehreren Online-Handelsportalen für Unternehmen, darunter auch DUB.de. Die Resonanz auf das Verkaufsangebot war positiv. Doch nicht jeder Interessent kam infrage. „Eine Firma, die für Genuss und Sinnlichkeit steht, wäre bei einem Technokraten zum Beispiel in den völlig falschen Händen“, erklärt Kehlenbeck. „Wichtig ist, dass die Chemie stimmt.“

Gemeinsam für das Unternehmen

Für Frank Peters empfand das Inhaber-Duo schon beim ersten Treffen Sympathie, nicht zuletzt wegen der umfangreichen Erfahrungen des Übernahme-Interessenten als leitender Angestellter im Feinkostbereich. „Außerdem gefiel uns, dass er auf bestehenden Strukturen aufbauen und unsere Mitarbeiter übernehmen wollte“, sagt Retsch.

Obgleich in Norddeutschland zu Hause, reiste Peters mehrfach nach Franken und besuchte die Unternehmenszentrale samt Lager in Fürth sowie das dazugehörige Einzelhandelsgeschäft in Nürnberg. „Ich habe nach einem wirtschaftlich gesunden mittelständischen Unternehmen im Lebensmittelsektor gesucht“, erzählt der studierte Betriebswirt. Mit „Il Nuraghe“ fand er es. „Überzeugt haben mich das Produktkonzept unter anderem als Nischenanbieter für Biofeinkost, die stabilen Unternehmenszahlen und das Potenzial für neue Vertriebswege.“

Für das Unternehmen zog er ins Fränkische. „Anders geht das nicht bei einem inhabergeführten Betrieb“, sagt Peters. „Man muss voll und ganz dahinterstehen.“ Es ist Peters’ Engagement und dem guten Bauchgefühl der Ex-Inhaber zu verdanken, dass es vom Erstkontakt bis zur Unterschriftsreife im August 2013 nur ein Dreivierteljahr dauerte. „Das ist sehr schnell. Wir rechnen sonst eher mit ein bis zwei Jahren“, so Kehlenbeck.

In Jahren rechnet auch der neue Besitzer. Selbst schon in seinen Fünfzigern, ist „Il Nuraghe“ für Peters ein Zehnjahresprojekt. „Danach möchte ich das Unternehmen an meine beiden Kinder übergeben.“ Eine realistische Option – beide haben Interesse. So würde aus „Il Nuraghe“ doch noch ein Familienunternehmen. Für einen optimalen Einstieg stehen die bisherigen Inhaber dem neuen Eigentümer übergangsweise als Berater zur Seite. Insbesondere mit Retsch arbeitet Peters eng zusammen. Gemeinsam besuchten sie bereits Lieferanten in Italien. „Die Kontakte sind sehr persönlich, ihr Transfer erfordert Vertrauen“, so Retsch.

„Außerdem ist es wichtig zu verstehen, wie der italienische Markt funktioniert.“ Für Peters eine willkommene Herausforderung, der er mit Tatendrang begegnet. Der nächste Schritt? „Ganz klar, jetzt lerne ich erst mal Italienisch.“

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