Drama Neugründungen: Deutschland rutscht im Vergleich ab

Eine neue Studie legt den Finger in die Wunde: Das Gründungsgeschehen in Deutschland ist miserabel. Erfreulich aber: Immer mehr Frauen wollen sich selbstständig machen.

Deutschland, Gründerland? Das war einmal! Das belegt auch eine Statistik der Industrie- und Handelskammern, die nun öffentlich wurde. Demnach sind vergangenes Jahr erstmals weniger als 200.000 Gespräche mit interessierten Gründern in den Kammern geführt worden. Zum Vergleich: Gegenüber dem Vorjahr sind das rund sieben Prozent weniger und zudem ist dies die niedrigste Anzahl seit dem Start der Umfrage vor 15 Jahren.

Fruchten also die vielen Förderprogramme und Startup-Kampagnen nicht? Es ist ganz offenbar so. Entscheidender Grund aber für die sinkende Kurve ist der florierende Arbeitsmarkt. Das Muster ist bekannt: Läufen die Geschäfte der deutschen Firmen gut, werden neue Mitarbeiter eingestellt, die Interessierten liebäugeln dabei eher mit einem festen Anstellungsverhältnis als mit einer Selbstständigkeit. Einen Beitrag zu dieser Entwicklung liefert auch die Demografie: Die besonders gründungsstarken Jahrgänge zwischen 25 und 45 Jahren schrumpfen.

Derzeit kommen auf 1.000 Erwerbsfähige 4,4 Gründer. In Großbritannien sind es mit 8,3 fast doppelt so viele, in Israel sind es sogar 11,6. Erschreckend: Sogar 2004 waren die beiden Vergleichsländer gründungsstärker. Damals gab es in Deutschland viele Gründungen aus der Arbeitslosigkeit. Zudem war der Zugang zur Gründungsförderung für Arbeitslose noch vergleichsweise einfach.

Eine weitere Zahl unterstreicht die Misere: So geben 51,2 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland „Unternehmer“ als erstrebenswerten Karriereschritt an. In Großbritannien wollen 54,8 Prozent aller Erwerbsfähigen Unternehmer werden, in Israel sind es mit 61,5 Prozent sogar fast zwei Drittel.

Ein Lichtblick der DIHK-Studie: 42 Prozent aller Gründungsgespräche haben die IHKs mit Frauen geführt – in der Tendenz steigend. Allerdings muss hier auch bemerkt werden: Längst nicht immer entstehen daraus Selbstständigkeiten. In den DIHK-Gesprächen würden viele Frauen berichten, dass sie nicht die Möglichkeit hatten, Gründungskapital anzusparen, hilfreiche berufliche Netzwerke zu knüpfen. Der DIHK mahnt deshalb von der Politik bessere Rahmenbedingungen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf an.

In der Tendenz trägt auch die vergangene Flüchtlingswelle zu vermehrten Gründungen in Deutschland bei. So haben 2016 sich immerhin rund 700 Migranten bei den IHKs zur Unternehmensgründung erkundigt. Relativ gesehen ist der Anteil noch klein, er steigt aber. Nach Erkenntnissen der Experten gibt es erste Gründungen im Handel, in der Gastronomie, vereinzelt auch in der IT-Branche. Neben schwieriger Finanzierung sehen die IHKs vor allem Rechtsunsicherheit und mangelnde Deutschkenntnisse als Starthürden.

Generell das größte Problem ist laut den IHKs die Bürokratie. In nahezu jedem Beratungsgespräch berichten Gründer von komplizierten Regulierungen, Meldepflichten und Formularen. Gerade innovative Startups wollen One-Stop-Shops statt „Behördenmarathon“. Sie wollen alles an einer Stelle erledigen. Zudem sollte jede Gründung inklusive aller Genehmigungen binnen eines Monats möglich sein.

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