Einen Klick entfernt

Das Internet revolutioniert die Welt des Einkaufens.

Die Basis bilden intelligente Suchfunktionen, Datenanalyse in Millisekunden und eine ausgeklügelte Logistik.

Warenvielfalt: Das Internet bietet weltweit die größte Auswahl an Produkten aller Art

Der Online-Handel boomt. Im Jahr 2015 haben 47 Millionen Menschen in Deutschland Waren oder Dienstleistungen für private Zwecke über das Internet gekauft oder bestellt. Setzte der Online-Handel im Jahr 1999 erst 1,1 Milliarden Euro um, so waren es im Jahr 2015 bereits mehr als 41 Milliarden. Der Marktanteil des Online-Handels wird nach den Prognosen des Handelsverbands Deutschland (HDE) von heute insgesamt zehn auf voraussichtlich 20 Prozent im Jahr 2020 steigen, im Non-Food-Handel deutlich darüber hinaus. Dies hängt nicht nur mit der steigenden Zahl von Kaufen-Clicks zusammen; im Internet geben Konsumenten laut GfK Consumer Panel mit durchschnittlich 136 Euro pro Kauf schon doppelt so viel aus wie beim Einkauf im stationären Handel.

Doch Shopbetreiber müssen zahlreiche gestalterische und funktionale Anforderungen erfüllen, um Kunden für sich zu begeistern. „Es gibt keine ,one size fits all‘-Regeln für das Design von E-Commerce-Seiten“, betont Holger Windfuhr, langjähriger Creative Director von Wirtschaftstiteln und Mitglied der Jury beim Red Dot Award. Der renommierte Designwettbewerb prämiert neuerdings auch Online-Shops. „Das Design muss klar signalisieren, dass es sich um einen Shop handelt, welche Zielgruppe er anspricht und was das entscheidende Verkaufsargument des Anbieters ist“, so Windfuhr. „Farben müssen die Tonalität der Produkte und das Image des Anbieters widerspiegeln. Und es gilt: ‚The Product is the Hero.‘ Produkte müssen mit Fotos hoher Qualität in Szene gesetzt und in einer ansprechenden Einkaufswelt präsentiert werden.“

ZUKUNFT DER MODE IST MULTI-CHANNEL

Ähnliche Kriterien legt das Deutsche Institut für Service-Qualität (DISQ) an Online-Shops an. Das DISQ zeichnet jene Online-Shops aus, die von ihren Kunden am besten bewertet werden. Sehr gut abgeschnitten hat bei der diesjährigen Kundenbefragung zum Beispiel der Textilanbieter Walbusch. Bert Hentschel, Geschäftsführer Einkauf und Vertrieb, nennt einige Erfolgsfaktoren: „Walbusch hat beim Relaunch des Online-Shops vor zwei Jahren eindeutig den Fokus auf Klarheit und Usability gelegt. Immer wieder wurden Themen wie Filter, Produktempfehlungen und Check-out-Prozess in Varianten mit Kunden gegeneinander getestet.“ Trotzdem will Hentschel nicht ausschließlich auf die Online-Kompetenz des Unternehmens setzen. „Für den Bereich Mode ist der Multi- Channel-Vertrieb das richtige Konzept. Ein Besuch in der Filiale, bei dem der Kunde die Qualität des Stoffes fühlen kann, die Taschenausstattung in Ruhe ausprobiert und dank persönlicher Beratung seine ideale Größe findet, schafft Vertrauen für seine nächsten Online-Bestellungen.“

Diese funktionieren nur problemlos, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Eine ist zum Beispiel eine gute Suchfunktion. Viele Online-Händler sind mit ihrer Standardsuche nicht zufrieden und wollen sie optimieren. Alexander Wernet, Senior Account Manager bei der Konstanzer exorbyte, eines Anbieters von komplexen Such- und Abgleichanwendungen, sagt: „80 Prozent der Online-Käufer steigen über die Schlagwortsuche in den Shop ein. Anbieter müssen sich klarmachen, dass die Wettbewerber nur einen Klick entfernt sind und 70 Prozent der Interessenten, die den Shop vor Abschluss des Kaufs verlassen, nicht wiederkommen. Die Suchfunktion entscheidet über Kauf oder Nichtkauf.“ Das eingegebene Suchwort muss zu den in der Shop-Datenbank verzeichneten Produkten passen – auch dann, wenn es falsch geschrieben ist. Dieser Abgleich muss in Millisekunden erfolgen. Daniel Wrigley, Berater beim Suchfunktionsspezialisten SHI GmbH in Augsburg, sagt: „Kunden haben oft schon 80 bis 90 Prozent ihrer Anforderungen an die Suchfunktion erfüllt. Den Rest optimieren wir.“ Nur dann funktioniere der sogenannte Auto-Suggest optimal, also die automatische Ergänzung gesuchter Begriffe, wie man sie von Google kennt – eine Art elektronischer Kundenberater, der aus der hinterlegten Datenbank passende Vorschläge ermittelt.

FULL SERVICE VON LOGISTIKPROFIS

Viele Einzelhändler holen für die komplexen Aufgaben beim E-Commerce Full-Service-Anbieter ins Boot und lagern ihre Shops komplett aus. Ein Anbieter ist die Bertelsmann-Tochter Arvato. „Wir bieten einen Rundum-Service, bei dem der Kunde nicht merkt, dass er nicht beim Händler, sondern bei einem Dienstleister ist“, sagt Peter Buse, Chief Operating Officer bei Arvato SCM Solutions und zuständig für die Logistik im Konsumgüterbereich. Arvato-Kunden sind unter anderen Douglas, C & A, Fressnapf und Esprit.

Arvato übernimmt den Betrieb der Shops, Marketingaufgaben, Kundenservice und Payment-Services sowie das Fulfillment, also die Aufnahme der Bestellung, die Kommissionierung der Artikel im Lager, die Übergabe an den Logistiker und das Retourenmanagement. Letzteres ist ebenfalls ein wichtiger Bereich, denn ein erheblicher Teil der Online-Käufe werden rückabgewickelt. „Unser Service beinhaltet auch die Beratung der Händler, wenn Produkte eine hohe Retourenquote haben. Wir wissen aufgrund der Datenanalysen der Bestellungen und des Feedbacks aus dem Kundenservice, woran das liegen könnte.“

ERFOLG MIT KOMBINIERTER KOMMUNIKATION

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt der Logistikpionier Fiege. Das Unternehmen bietet alle Leistungen der Auftragsabwicklung hinter dem Shop an. Dazu zählen unter anderem Risikoprüfung, Zahlarten-Management, Buchhaltung, Logistik und Customer-Service. „Im Bereich Customer-Service verschmelzen zunehmend die Kommunikationskanäle Telefon, E-Mail, Online-Chat sowie Social-Media-Kanäle wie Facebook und Twitter“, sagt Marcus Gropp, Managing Director Commerce Solutions bei Fiege. Dies spielt auch eine bedeutende Rolle beim grenzüberschreitenden Online-Handel. „Momentan zeigt sich eine starke Nachfrage aus China nach Produkten made in Germany“, sagt Gropp. „In diesem Zusammenhang hat Fiege eine innovative Lösung entwickelt. Es ist nun möglich, ein Paket aus Europa innerhalb von vier bis sieben Tagen inklusive Verzollung an den chinesischen Endkunden zu liefern. Zahlreiche Händler und Hersteller springen momentan auf diesen Zug auf und handeln ihre Produkte direkt mit China.“

HERAUSFORDERUNG LETZTE MEILE

Reibungslose Logistik ist das Hauptthema beim E-Commerce. „Unsere Herausforderung ist die letzte Meile“, sagt Anne Putz, Head of Corporate Communication beim Paketlogistiker GLS. Ein Drittel des Paketaufkommens resultiert bereits aus dem E-Commerce. „Kunden verlangen flexible Lieferzeiten und Lieferorte sowie Lieferung am Tag der Bestellung und problemlose Retouren. Daher bieten wir etwa Lieferung an Nachbarn, an unsere Paketshops, zum Beispiel in Getränkemärkten und Reinigungen, sowie Flex- Delivery-Service an, also die erneute Zustellung an einem anderen Tag und eine andere Adresse.“ Same- Day-Delivery sei eine Nische mit Potenzial. Aber viele Endkunden wollten für diese flexiblen Serviceleistungen nicht aufkommen. Welche Bezahlmodelle sich durchsetzen, ist offen. Putz: „Was unsere Kunden ihren Kunden an Versandmodalitäten anbieten, müssen sie selbst entscheiden.“

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