Liquidität optimieren
Die Working-Capital-Quote ist ein wichtiger Indikator für den
Erfolg eines Unternehmens. Wer sie senkt, kann mehr investieren.
Schätze finden sich im Regelfall an verborgenen Stellen – doch in vielen Unternehmen gibt es Schätze, die bei gründlicher betriebswirtschaftlicher Analyse mit entsprechenden Maßnahmen zu heben wären. Einer dieser Schätze ist das Working Capital.
„Unternehmen vernachlässigen das Thema Working Capital“, sagt Joachim Englert, Partner, Advisory der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC. „Unternehmen machen zu wenig aus ihrem Kapital. Sie binden zu hohe Summen im Umlaufvermögen – Geld, das sie benötigen, um in Wachstum zu investieren“, so der Finanzierungsexperte. Dies bestätigen auch die aktuellen Ergebnisse der jährlich durchgeführten PwC-Studie „Cash for Growth“.
Hohes Working Capital ist Alarmsignal
Der Studie liegt Datenmaterial aus den 7 368 international größten Unternehmen zugrunde. Unter Working Capital versteht man alle liquiden
Mittel, die kurzfristig einsetzbar sind. Dazu zählen Geld auf Konten, Rohmaterial, halbfertige Produkte, fertige Produkte, Rückstellungen,
die innerhalb eines Jahres ausgezahlt werden und offene Rechnungen. Davon abzuziehen sind Verbindlichkeiten, die innerhalb eines Jahres beglichen werden müssen. Als Working-Capital-Quote wird das prozentuale Verhältnis des Working Capitals zum Umsatz bezeichnet.
Diese Quote ist ein wichtiger Indikator für die Qualität des Managements eines Unternehmens. „Anhand der Working-Capital-Quote kann sich ein Unternehmen mit anderen Unternehmen seiner Branche und mit branchenfremden Firmen vergleichen“, sagt Englert. „Ist diese Prozentzahl zu hoch, bedeutet sie ein Alarmsignal dafür, dass das Finanzmanagement eines Unternehmens verbessertwerden sollte.“
Grundsätzlich gilt als erster Indikator branchenübergreifend, dass eine Working-Capital- Quote von mehr als 20 Prozent immer Handlungsbedarf
signalisiert. Dies untermauern auch die Ergebnisse der PwC-Studie zum Thema. Eine wichtige Erkenntnis: Unternehmen, die konsequent auf eine gute Working-Capital-Quote achten, haben beim Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) in den vergangenen Jahren zugelegt und schneiden auch bei anderen Indikatoren hervorragend ab.
„Umso unverständlicher ist es, dass in vielen Unternehmen keine entsprechenden Anstrengungen unternommen werden. Aktives Working- Capital-Management ist eine ideale Methode, um Liquiditätsreserven freizusetzen”, betont Hanns Dobringer, Senior Manager, Advisory bei PwC. Entscheidend ist bei der Bemessung und der Verbesserung der Working-Capital-Quote die Kunden-Lieferanten-Beziehung. Dabei muss jedoch beachtet werden, wie die Kräfteverhältnisse verteilt sind. So wird der Lieferant mit einem mächtigen Kunden keine längeren Zahlungsziele vereinbaren können.
Außenstände und Lager entscheidend
Daher sollten bei Unternehmen die Alarmglocken läuten, wenn der Anteil ausstehender Forderungen mehr als zehn Prozent des Umsatzes betrage und wenn rund 40 Prozent des Lagerbestandes zwischen 30 und 90 Tagen alt seien. „Es gibt eine Vielzahl von Stellhebeln, an denen Unternehmen drehen können, um diese Quoten zu verbessern“, rät Dobringer. Vorrangiges Ziel muss es sein, das Working Capital zu reduzieren, um die freien Mittel für andere Zwecke, wie beispielsweise das Finanzieren von Investitionen oder Rückführen von Kreditlinien, einzusetzen.
Über 270 Milliarden Euro freisetzbar
Ebenfalls anzustreben sind längere Zahlungsziele, um Rechnungen von Lieferanten zu begleichen. Unter Umständen ist es auch von Vorteil, eine Zwischenfinanzierung über eine Bank oder den Verkauf von Forderungen über Factoring zu vereinbaren. Außerdem empfiehlt Dobringer, mehr auf Just-In-Time-Produktion zu setzen. Es sei sehr unwirtschaftlich, zum Beispiel teures, nicht rostendes Material acht Wochen auf Lager zu halten. „Die Automobilindustrie und deren Zulieferer sind den anderen Branchen in vielen Fällen voraus, die in dieser Hinsicht oft größeren Nachholbedarf haben.“
Allerdings gilt generell: Working Capital Management ist ein stetiger Prozess. Doch häufig kommen derartige Optimierungsmaßnahmen erst zum Zug, wenn äußere Umstände die Unternehmen dazu zwingen, ergaben die Befragungen der Unternehmen im Rahmen der Studie. Einer dieser Umstände war die Finanzkrise, die im Jahr 2008 begann. In der Folge schränkten Banken die Kreditvergabe ein. Darauf wiederum reagierten die Unternehmen, indem sie ihre Working-Capital-Quote verbesserten, um Investitionen aus eigenen Mitteln finanzieren zu können. Als sich im Jahr darauf die Rahmenbedingungen verbesserten, stand das Thema nicht mehr im Fokus.
Die Folge: Seit 2009 wurden weltweit 500 Milliarden Euro zusätzlich gebunden, statt sie für Investitionen zu nutzen. Allein die 972 für die Studie analysierten europäischen Unternehmen könnten insgesamt zwischen 270 und 441 Milliarden Euro freisetzen, wenn sie ihre Working-Capital-Quote verbessern würden. Noch dramatischer sieht es bei Betrachtung der 7 368 größten Unternehmen weltweit aus. Nur neun Prozent von ihnen haben in den vergangenen Jahren ihre Working-Capital-Quote nennenswert verbessert. Daher bleiben nach Berechnungen von PwC rund um den Globus bis zu 1,4 Billionen Euro ungenutzt – Geld, das für Investitionen fehlt. Diese sind dringend notwendig. Um ein moderates Wachstum von einem Prozent zu erreichen, müssen Unternehmen laut PwC weltweit in den kommenden drei Jahren rund 300 Milliarden Euro investieren. „Vor allem Unternehmen in Europa können ihren Anteil an Working Capital weiter reduzieren“, sagt Englert.
Europa ist schlecht aufgestellt
„Trotz aller Fortschritte in diesem Bereich liegt Europa hinter anderen Regionen der Welt zurück“, betont auch Dobringer. Europäische Unternehmen haben mit durchschnittlich rund 41 Tagen eine geringere Umschlaghäufigkeit ihres Betriebsvermögens als jene in Asien und den USA mit 37 Tagen. Von den
europäischen Unternehmen verfügen jene in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie in skandinavischen Ländern über das höchste Working-Capital-Niveau.
Erfolg dank professioneller Umstellung
Helfen können Finanzierungsprofis. „Die Erfahrung zeigt, dass wir bei einer zielgerichteten Working-Capital-Optimerung für unsere Kunden eine Verbesserung der Quote von fünf bis zehn Prozent erzielen können“, sagt Dobringer. Nicht in jedem Unternehmen sei es möglich, sowohl Außenstände als auch Forderungen und Bestände zu optimieren. Jedoch seien bei den einzelnen Maßnahmen Verbesserungen zwischen zehn und 80 Prozent erzielbar. Der Erfolg zeige sich am deutlichsten, wenn es gelinge, in dem Unternehmen die unterschiedlichen Maßnahmen optimal zu kombinieren.
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