Neue gesetzliche Regelung: Präventive Sanierungsverfahren sollen Insolvenzen vermeiden

Ab dem kommenden Jahr soll es Unternehmen leichter gemacht werden, sich auch ohne der Insolvenzverfahrenseröffnung einer finanziellen Rekonstruierung zu unterziehen. Vor allem angesichts der aktuellen Krise kann diese Möglichkeit den letzten Rettungsanker für viele darstellen. Was umfasst das neue Sanierungs-Tool?
Präventive Sanierungsverfahren sollen Insolvenzen vermeiden
Das richtige Werkzeug: Kann das neue Gesetz Insolvenzen vorzeitig abwenden?

Nachdem die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags im Zuge des Lockdowns in Frühjahr 2020 ausgesetzt worden ist, verschoben sich viele Unternehmenspleiten bloß in zeitlicher Hinsicht. Damit es diese noch rechtzeitig schaffen, ihren Konkurs abzuwenden, ist als Präventivmaßnahme ein Sanierungsverfahren oder eine Rekonstruierung notwendig.

Das neu erlassene „Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts“ (SanInsFoG) folgt der Pflicht, die EU-Richtlinie für die Einführung eines außerinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens in die nationale Rechtsordnung zu überführen. Letztere stellt eine Schlussfolgerung aus der anlässlich der Reform der Insolvenzordnung durchgeführten ESUG-Studie dar.

Das Gesetz, das schon ab dem 01. Januar 2021 in Kraft tritt, ermöglicht es Unternehmen, in der laufenden wirtschaftlichen Rezession eine finanzwirtschaftliche Sanierung im Rahmen eines nicht-öffentlichen Verfahrens durchzuführen, die jedoch den Grundsätzen des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens (StaRUG) zu folgen hat. Parallel dazu erfolgt eine tiefgreifende Reform der Gründe für einen Insolvenzantrag und des Eigenverwaltungsrechts im Insolvenzverfahren.

Erweiterung der Sanierungselemente durch den StaRUG

Neben dem regulären Insolvenzvorgang und der Sanierung mit Eigenverwaltung steht den insovenzgefährdeten Betrieben mit dem StaRUG ein weiteres Instrument offen. Dessen Fokus liegt auf dem Restrukturierungsplan, der dazu geeignet ist, sämtliche Schulden des Unternehmens umzustrukturieren. Eine Ausnahme stellen aus verständlichen Gründen die Forderungen der Arbeitnehmer dar, zu denen auch solche aus Pensionszusagen zählen.

Die Abgrenzung zu einem gewöhnlichen Verfahren bei drohender Insolvenz stellt die potentielle Beschränkung auf einzelne Arten der Schulden und Forderungen dar. So kann man sich bei der Restrukturierung beispielsweise auf die Forderungen der Kreditgläubiger konzentrieren. Auch ein Eingriff in die unternehmenseigenen und von Tochtergesellschaften bereitgestellten Sicherheiten ist erlaubt, denn solchermaßen kann auch eine Unternehmensgruppe präventiv saniert werden. Der Mittelstand erhält nun die Option, eine Entschuldung der persönlich haftenden Gesellschafter vorzunehmen.

Zustimmung der Gläubiger zum Restrukturierungsplan

Die insolvenzfreie Restrukturierung des Unternehmens erfordert die Zustimmung von drei Viertel der Gläubiger. Sofern sowohl gesicherte als auch ungesicherte Gläubiger vorhanden sind, sind diese in Gruppen einzuteilen, in denen jeweils 75% zustimmen müssen. Es ist jedoch auch ein eigener Mechanismus für jenen Fall vorgesehen, in dem die Dreiviertelmehrheit nicht erreicht wird: In diesem Fall kommt der Cross Class Cram-Down zum Einsatz. Wenn jedoch die benötigte Mehrheit erreicht ist, so bindet die Entscheidung alle Gläubiger unabhängig von der eigenen Stimmabgabe.

Minderung des Schadenersatzanspruches durch vorzeitige Vertragsbeendigung

Das Gericht hat Anträgen auf die vorzeitige Beendigung laufender Verträge stattzugeben, sofern das Vertragsende für die Sanierung von Relevanz ist und der Vertragspartner der Rekonstruierung nicht zugestimmt hat. In diesem Fall werden die aus der vorzeitigen Vertragsbeendigung entstehenden Schadenersatzforderungen im Rahmen des Rekonstruierungsplans bloß quotenmäßig berücksichtigt.

Gerichtliche Genehmigung der Stabilitätsanordnungen

Stabilitätsanordnungen beinhalten eine Vollstreckungs- und Verwertungssperre, die das Gericht auf Antrag des rekonstruierungswilligen Betriebes verfügt, wenn dieses von einem Konkurs bedroht, jedoch noch nicht zahlungsunfähig und überschuldet ist. Der Antrag beinhaltet neben der Anzeige der gewollten Rekonstruierung und der Vorlage des Rekonstruierungsplans auch die Veröffentlichung einer Sanierungsperspektive für die bestehenden Forderungen.

Unterschiede des StaRUG zur Insolvenzeröffnung

Obwohl die Eigenverwaltung und der Insolvenzplan durchaus wirksame Instrumente zur Unternehmenssanierung darstellen, gehen diese mit vielen rechtlichen und wirtschaftlichen Fallen einher. Der präventive Restrukturierungsrahmen schafft den verpflichtenden Insolvenzantrag nunmehr ab.

Als Trennlinie zum bereits bestehenden Insolvenzverfahren wird die zeitliche Perspektive der finanziellen Potenz des Unternehmens herangezogen. So kann ein zahlungsunfähiges bzw. in den kommenden 12 Monaten von der Zahlungsunfähigkeit bedrohtes Unternehmen nicht von dem Restrukturierungsplan Gebrauch machen.

Die Folgen der Corona-Pandemie für die Unternehmen

Der neu eingeführte Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen stellt eine Konsequenz aus den ökonomischen Folgen der Covid-19-Epidemie dar. Obwohl zunächst mittels der zeitweisen Aussetzung der Insolvenzantragspflicht ein Puffer geschaffen wurde, stellt dieser eine bloß temporäre Aufschiebung der unvermeidlichen Folgen der schwierigen wirtschaftlichen Lage dar. Die verteilten Finanzhilfen haben die Verschuldung nämlich weiter steigen lassen – und gerade diese Folgen sollen nunmehr mittels der präventiven Firmensanierung abgefedert werden.

Geschäftsführer als Schlüsselfigur

Durch den eingeführten StaRUG befinden sich die Interessen der Gläubiger bereits ab dem Zeitpunkt drohender Zahlungsunfähigkeit im Mittelpunkt der Unternehmensinteressen. Um diesem Fokus mehr Nachdrücklichkeit zu verleihen, wird mit dem neuen Gesetz die unmittelbare Haftung des Geschäftsführers gegenüber der Forderungsgläubiger verstärkt. Letztere macht es notwendig, eine kompetente Geschäftsführung einzusetzen, die über Erfahrung und Kenntnis verfügt.

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