Die 2. Führungsebene und ihre Relevanz für die Unternehmensnachfolge

Klassische, familiengeführte Unternehmen des Mittelstandes setzen auf flache Hierarchien und kurze Entscheidungswege. Für eine Nachfolgeregelung kann dies kontraproduktiv sein.Die 2. Führungsebene und ihre Relevanz für die UnternehmensnachfolgeIn einem klassischen klein- bis mittelständischen Familienunternehmen ist die 2. Führungsebene die Leitungsebene, die direkt dem Geschäftsführer/Inhaber zugeordnet ist und sein Vertrauen genießt. Dabei muss dies nicht durch entsprechende Rollenbezeichnungen kenntlich sein. Verschiedene Rollen oder Stabsfunktionen können in einer direkten Linie angebunden sein und zum Kreis der Geschäftsleitung gehören, die keine Personalführungsverantwortung tragen.

So ist in Vorbereitung der Unternehmensnachfolge die Organisation auf ihre Resilienz zu prüfen. Dabei wird das Geschäftsmodell einem Rütteltest unterzogen und geprüft, inwieweit das Ausscheiden des Hauptgesellschafters einen maßgeblichen Einfluss auf den Fortbestand des Unternehmens hat. Eine flache Hierarchie kann hier an ihre Grenzen stoßen, wenn Verantwortlichkeinen und Kompetenzen nicht redundant abgebildet sind.

Diese schlanken Strukturen, die auch zu einer gewissen Wettbewerbsstärke geführt haben, sind in vielen Fällen historisch gewachsen. Anstehende Aufgaben im Zuge des Wachstums wurden auf die entsprechenden Funktionen verteilt oder es wurden spezifische Positionen nach Personalverfügbarkeit geschaffen.

Für eine Nachfolgeregelung und einen entsprechenden M&A Prozess kann dies aus mehreren Aspekten hinderlich sein, die hier intensiver beleuchtet werden sollen.

Ein künftiger Erwerber des Unternehmens erwartet klare Strukturen und entsprechend saubere Prozesse im Unternehmen, wie sie auch im Organigramm oder im Prozessplan abgebildet/beschrieben werden. Das Ausscheiden des Altgesellschafters/Geschäftsführers darf dabei zu keinem Vakuum in diesen Prozessen führen. Am ehesten kann diese entstehende Lücke noch durch einen MBI Kandidaten gefüllt werden. Schon bei einem strategischen Investor oder gar einem private equity Kaufinteressenten kann die fehlende Struktur zum Abbruch des Deals führen. Ein Wissens- und Führungstransfer muss nachhaltig für die Phase des Übergangs und den darauffolgenden Zeitraum gewährleistet sein.

Bei einem technisch geprägten und stark auf Produktion fokussierten Inhaber, der sein Unternehmen durch Innovationen treibt, besteht die Gefahr, dass bei einem fehlenden Nachfolger für diese Position das Unternehmen technisch stehen bleibt und dem vertriebsorientierten Manager das Pendant fehlt. Im umgekehrten Fall eines vertriebsstarken Inhabers, der seine Kunden perfekt „bespielt“, besteht die Gefahr, dass im Zuge der Nachfolge der Vertrieb leidet. In beiden Fällen kommt es zu einem Wertverlust des Unternehmens und der Businessplan des Nachfolgers geht womöglich nicht auf. Fehlende Erträge können in der Folge die Finanzierung gefährden. Im Extremfall ist das gesamte Unternehmen an und auf den Altgesellschafter ausgerichtet und alle Entscheidungen laufen über seinen Tisch. In einem M&A Prozess besteht nun die Aufgabe des Beraters diese Struktur transparent herauszuarbeiten und die Information dem Erwerberkreis zur Verfügung zu stellen.

Ein weiterer nicht zu vernachlässigender Punkt ist eine mögliche Konkurrenzsituation zum neuen Erwerber. Eventuell hatte sich ein Kandidat aus der 2. Führungsebene selbst Chancen auf die Unternehmensnachfolge ausgerechnet und arbeitet im Verkaufsprozess zielgerichtet gegen das Modell der externen Nachfolge.

Für den M&A Berater ergibt sich zeitig die Aufgabe, die 2. Führungsebene intensiver zu beleuchten. Dabei ist zu beurteilen, ob alle Abläufe des Unternehmens auch noch nach dem Ausscheiden des Verkäufers funktionieren oder ob es Flaschenhälse geben könnte, die möglichst vor einem Verkauf des Unternehmens beseitigt werden müssen. Es gilt zu beurteilen, ob es eine Deckungsgleichheit zwischen dem Organigramm und den gelebten Abläufen gibt und die Reportings innerhalb des Unternehmens funktionieren, auch wenn der Altinhaber ausscheidet.

Um Abschläge vom zu erzielenden Kaufpreis zu vermeiden, muss durch den Unternehmer gegengesteuert werden. Die Erweiterung der Kompetenzen eines Vertriebs- oder Produktionsleiters kann dabei ein probates Mittel sein. Auch hier ist mit Augenmaß zu verfahren und es ist die notwendige Zeit für die Umsetzung der Maßnahmen einzuplanen.

In einem der ersten Gespräche zu möglichen Nachfolgestrategien muss eruiert werden, ob ein Kandidat aus der 2. Führungsebene eventuell für ein MBO in Frage kommt. Neben der fachlichen Qualifikation ist dabei auch die finanzielle Situation des potenziellen Kandidaten zu beurteilen, ob dieser die Transaktion auch bewerkstelligen kann. Die Einbeziehung (gezielte Ansprache) eines solchen Kandidaten birgt die Gefahr, dass die Verschwiegenheit zum Thema Unternehmensnachfolge zu früh in Richtung Belegschaft und Markt durchbrochen wird.

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Gastautor

Andreas Kopf-EUROCONSIL
Andreas Kopf
Selbstständiger Partner
EUROCONSIL ∙ Unternehmensnachfolge ∙ M&A

 

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