Auf der Überholspur
Mit 300 Millionen Euro Investitionsvolumen hat der chinesische Autobauer Geely sein Geschäft in Europa von 0 auf 100 beschleunigt. Über die Tochter CEVT und die Kooperation mit Volvo entsteht nun eine neue chinesisch-schwedische Fahrzeuggeneration.
Geely bedeutet auf Chinesisch so viel wie „Glückverheißende Automobile“. Als einer der Autohersteller im Reich der Mitte mit einer vergleichsweise geringen staatlichen Vernetzung ist Geely seit 2010 Eigentümer von Volvo Cars. Bis dato war man vorrangig auf dem heimischen Markt tätig und legte den Fokus in erster Linie auf preisgünstige Fahrzeuge, ausgerichtet auf die Bedürfnisse chinesischer Kunden. 2013 beschloss Geely dann Ungewöhnliches.
Mehr als 300 Millionen Euro sollten in ein neues Tochterunterunternehmen mit dem Namen CEVT (China Euro Vehicle Technology) investiert werden – und zwar in Schweden. Unter der Leitung des Geschäftsführers Mats Fägerhag ist Geely mit ersten Büroräumen in Göteborg und einem klaren Ziel angetreten: eine gemeinsame Architektur für Fahrzeuge der Kompaktklasse für Volvo und Geely zu entwickeln. So basiert die nächste Generation von Volvos 40er-Baureihe auf der neuen Plattform.
Dieser Schritt war ein für den Automobilmarkt bislang beispielloses Vorgehen eines chinesischen Herstellers. Bislang haben diese entweder Joint-Ventures in China gebildet, um in Europa entwickelte Fahrzeuge mithilfe von heimischen Kräften vor Ort zu produzieren. Oder sie haben ihr eigenes Produktportfolio mit Autos speziell für den chinesischen Markt entwickelt und produziert. Nie zuvor hat ein chinesischer Akteur in ähnlichem Maßstab eine europäische Entwicklungsorganisation für Fahrzeuge, die weltweiten Qualitätsund Leistungsansprüchen genügt, aufgebaut. Ein Gespräch mit CEVT-Chef Fägerhag.
Mats Fägerhag (Foto: CEVT)
DUB UNTERNEHMER-Magazin: Die Reaktionen gegenüber chinesischen Investoren in Europa fallen nicht immer nur positiv aus. Als die Geely Group Volvo Cars 2010 gekauft hat, hatten viele Schweden Angst vor Arbeitslosigkeit und Wissensverlusten. Wie fällt rückblickend Ihr Fazit aus?
Mats Fägerhag: Wenn wir CEVT betrachten, sehen wir genau das Gegenteil. Die Firma war und ist noch durch Investitionen von Geely finanziert und hat auf diese Weise über 1.800 neue Jobs in den vergangenen drei Jahren geschaffen. Unsere Vorhersagen für die Zukunft sind sehr vielversprechend. Wir erwarten weiteres Wachstum, vor allem in hoch innovativen Bereichen wie Konnektivität, autonomem Fahren und alternativen Antriebssystemen. Der Aufbau von CEVT hat Schweden als Standort für die Entwicklung modernster Automobiltechnologien gestärkt. Volvo Cars zeigt überdies einen durchweg positiven Trend seit der Übernahme durch Geely. Mit den Investitionen der Geely Group konnte Volvo sein Produktportfolio erneuern und den Erfolg der neuen 90-Fahrzeugreihe feiern.
Sie haben bereits die interessante Konstellation zwischen Volvo, Geely und CEVT erwähnt. Welche Rolle genau spielt CEVT in diesem Triumvirat?
Fägerhag: CEVT ist ein Tochterunternehmen der Geely Group – so wie Volvo Cars. CEVT wurde gegründet um eine gemeinsame Autoplattform zu entwickeln. Die Herausforderung bestand darin, die Qualitäts- und Leistungsanforderungen von Volvo sowie die Kostenanforderungen von Geely zu erfüllen. Daher wurden Komponenten und Systeme mit multiplen Leistungen für beide Marken entwickelt. Seitdem schreitet die Entwicklung voran. Die ersten Fahrzeuge basieren auf der neuen CompactModular-Architecture-Plattform – kurz CMA –, die in 2017 gelauncht wird. Bei CEVT ist auch der schwedische Hauptsitz von Geely Design. Das Studio ist verantwortlich für die Entwicklung der einzigartigen Designsprache, die bei allen zukünftigen Geely-Autos benutzt wird. Das erste Ergebnis ist der brandneue Geely Boyue SUV, der vor Kurzem in China eingeführt wurde.
Welche sind die größten Unterschiede zwischen Volvo Cars und CEVT?
Fägerhag: Als wir bei CEVT angefangen haben, gab es keine vordefinierten Abläufe, und so war es möglich, die Organisation von Grund auf neu zu strukturieren. Viele CEVT-Mitarbeiter kamen von Saab, Volvo oder anderen Automobilherstellern. Sie brachten ein umfangreiches Wissen über Methoden und Prozesse mit. Darauf basierend war es uns möglich, ein flexibles und schlankes Management zu formen. Ich glaube, unser größter Vorteil im Vergleich zu langjährig etablierten Automobilherstellern ist: Wir haben es geschafft, eine schnell reagierende Organisation aufzubauen, frei von langjährigen ineffezienten Arbeitsabläufen, die man häufiger in anderen OEMs findet. Unsere flexible Arbeitsatmosphäre ist attraktiv für potenzielle Bewerber. Wir rekrutieren weltweit und verzeichnen eine sehr niedrige Fluktuationsrate unter den Mitarbeitern.Begehrte Fachkräfte: Ingenieure aus ganz Europa sind bei CEVT gesucht (Foto: PR)
Wie sehen Sie die Rolle, die CEVT zukünftig innerhalb der Geely Group spielen wird? Und wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Fägerhag: CEVT wird als Innovationszentrum für die technologische Entwicklung innerhalb der Geely Group verantwortlich sein – auch nach der vollständigen Einführung der modularen CMA-Plattform. Unser Plan ist es, diese Position weiterhin zu stärken. Das erreichen wir bei CEVT durch die fortschreitende Entwicklung von Elektro- und Hybridkonzepten. Diese werden für Geely den Weg eröffnen, auch in einer von globalen CO 2-Gesetzen regulierten Autozukunft erfolgreich zu sein. Ich persönlich sehe unsere größte Herausforderung darin, die besten Ingenieurtalente zu finden und zu rekrutieren, um so unser schnelles Wachstumstempo beibehalten zu können. Wir haben in den vergangenen Jahren festgestellt, dass es immer schwieriger wird, die richtigen Mitarbeiter hier in Schweden zu finden. Deswegen suchen wir nun ganz gezielt auch intensiv in anderen europäischen Ländern.
Werden wir in den nächsten Jahren von CEVT entwickelte Autos in Europa sehen?
Fägerhag: Die neue CMA-Plattform bildet die Grundlage für die nächste Generation von Volvo-Kompaktautos. Die Plattform wird ebenfalls von Geely genutzt, um neue Modelle bald auch in China zu launchen. Die CMA-Technologien wurden entwickelt, um die europäischen Marktanforderungen zu erfüllen. Die Plattform bietet Geely damit die große Möglichkeit, Autos mittelfristig und langfristig auch nach Europa zu exportieren. Dies ist ein großer Schritt für eine chinesische Marke, um in westlichen Automärkten Fuß zu fassen.
Teil 1: Auf der Überholspur
Teil 2: Erfolgsstrategie
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