Übernahme eines Unternehmens in der Krise über den Schutzschirm

Insolvenz ist nicht gleich Insolvenz. Es gibt unterschiedliche Verfahrensarten und auch unterschiedliche Formen der Sanierung. Zu unterscheiden sind einerseits das Regelverfahren, die Eigenverwaltung und das Schutzschirmverfahren sowie jeweils der Verkauf über den Asset Deal und die Sanierung über den Insolvenzplan.Übernahme eines Unternehmens in der Krise
Übernahme eines Unternehmens in der Krise: Mit einem Schutzschirmverfahren kann die Sanierung gelingen

Der Asset Deal im Rahmen einer Eigenverwaltung ist die aktuell gängigste Verfahrenskombination bei größeren Unternehmen. Sie resultiert in dem besten Preisgebot gegenüber den Gläubigern, bestehend aus dem originären Kaufpreis für die Assets und der Übernahme von Lasten, sowie einer nachhaltigen Perspektive. Denn: Keiner der Verfahrensbeteiligten will schon nach kurzer Zeit eine Anschlussinsolvenz.

Der Schutzschirm hingegen bietet erweiterte Gestaltungsoptionen und ist gerade in der aktuellen Corona-Zeit eine interessante Alternative für Käufer.

Vorteile eines Schutzschirm-Verfahrens

Grundsätzlich ist das Schutzschirm-Verfahren ein gerichtliches Sanierungsverfahren, das allerdings bei drohender Zahlungsunfähigkeit explizit auf die Fortführung des Unternehmens ausgerichtet ist. Da ein Unternehmen ein Antragsrecht hat, ist es ideal für einen Insolvenzplan geeignet, der die Beibehaltung des Rechtsträgers vorsieht.

Dies ist besonders für Handelsunternehmen wichtig, da Mietverträge nicht einseitig durch den Vermieter gekündigt werden können und Lizenzrechte oder ähnliches Vertragsverhältnisse, die am Rechtsträger hängen, aufrechterhalten werden können.

Der Schutzschirm oder auch §270b Verfahren bietet der Geschäftsführung deutlich mehr Mitspracherechte bei der Auswahl der Verfahrensbeteiligten und die Option zu einem „stillen“ Verfahren ohne große Öffentlichkeit. Etwas eingeschränktere Auswahlmöglichkeiten bestehen bei einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung.

Aus vielen Verfahren können wir feststellen: Kunden, Lieferanten und Gläubiger stehen zu einem Unternehmen, wenn die Perspektive der Fortführung besteht und man sich im Vorfeld nicht schuldhaft verhalten hat. Bei Konsumgüteranbietern bekommt der Verbraucher häufig gar nicht mit, dass das Unternehmen sich in einem gerichtlichen Verfahren befindet.

Wichtigste Punkte beim Schutzschirmverfahren

Das Verfahren bzw. der Insolvenzplan muss absehbar von vorneherein durchfinanziert sein. Ist das nicht gegeben, steht einem der Zugang zum Verfahren nicht offen.

Die Durchfinanzierung kann entweder über eine komplette Rekapitalisierung (über den Käufer) oder auch mit den bestehenden Finanzierungspartnern und Gläubigern kombiniert mit frischem Eigenkapital erfolgen. Letzteres bedeutet einen signifikant geringeren Finanzierungsbedarf für den zukünftigen Erwerber.

Eine entscheidende Frage wird häufig gestellt: Macht es Sinn, das Unternehmen im Vorfeld eines Schutzschirms zu erwerben? Grundsätzlich geht es im Verfahren um die höchst mögliche Befriedigung der Gläubiger. Gesellschafter müssen also damit rechnen, in einem Wettbewerb um den „besten Preis“ mit einen M&A-Prozess konfrontiert zu werden. Unabhängig von Haftungsfragen ist deshalb von einem vorzeitigen Erwerb eher abzuraten.

Dagegen ist ein Verfahren zur gezielten Sanierung, das bereits im Vorfeld mit den Gläubigern abgestimmt wird, der beste Weg. Wird neues Kapital eingebracht, liegt ein guter Leumund bei den Gläubigern vor und ist ein tragfähiges Geschäftsmodell vorzuweisen, dann stehen die Chancen gut, um einen umfassenden M&A-Prozess herumzukommen.

Und für den Käufer birgt dieses Vorgehen ebenfalls deutliche Vorteile: Er muss nicht den Gesamtfinanzierungsbetrag der Assets aufbringen, sondern nur das erforderliche liquide Eigenkapital. Hinzu kommen für ihn Optionen wie Besserungsscheine oder auch Darlehen der Insolvenzgläubiger.

Fazit: Häufig scheitern diese Verfahren daran, dass die Vorbereitung fehlt, es kein belastbares Zahlenwerk gibt und die Sanierung nicht durchfinanziert ist Wer also als Käufer eine konkrete Idee hat, ein krisengeschütteltes Unternehmen zu sanieren, kommt an der Vergleichsrechnung mit den unterschiedlichen Verfahren der Insolvenz nicht herum. Ein gut vorbereitetes Schutzschirmverfahren kann innerhalb von drei Monaten absolviert werden und bietet die Optionen das neue Kapital in Wachstum und nicht in die Bewältigung von Altlasten zu investieren.

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Check der Option Schutzschirm-Verfahren

• Je früher ins Verfahren, umso tragfähiger der Schutzschirm – auch für Erwerber. Aber: Nicht zu früh, wenn wie aktuell im Handel keine Umsätze generiert werden

• Chance zur Rekapitalisierung, massiver Kostenreduzierung, zum Abbau von Altlasten, Kapazitätsüberhängen und Strukturkosten durch Verfahrensprivilege wie beschränkte Abfindungen, Kündigungsrechte

• Insolvenzausfallgeld für 3 Monate im Anschluss Kurzarbeitergeld

• Steuerprivileg Umsatzsteuer und steuerfreie Sanierungsgewinne

Daher muss jetzt vorbereitet werden:

• Status zum Nachweis Antragsgründe wie (drohende) Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung, keine offensichtliche Aussichtlosigkeit sowie COVID-19 Check nach §1 CoVInsAG

• Verfahrens Liquiditätsplanung mit COVID-19 -Szenario

• Mittelfristige Geschäftsplanung mit Restart ggfs. erst im Verfahren

• Refinanzierungsoptionen des Restartn

Gastautor

Volker Riedel
Partner & Leiter Insolvenzberatung bei Dr. Wieselhuber & Partner

Volker Riedel

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