Inside Silicon Valley: Work in Progress

Kreative Arbeitsatmosphäre im Silicon Valley

Mobil, agil, flexibel – Arbeit und Arbeitsplätze verändern sich dynamisch. Soziale Faktoren treten dabei in den Vordergrund. Den Takt geben die Tech-Giganten im Silicon Valley vor.

Mit Herzblut dabei: Unternehmen wie Twitter locken Mitarbeiter verstärkt mit Werten statt mit Geld

Mit Herzblut dabei: Unternehmen wie Twitter locken Mitarbeiter verstärkt mit Werten statt mit Geld (Foto: JDB Media)

„Arbeit ist Spaß“, antwortet Stanton Sugarman strahlend auf die Frage, ob man bei Salesforce vor lauter Spaß auch noch arbeitet. Der Global Senior Vice President erklärt, welche Werte das Tech-Unternehmen leiten und wie das Management transparent Entscheidungen trifft. Denn eines ist klar: Die Arbeitswelt wandelt sich rasant. Viele Jobs verschwinden in ein paar Jahren, andere Berufe entstehen neu, die Ansprüche von Arbeitnehmern und Arbeitgebern verändern sich massiv. „New Work“ ist in aller Munde. Ideen für die Zukunft der Arbeit liegen im Silicon Valley praktisch auf der Straße.

Büro als sozialer Raum

Mit der Arbeit verändert sich auch der Arbeitsplatz. Aber wie sieht das Büro der Zukunft aus? Immer essenzieller werden Begegnung, Austausch und Community-Building. Die Räume müssen etwas über die eigene Marke erzählen, das Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber verkaufen. Denn an vielen Arbeitsplätzen steigt der Leistungsdruck, die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben verschwimmen für viele Menschen zunehmend. Deshalb muss die Arbeit Spaß machen, findet Sugarman. Büros und Kollaborationsstrukturen wirken da kulturprägend für Unternehmen. Sie bieten den Mitarbeitern Heimat und Identifikation, sorgen so für Motivation und emotionale Bindung.

Kostenlose Bio-Mahlzeiten in der Kantine, Zuschuss fürs Fitnessstudio, Lounge-Landschaften mit Wohlfühlatmosphäre – ein Besuch im Silicon Valley zeigt: Die Kreativität bei der Arbeitsplatzgestaltung kennt kaum Grenzen. Sugarman spricht von der Amazon-Erfahrung: Mitarbeiter sind aus ihrem privaten Umfeld gewohnt, dass viele Dinge auf Knopfdruck funktionieren. Da darf es am Arbeitsplatz nicht weniger digital zugehen.

Werte statt cash: Wie das Valley um Talente wirbt

Für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer spielen die Werte und die Transparenz des Unternehmens eine wichtige Rolle. Im Silicon Valley findet man beides in verschiedenen Ausprägungen.

Das persönliche Ziel vor Augen
Bei Twitter, Salesforce und Co. kennt jeder Mitarbeiter die Werte des Unternehmens und weiß am Ende des Jahres, wie er etwa zum Umsatzplus beigetragen hat.

Transparenz schaffen
Salesforce beteiligt seine Mitarbeiter an der Erstellung der finanziellen Ziele für das nächste Jahr in Echtzeit. Das Twitter-Management sucht in der „Tea Time“ den Austausch mit der Belegschaft. Wer bei Slack neue Ideen hat, teilt sie in einem eigenen Chat mit dem ganzen Unternehmen.

Raum für persönliches Engagement
Sich neben dem Beruf noch für die Gesellschaft engagieren? Kein Problem. Bei Salesforce hat jeder Mitarbeiter jährlich sieben bezahlte Tage dafür Zeit, und das Unternehmen legt auch bei Spenden seiner Mitarbeiter noch etwas drauf.

Jeder am richtigen Platz
Projektbezogenes Arbeiten gehört bei Salesforce zum Programm. Im Start-up Slack haben Mitarbeiter die Chance, durch freiwilliges Engagement voranzukommen.


Inside Silicon Valley: Work in Progress

Millennials setzen auf Social Enterprises

Den richtigen Job finden: Karriereplattformen wie LinkedIn unterstützen bei der Suche nach der individuellen Berufung

Den richtigen Job finden: Karriereplattformen wie LinkedIn unterstützen bei der Suche nach der individuellen Berufung (Foto: JDB MEDIA)

Wellness und Werte im „War for Talents“

Laut einer Forsa-Studie des Industrieverbands Büro und Arbeitswelt (IBA) bevorzugen zwar viele Arbeitnehmer in Deutschland weiterhin ein praktisches und funktionales Arbeitsumfeld. Jedoch wünschen sich vor allem junge Menschen unter 35 ein modernes und gemütliches Ambiente am Arbeitsplatz. Außerdem: Social Enterprises – zu Deutsch soziale Unternehmen – sind bei Millennials immer begehrter.

Sie wollen sich beim Aufbau eines Unternehmens von der Pike auf engagieren, alle Bereiche durchdringen, sich in der Gestaltung ausleben. Wenn sich damit noch gutes Geld verdienen lässt, umso besser. Und doch ist Geld nicht alles. Gegen Player wie Google oder Facebook habe sein Unternehmen bei den Gehältern keine Chance, erklärt Sugarman.

Salesforce bemüht sich daher um anderes: Zum Beispiel um eine gleichwertige Bezahlung; Mitarbeiter erhalten zudem sieben bezahlte Tage pro Jahr frei für soziales Engagement. Das Motto des etwa 20.000 Mitarbeiter starken Unternehmens: Lieber während des Arbeitslebens regelmäßig etwas an die Gesellschaft zurückgeben und die eigenen Technologien für den guten Zweck einsetzen, als jahrelang Top-Gehälter zu scheffeln und kein Privatleben zu haben. Das kommt an.

Viele Menschen arbeiten seit mehr als zehn Jahren bei dem Cloud-Anbieter – ungewöhnlich im schnelllebigen Silicon Valley. Ähnliches berichtet Twitter Mitgründer Biz Stone: Seit man die Absichten des Social-Network-Unternehmens neu definiert hat, sind auch die Mitarbeiter wieder top motiviert. Wer jetzt im Unternehmen sei, der sei auch bewusst dabei.

Denn der Markt wandelt sich. Die Unternehmen werden immer häufiger zum Bewerber, müssen für begehrte Talente attraktiv werden. Plattformen wie LinkedIn machen es sich zur Aufgabe, für jeden Menschen weltweit ökonomische Chancen zu schaffen. Sie ermöglichen Bewerbern etwa Gehaltsvergleiche, damit diese gut vorbereitet im Vorstellungsgespräch auftreten.

Zudem werben Headhunter gezielt Arbeitnehmer über die Plattform ab. Ungerecht für Unternehmen? Mitnichten. Denn wer sich über LinkedIn abwerben lässt, wäre sowieso irgendwann gegangen, findet Lisa Neuhaus, Produktstrategin bei LinkedIn. Man beschleunigt lediglich den Prozess. Unternehmen haben ihrerseits die Möglichkeit, schneller passende Talente zu finden.

Aus E-Learning und Präsenzstudien wird Blended Learning

Auch innerhalb von Unternehmen gibt es zunehmend Bewegung. Bei Salesforce entwickelte sich aus einem Impuls der Mitarbeiter eine Art interner Jobmarkt, auf dem regelmäßig die Arbeit in Einzelprojekten verteilt wird. Mitarbeiter haben so die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln, aber auch persönliche Belange wie Elternzeit zwischen einzelnen Projekten einzuplanen. Abläufe werden so effizienter und flexibler. Die lebenslange geradlinige Karriere mit vorgefertigten Stufen wird zum Auslaufmodell. James Sherrett, Senior Technology Strategist beim Start-up Slack, begrüßt das: „Menschen wollen ihren Geist erweitern und in verschiedenen Teilen eines Unternehmens arbeiten.“

Wer lernt, der bleibt

Ein Report des Weltwirtschaftsforums und der Boston Consulting Group von Januar 2018 offenbart: Etwa eine Million US-Amerikaner verlieren ihre Jobs bis 2026 und müssen neue Fähigkeiten erlernen, um einen ähnlich bezahlten Job zu finden. Das McKinsey Global Institute schätzt, bis 2030 müssen bis zu 800 Millionen Menschen weltweit ihren Job an die Konkurrenz der intelligenten oder irgendwie besseren, jedenfalls billigeren Maschinen übergeben. 33,5 Milliarden Euro investierten deutsche Unternehmen 2016 in die Weiterbildung der Mitarbeiter, um sie fit für die Digitalisierung zu machen.

Dabei setzen sie immer stärker auf digitale Lernformate, wie die aktuelle Weiterbildungserhebung des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) zeigt. Tendenz steigend. Heute im Fokus: Personen sollen neues Wissen sinnvoll und nachhaltig einsetzen können. E-Learning und Präsenzstudien verschmelzen zum sogenannten Blended Learning.

Im Silicon Valley ist dieser Trend bereits verinnerlicht. Angebote wie LinkedIn Learning bieten Unternehmen die Möglichkeit, ihren Mitarbeitern gezielte Weiterbildungsangebote zur Verfügung zu stellen. Salesforce hat mit Trailhead eine frei verfügbare Lernplattform ins Leben gerufen. Beim Bewerbungsgespräch haben eventuelle Lernerfolge auf dieser Plattform bereits mehr Gewicht als der Name der Universität, die ein Bewerber besucht hat. Außerdem: Lernen muss der Generation Y Spaß machen. Mit Challenges und Ranglisten wird auch das lebenslange Lernen zum Spiel.


Apps, Apps, Apps

Digitale Tools erleichtern vielfältig den Arbeitsalltag im Unternehmen

Interne Kommunikation
Slack, Chatter und Co.: Digitale Kommunikationstools lösen das E-Mail-Pingpong auf und machen Kommunikation, Kollaboration und internen Datentransfer deutlich effizienter.

Weiterbildung
E-Learning geht in die nächste Runde: Gamification ist angesagt in Lern-Plattformen wie LinkedIn Learning oder Trailhead von Salesforce.

Digitale Administration
Tickets für den IT-Service schreiben, FAQs für neue Mitarbeiter und alle Fragen rund ums Unternehmen an einem Ort: Intranet-Apps wie Salesforce Concierge machen es möglich.


Inside Silicon Valley: Work in Progress

Kommentar: Weg von der E-Mail

Tools wie Slack verändern die interne Kommunikation. Philipp Wolf, PR-Chef bei JDB MEDIA, teilt seinen Erfahrungsbericht.

„Man muss offen für Veränderungen sein, um erfolgreicher, effizienter und womöglich überhaupt zukunftsfähig zu sein.“ Das sagt James Sherret, Senior Technology Strategist bei Slack. Er spricht von Start-up-Geist und Unternehmenskultur, und er hat recht. Auch die Einführung von Slack in unserer PR-Abteilung erfordert von allen die Bereitschaft zum Umdenken. Was das Tool kann, steht außer Frage: Die Kommunikation zum operativen Geschäft lässt sich ganz hervorragend über Slack erledigen.

Dass weitere Tools, in unserem Fall Wunderlist, ebenfalls eingebunden werden können, macht die Kommunikation schneller, effektiver und unkomplizierter. Kollegen, die nicht im Büro sind, profitieren besonders: Der Mail-Verkehr reduziert sich auf wichtige Statusmeldungen, Urlaubsheimkehrer müssen sich nicht mehr durch einen Wust irrelevanter Nachrichten kämpfen, um up to date zu sein.

Das spart viel Zeit und Nerven. Trotzdem ist der Wechsel schwer. Auch ich bin es gewohnt, auf „Allen antworten“ zu klicken und ein gewichtiges „Ja, finde ich auch“ in ein Dutzend Posteingänge zu schicken. Weil wir es immer so gemacht haben. „Immer“ im Sinne von „seit E-Mails uns vor gar nicht so langer Zeit die Möglichkeit dazu ­gegeben haben“.

Slack und ähnliche Dienste öffnen nun zeitgemäßere Optionen: Chatfunktion, Sprach- und Videotelefonie – die Apps, die sich in Slack integrieren lassen, füllen 20 verschiedene Kategorien für jeden Einsatzzweck. Der Abschied von E-Mails in der Teamkommunikation mag ein schwerer Schritt sein. Aber er führt aus der Gewohnheits-Sackgasse.

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