Interne vs. externe Unternehmensnachfolge

Seit Jahren sinkt der Anteil der Firmennachfolger/innen die den elterlichen Betrieb übernehmen und sich in diesem unternehmerisch engagieren. Aktuell liegt er bei ca. 41 % aller Firmenübergaben.

Die Gründe dieser Entwicklung sind vielfältig. Berufliche Selbstverwirklichung außerhalb des Familienunternehmens der Eltern, andere Stärken und Kernkompetenzen des Nachwuchses, mehr Augenmerk auf Work-Life-Balance der Millennials Generation sind sicher nur einige Gründe aber wohl auch die wichtigsten, die dazu führen, dass deutlich mehr als die Hälfte aller Betriebe die gegenwärtig zur Betriebsübergabe anstehen, von keinem Nachfolger aus der Familie übernommen werden. Ein für die Eltern oft wenig erfreulicher Sachverhalt, da die Übertragung des beruflichen Lebenswerkes an einen Erwerber außerhalb der Familie natürlich fast immer ein „härterer Schnitt“ ist, als wenn zumindest gefühlt irgendwie alles beim Alten bleibt.

Wie so oft bedeutet jedoch auch in diesem Fall, dass die zunächst als „zweitbeste Lösung“ empfundene Alternative objektiv und langfristig gesehen doch die bessere ist. Nicht selten ist es so, dass im Nachhinein befragte Unternehmer nach einigen Jahren die tiefe Überzeugung gewonnen haben, dass der Verkauf des Unternehmens für alle, für sie selbst, die eigenen Kinder und fast immer auch für das Unternehmen und dessen Mitarbeiter, die beste aller möglichen Lösungen gewesen ist.

Womit hängt dies zusammen? Nichts im Leben macht dauerhaft Freude und stiftet Zufriedenheit, wenn es nur aus einer Pflicht heraus getan wird. Die zumindest moralisch empfundene Verpflichtung der Fortführung des elterlichen Betriebes wird jedoch spätestens dann für die familieninternen Nachfolger und auch für die Firma und deren Mitarbeiter zur Belastung, wenn der Sohn oder die Tochter nicht über das erforderliche Branchen- und Produkt-Know-how verfügen oder die Führungs- und Vertriebskompetenz fehlen, die den bisherigen Unternehmer auszeichneten und Garant für den Markterfolg waren. Die Kernkompetenzen sind eben individuell verschieden.

Hier kann der Blick nach außen ein oft sehr erhellender sein. Manchmal, wenn auch sehr selten, bietet sich ja bereits im Betrieb ein, wenn auch nicht familieninterner, so doch zumindest firmeninterner Nachfolger für den Unternehmer an. Statistisch gesehen ist dies allerdings mit etwa 3 – 4 % aller Firmenübernahmen, die aus der Belegschaft heraus erfolgen, äußerst selten. Sehr viel wahrscheinlicher ist es daher, dass der perfekte Nachfolger eine externe Person, ein anderes Unternehmen der Branche oder auch ein Finanzinvestor sein kann. Alle diese Optionen bedeuten für das zur Übergabe anstehende Unternehmen Chancen und Risiken. Die Chancen überwiegen jedoch im Normalfall deutlich die Risiken. Warum? Weil eine ganz bewusste Auswahl der Chancen und Risiken einer jeden Alternative getroffen werden kann. Und zwar objektiv, unabhängig und in den meisten Fällen auch mit ausreichend Zeit, diese Chancen und Risiken für den Unternehmer selbst, seine Familie als auch den Betrieb zu bewerten.

Die externe Person, im Fachjargon als MBI (Management Buy in) benannt, ist häufig ein in der Branche versierter und erfolgreicher Manager der obersten Führungs- und Leitungsebene. Er oder sie hat bereits bewiesen hat, die Führung eines Betriebes zu beherrschen und die Branche und Produkte/Dienstleistungen eines Unternehmens zu kennen. Er oder sie zeichnet sich durch unternehmerischen Elan aus und sucht die Herausforderung einen Betrieb zu erwerben und zu entwickeln. Gerade kleinere Firmen eignen sich häufig für einen Verkauf an MBI-KandidatInnen.

Der strategische Investor ist häufig ein Marktbegleiter des zur Übergabe anstehenden Betriebes, manchmal auch ein Kunde oder Lieferant, der seine Wertschöpfungskette erweitern möchte. Dieser Personenkreis ist der mit Abstand häufigste Erwerber familiengeführter Unternehmen. Marktbegleiter, die im Wettbewerb zu dem zum Verkauf stehenden Unternehmen stehen, kennen den Markt, wissen um die Stärken und Schwächen des zum Verkauf stehenden Betriebes und werden den Betrieb nur dann erwerben, wenn sie ein zukunftsweisendes Potential in dem zur Nachfolge anstehenden Betrieb erkennen. Dieses muss nicht zwangsläufig immer nur in besonderen Produktinnovationen oder der Forschung & Entwicklung liegen. Häufig sind es die ganz banalen Vorteile wie der Kundenstamm, der ein zusätzliches Absatzpotential für das Käuferunternehmen bietet, regionale Märkte, die das zum Verkauf stehende Unternehmen bereits erschlossen hat, oder - in Zeiten des Fachkräftemangels immer wichtiger - über eine größere Zahl qualifizierter Mitarbeiter verfügt.

Die dritte und immer größer werdende Gruppe von Käufern treten als Finanzinvestoren auf, die Unternehmensanteile eine begrenzte Zeit, nicht selten jedoch auch über eine nicht von vornherein limitierte zeitliche Dauer, erwerben und das Unternehmen in dieser Zeit weiterentwickeln. Die Spannbreite dieser Investoren ist sehr breit, angefangen von Family Office die häufig innerhalb klar definierter Branchen sich langfristig engagieren bis hin zu Private Equity Unternehmen, die eher einen mittelfristigen Investitionshorizont von fünf bis acht Jahren besitzen und deren Exitstrategie meist zu Beginn des Investments formuliert ist. Allen gemein ist, dass sie in der Lage sind, dem zur Nachfolge stehenden Unternehmen finanzielle Ressourcen für weiteres Wachstum zur Verfügung zu stellen und gemeinsam mit dem vorhandenen oder alternativ auch externen Management dem Betrieb eine Basis für eine erfolgreiche Zukunft zu versprechen. Nicht immer kann dieses Versprechen tatsächlich eingelöst werden. Zu beachten ist allerdings, dass eine erfolgreiche Entwicklung der übernommenen Firma auch immer eine Win-Win-Situation darstellt, für den Investor aber auch für das jeweilige Unternehmen.

Welche der möglichen externen Erwerber für das Familienunternehmen die beste Lösung ist, muss die Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls zeigen. Ein MBI wird sehr wahrscheinlich am häufigsten den Betrieb in ähnlicher Art und Weise wie der vorherige Unternehmer fortführen und weiterentwickeln, eine Übernahme durch einen MBI beschränkt sich aufgrund der finanziellen Spielräume der meisten MBI-Kandidaten jedoch auf kleinere Betriebe. Die Übernahme durch einen Marktbegleiter ist sicher nicht umsonst die häufigste Form der externen Betriebsübergabe. Für die Firma selbst als auch deren Mitarbeiter und Kunden bieten sich hier im Regelfall das größte Synergiepotentiale. Bei einer Fortführung durch einen erfolgreichen Wettbewerber des zum Verkauf stehenden Unternehmens kann in den meisten Fällen unterstellt werden, dass der übernehmende Betrieb ohne bisherigen Erfolg auch nicht die finanziellen Mittel für eine Übernahme erwirtschaftet hätte.

Aber auch ein Investor, der sich primär finanziell und zeitlich befristet engagiert, kann insbesondere dann eine hervorragende Option sein, wenn bspw. kapitalintensive Sprunginvestitionen in neue Maschinen und Anlagen, in neue Märkte oder auch in Forschung und Entwicklung anstehen. Hinzu kommt, dass das Engagement von Finanzinvestoren häufig die Unternehmensstruktur weniger massiv berührt, als wenn bspw. ein Maschinenbauunternehmen ein anderes Maschinenbauunternehmen übernimmt und Synergiepotentiale wie eine zentralisierte Verwaltung oder die Verlagerung von Produktionsstätten erschlossen werden sollen.

Kurz gesagt, jeder Fall ist individuell und mit Chancen, aber auch Risiken, versehen. Oft sind es jedoch gerade die externen Unternehmensnachfolgen, bei denen am Ende die Chancen alle Risiken sehr deutlich überwiegen und den Betrieb und seine Mitarbeiter in eine aussichtsreiche Zukunft führen. Und dies ist für den abgebenden Unternehmer, der sein berufliches Lebenswerk in besten Händen weiß und monetär vergütet erhält, im Regelfall ein sehr beruhigendes Wissen.

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Gastautor


Sebastian Göring
Managing Partner
EUROCONSIL ∙ Unternehmensnachfolge ∙ M&A

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