FAMILIENUNTERNEHMER – QUO VADIS?

Der Unternehmer bzw. die Unternehmerin im Mittelpunkt: Das Umfeld und die Herausforderungen für Unternehmen ändert sich dramatisch. In diesem Artikel erhalten Sie eine Einschätzung der wesentlichen Fragestellungen für die verantwortlichen Personen, die Familienunternehmer.

Umfeld und Rahmenbedingungen

Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, Internationalisierung, unsere VUCA-Welt: Umbrüche, Schnelligkeit, Unsicherheit und Komplexität nehmen zu. Daraus folgen viele von externen Faktoren herrührende Fragen für Unternehmer: Wo könnte Ihr Unternehmen angegriffen werden, kann es neue Wettbewerber aus völlig anderen Branchen geben? Und natürlich auch: Wo liegen Chancen für Ihr Unternehmen, welche Produkte, Märkte, Innovationen können Sie zur Steigerung Ihrer Wettbewerbsfähigkeit, wirtschaftlichen Stärke und Zukunftssicherung entwickeln?

Die Bedeutung Ihres Unternehmens

Die Kontrolle eines Unternehmens durch eine Familie – das ist meine Definition eines Familienunternehmens. Im Einzelfall kann das durch eine Minderheitsbeteiligung erfolgen, der Regelfall ist das Alleineigentum. Und 88% der im Alleineigentum befindlichen Unternehmen in Deutschland werden eigentümergeführt.

Familienunternehmen stehen in Deutschland für 90% aller Unternehmen, für 58% aller Arbeitsplätze und für 48% der Unternehmenssteuern. Das sind die Fakten. Für wesentlicher halte ich die Auswirkungen jedes einzelnen Unternehmens, jedes Unternehmers bzw. jeder Unternehmerin auf die Kultur unseres Miteinanders, auf die Risikobereitschaft, auf die wirtschaftliche Basis unseres Lebens.

Wir haben 3,3 Millionen Unternehmen in Deutschland – welche Verantwortung, welche Bedeutung jedes einzelnen Unternehmers, jeder einzelnen Unternehmerin. Mich schmerzt jedes Ausscheiden eines Unternehmens aus dem Markt und dem Wettbewerb – ob durch Liquidation, Insolvenz oder nicht geregelte Nachfolge.

Was können Sie für die Zukunftssicherung Ihres Unternehmens tun?

Der wirtschaftliche Erfolg ist die Basis jedes Unternehmens für die Zukunft. Und doch definiere ich den wirtschaftlichen Erfolg nicht als Selbstzweck, sondern als Ergebnis von tausenden Entscheidungen. Also: Was tuen Sie für Kunden, für Ihre Mitarbeiter, für unsere Gesellschaft? Und daraus ergibt sich Ihr Mehrwert, Ihr Erfolg, Ihre Rendite.

Aus diesen Überlegungen folgt die Notwendigkeit, ja ich würde sagen die Verpflichtung, für eine stetige Überprüfung der Unternehmensstrategie – und daran hängen unmittelbar die Fragen für Sie als Familienunternehmer bzw. Familienunternehmerin.

Eigentumsstruktur: Wer trägt die Verantwortung?

Meine wichtigste Frage bei der Zusammenarbeit mit Unternehmern lautet: „Was passiert mit Ihrem Unternehmen, wenn Sie morgen gegen einen Baum fahren und nicht mehr leben?“ Die Betrachtung eines solchen Szenarios wird gerne aufgeschoben - wichtig ja, dringend nein. Und doch kenne ich viele Unternehmer, die dank etwas Motivation von Außen diese Fragen für sich, teilweise für ihre Familien geklärt haben – und zwar die Eigentumsfrage und die Frage der Unternehmensführung.

Diese Entscheidungen sind emotional schwierig, haben große Bedeutung für jedes einzelne Familienmitglied und bergen erhebliches Konfliktpotenzial in sich. Doch was ist die Alternative? Ich habe zu viele Fälle erlebt, dass sich z.B. die Kinder in die Haare bekommen haben, wenn diese Fragen nicht vor dem Ableben des Unternehmers beantwortet waren.

Ja, ich kenne leider einige Fälle, in denen die Familienmitglieder nicht mehr miteinander sprechen, nur noch über Rechtsanwälte korrespondieren. Die Auswirkungen auf das Unternehmen sind katastrophal. Also: Wer ist der bestmögliche Eigentümer für Ihr Unternehmen, ist dieser ggf. von extern? Die Verantwortung für die Zukunft des eigenen Unternehmens bedeutet v.a. die Verantwortung für die Klärung der Eigentumsfrage.

Vermögensaufteilung: Wie können Sie Risiken abfedern?

Das Unternehmen stellt oft 80-90% des Nettovermögens eines Unternehmers dar. Wie oft habe ich gehört: „In meinem Unternehmen weiß ich am besten, was passiert, da erwirtschafte ich die besten Renditen. Warum sollte ich Banken Teile meines Vermögens anvertrauen, das kann ich in meinem Unternehmen besser anlegen.“

Nun sind Banken nicht die einzige Möglichkeit, außerhalb des eigenen Unternehmens Vermögenswerte zu investieren. Die strategische Frage lautet: Welchen Teil Ihres Gesamtvermögens investieren Sie in Ihr Unternehmen, welchen Teil in anderen Unternehmen, welchen Teil in Immobilien und welchen Teil in liquide Anlagen?

Die Antworten sollten nach meiner Überzeugung genau in dieser Reihenfolge erfolgen. Und: Es gibt kein richtig oder falsch – und es wird sowieso die ex-post-Analysten geben, die schon vorher gewusst haben wollen, was richtig gewesen wäre. Es gilt, die Zukunft mit allen Chancen und Risiken als zwei Seiten derselben Medaille zu betrachten. Aufgrund der zunehmend volatilen Rahmenbedingungen halte ich eine größere Diversifizierung des Vermögens für sinnvoll.

Vorsorge und Nachfolge: Was passiert, wenn …?

Die so unangenehme „Baumfrage“ ist bezüglich des Eigentums hoffentlich geklärt. Und wie steht es um die Vorsorge für den Partner, für die Kinder? Meine Antwort darauf ist im Regelfall: Für den Partner sollte genug für sein Leben zurückgelegt und vom eigenen Unternehmensvermögen getrennt sein. Und für die Kinder „schulden“ Unternehmer, ja Eltern im Allgemeinen, ihren Kindern die Möglichkeit für eine gute Ausbildung – und sonst nichts.

In diesem Zusammenhang stellt sich irgendwann – nach meiner Erfahrung heute und dann immer immer wieder - die Frage der Nachfolge auf der Unternehmensführungsseite. Der explizite und/ oder implizite Druck auf Kinder zur Nachfolge ist psychologisch verständlich. Ich kenne allen Beteuerungen zum Trotz genau einen Unternehmer, dem ich abnehme, dass ihm die Nachfolge wirklich egal ist. Ansonsten kenne ich den Traum jedes Unternehmers, dass das Unternehmen weiterhin in den Händen der eigenen Familie bleibt – im Notfall für eine Zeit ohne familieneigene Unternehmensführung.

Doch: Welches Kind will schon selbst und ständig beruflich aktiv sein, wer will schon das Leben der Eltern „kopieren“? Für solche Entscheidungen braucht es Zeit, Geduld, das Aushalten von Unsicherheit und echte Offenheit von Seiten des Unternehmers. Freude an der Arbeit und am eigenen Gestalten, Verantwortung für sich und viele andere können Sie als Unternehmer vorleben, dazu können Sie Vorbild sein.

Fazit: VerMögen

Eigentum verpflichtet – und gibt Ihnen Gestaltungsmöglichkeiten, hoffentlich zumeist Freude. Aus Ihrem eigenen, vielseitigen Vermögen etwas für sich und Andere kreieren, damit zufrieden sein - mehr geht m.E. nicht. Es geht um Ihr VerMögen.

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Gastautor


Martin von Hirschhausen
Vermögensbegleitung für Familienunternehmer
Früherer Bankvorstand

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