Reite die Welle

Wellenreiten statt Internetsurfen

Naishs Philosophie: „Ich bin stur und bleibe konzentriert“

Naishs Philosophie: „Ich bin stur und bleibe konzentriert“ (Foto: Craig Kolesky/Red Bull Content Pool)

Arbeiten ohne eigenes Büro

Mit vielleicht ungewöhnlichen Arbeitsmethoden: „Wir sind keine Versicherung, sondern entwickeln und verkaufen Spielzeuge für die schönste Sache der Welt“, so Naish. „Ich habe keinen eigenen Schreibtisch, geschweige denn ein eigenes Büro. Wenn ich im Office bin, setze ich mich dahin, wo gerade Platz ist. Jeder weiß, was er zu tun hat, und genießt die Freiheit, das auf die Art und Weise und zu dem Zeitpunkt zu tun, wie er es für richtig hält. Und ein Teil unserer Arbeit findet nicht am Schreibtisch, sondern auf oder am ­Wasser statt.“ Wellenreiten statt Internetsurfen. Die Kombination aus Surfer und Unternehmer, ein großer Schritt? Nein. „Es begann klein und wuchs organisch“, sagt Naish, der übrigens noch immer jeden Tag des Jahres auf dem Wasser ist. Okay, 300 Tage in seiner Rechnung. Denn 65 Tage sitzt er im Flugzeug, fliegt in Sachen Business und Sport um die Welt. ­Neugierig auf Wellen, klar.

Und sonst, was treibt ihn um? Der Verkauf etwa, Sales. „Darüber zerbreche ich mir gerade den Kopf.“ Online oder offline? Eine große Frage: „Du willst die Sachen doch anfassen und sie fühlen, ehe du sie kaufst. Wenn Surfschulen und -läden verschwinden und die Leute nur noch online einkaufen, raubt das unserem Sport einen Teil seiner Seele.“ Über solche Fragen kann der blonde Sportler ebenso philosophieren wie über die Wellen von Waikiki Beach. Sein Erfolgsgeheimnis? Keins. „Ich bin stur und bleibe konzentriert. Mach, was du liebst, und arbeite wirklich hart.“

Klingt gar nicht nach dem entspannten Surfer? Vielleicht eher so: sich breiter aufstellen, um die Welle abzureiten. Sportlich wie wirtschaftlich. Klappt es mit der Sportkarriere nicht, lässt sich mit der Rolle als Markenbotschafter punkten, etwa für den Solaranlagenhersteller GP Joule. Oder mit seinem Unternehmen. Verkauft sich Windsurf-Equipment nicht mehr, gehen Stand-up-Paddelbretter. Naish scheint das intuitiv zu wissen. Man kann sich vorstellen, wie er nach einem Geschäftstermin aufsteht, sich höflich verabschiedet und davongeht. Wohin? Natürlich Richtung Wasser.

Alles, was das Surferherz begehrt

Die Balance halten – darum geht es beim Surfen wie in der Wirtschaft. Wie das Beispiel von Robby Naish zeigt. Die Skizze einer Entwicklung vom Weltklassesurfer zum erfolgreichen Unternehmer.

Star-Wellenreiter Robby Naish setzt auch als Geschäftsmann Trends

Kurve gekriegt: Star-Wellenreiter Robby Naish setzt auch als Geschäftsmann Trends (Foto: Franck Berthuot/Red Bull Content Pool)

Am Anfang war das Wasser. Salzig. Kalt. Und die Wellen. Hoch und wuchtig donnerten sie an den Strand von Kailua. Der achtjährige Robert Staunton Naish mit seinem Board mittendrin. Der Rest ist gewissermaßen Geschichte. Sportgeschichte und eben auch Wirtschaftsgeschichte. Beide beginnen in jenem Jahr 1971, als Naish seine Liebe zum Wasser ­entdeckt. Und seine Fähigkeit, mit allen Unterströmungen klarzukommen und die Balance zu halten. Wenige Jahre später war er bereits Weltmeister im Windsurfen. Mit 13 Jahren. In einem Alter also, in dem Fußballer sich in den Niederungen der C-Jugend tummeln. Die Konkurrenz staunte. „Er war einen Kopf kleiner als wir und musste seine Arme über den Kopf strecken, um das Segel zu halten. Das war schon außer­gewöhnlich“, erinnert sich Vize-Weltmeister Hermann Kreitmeir. Und Naish selbst? „Ich war auf Hawaii der einzige Junge mit einem Windsurfbrett. Die anderen dachten nur ans Wellenreiten.“ Naish formuliert übrigens in fließendem Deutsch.

Die großen Wellen abreiten

Seitdem wurden seine Wellen immer größer, ebenso sein Ruf. Mitte der 1980er-Jahre war der zurückhaltende Naish so etwas wie der erste Superstar in Sachen Salzwasser. Windsurfen fuhr auf der Welle der Popularität ganz vorn mit – mutige Männer in Monster­wellen. Irgendwann aber ebbte die Faszination ab. Und Naish tat das, was er augenscheinlich bestens kann: Er spürte, wie sich etwas verschob, und reagierte. Kiteboarden war „the next big thing“. Eine Art Snowboard, das von einem Lenkdrachen gezogen wird. Naish stieg um. Erfolgreich, klar: 1998 wurde er Weltmeister in der Disziplin Slalom, im Jahr darauf im Slalom und im Sprungwettbewerb. 2001 brachte er es auf über 70 Stundenkilometer und stellte damit einen Geschwindigkeitsrekord auf.

Es folgte Stand-up-Paddling, dann „Foils“. Dabei wird eine Art kleiner Flugzeugflügel unter Surfboards geschraubt, was sie in so etwas wie ein schnelles Tragflächenboot verwandelt. Welle auf Welle, Trend auf Trend. Naish beherrschte sie und tut es noch immer. Als aktiver Sportler, aber inzwischen auch als Unternehmer. Denn irgendwann wurde Naish auch Geschäftsmann. 1979 gründete er Naish Hawaii Ltd. Verkauft wird, wie könnte es anders sein, alles, was das Surferherz begehrt. Vom Board bis zur Basecap. Inzwischen segelt das Unternehmen unter der Flagge Nalu Kai Incorporated. Und es erzielt im Jahr nach Schätzungen mehr als 30 Millionen Dollar Umsatz. Mit dabei noch immer Naish und seine mehr als 20 Weltmeistertitel. Mehr Testimonial geht nicht. Ins Portfolio von Nalu kommt, was der Altmeister ent­wickelt, ausprobiert und für gut befunden hat.

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Autor

Arne Gottschalck
Redakteur
DUB UNTERNEHMER-Magazin

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